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Auch als Geschenk geeignet
Das sind die Lieblinge der Buchhändler im Kreis Euskirchen

8 min
Das Bild zeigt Katharina Pütz, die auf einem grünen Sofa sitzt.

Seit 15 Jahren gibt es bereits „Die Leserei“ in Bad Münstereifel. Inhaberin Katharina Pütz empfiehlt den Roman „Das Geschenk“.   

Zum Jahresende verraten Buchhändlerinnen und Buchhändler aus dem Kreis Euskirchen ihre Favoriten 2025.

Gegen Ende des Jahres ist es im Kulturbereich Usus: Eine Bestenliste jagt die andere. Ganze Musik-Alben, einzelne Songs, Filme, Serien und Bücher des fast abgelaufenen Jahres werden von Feuilletons, Fachzeitschriften und speziellen Internetseiten gekürt. Beim Thema Literatur hat diese Redaktion nun die Experten aus dem Kreis Euskirchen, die sich tagtäglich mit dem gedruckten Wort befassen, nach ihrer „Neuerscheinung des Jahres“ befragt.

Eine dieser Buchhändlerinnen ist Katharina Pütz von „Die Leserei“ in Bad Münstereifel. Für sie war 2025 ein besonderes Jahr, feierte ihr Geschäft doch einen halbrunden Geburtstag: Angefangen hatte Pütz als Mitarbeiterin bei der Buchhandlung Schulte, bevor sie sich vor 15 Jahren im ehemaligen Verkaufsraum der Rathaus-Apotheke selbstständig machte. Den Geburtstag nahm sich die Leserei zum Anlass für zahlreiche Veranstaltungen. Das darunter auch zahlreiche Lesungen fielen, verwundert nicht.

Die Tipps der Buchexperten sind sehr vielfältig

„Bücher sind unsere Kernkompetenz“, sagt Pütz. Ralf Kramp, Anna Maria Caspari, Alexa Linell, Husch Josten und Sylvie Schenk stellten ihre Werke vor, letztere in Begleitung des Saxofonisten Heribert Leuchter. Konzerte gab es auch von Julia Trintschuk und Pavel Efremov. Kunst präsentierten Martin Randenrath, Katharina Münster und Freddy Kirchner.

Groß gefeiert wurde das 15-Jährige auch mit einem Sommerfest. Pütz und ihre Mitarbeiterinnen Brigitte Crump-Schooß, Kathrin Henk und Nina Maibücher stellen außerdem regelmäßig Neuerscheinungen vor.

Katharina Pütz empfiehlt „Das Geschenk“

Eine dieser Vorstellungen ist auch Katharina Pütz' Lieblingsbuch des Jahres, das im Juli veröffentlichte „Das Geschenk“ von der flämischen Autorin Gaea Schoeters (übersetzt von Lisa Mensing). Pütz war schon vom Afrika-Krimi „Trophäe“ der Autorin „total begeistert“, und auch ihr neuer Roman „Das Geschenk“ sei „ein wunderbares Lese- und Nachdenkvergnügen“. Nachdem die deutsche Regierung ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen beschlossen und somit den armen Regionen Botswanas die Lebensgrundlage entzogen hat, schickt der Präsident des Landes 20.000 Elefanten als Geschenk nach Deutschland, beschreibt Pütz den Inhalt des Buches.

„Ihr Europäer wollt uns vorschreiben, wie wir zu leben haben? Vielleicht solltet ihr es einmal selbst versuchen ...“, zitiert die Buchhändlerin aus Schoeters 144 Seiten dünnem Buch. „Nun trampeln 20.000 Elefanten durch die Infrastruktur, stürmen die Gemüseabteilungen der Supermärkte und bringen den Verkehr zum Erliegen“, so Pütz. Aus Sicht des Bundeskanzlers werde erzählt, wie die Regierung hilflos und überfordert versucht, dieses Problem zu lösen. „Dabei kommt dem Roman zugute, dass die Autorin die Tochter eines belgischen Politikers ist und sich nur allzu gut hinter den Kulissen des Politikbetriebes auskennt. Eine Empfehlung für alle, die mit einer blitzgescheiten Politsatire über die unausweichlichen globalen Fragen gut unterhalten werden möchten“, findet Katharina Pütz.

Das Geschenk, Gaea Schoeters, 144 Seiten, Paul Zsolnay Verlag, erschienen am 22. Juli 2025, 22 Euro.

Josef Mütter ist hin und weg von „super berührenden Erwachsen-Werd-Geschichte“

Auch wenn Takis Würger kein unbekannter Autor ist und es sich mit „Für Polina“ bereits um das fünfte Buch des preisgekrönten Journalisten handelt, gibt Josef Mütter, Inhaber von „Mütters Buchhandlung“ in Bad Münstereifel, zu, bislang noch nichts von Würger gelesen zu haben. Doch er ist hin und weg von der „super berührenden Erwachsen-Werd-Geschichte“.

Das Bild zeigt die Buchhändler mit einem Buch in der Hand.

Für Buchhändler Josef Mütter aus Bad Münstereifel ist „Für Polina“ von Takis Würger das Buch des Jahres.

In dem Buch geht es um einen Jungen, der große Probleme hat, sich mit seiner Umwelt zu verständigen und sich über Musik ausdrückt, beschreibt es Mütter. Zugang zu Hannes, der mit seiner Mutter in einem alten Haus lebt, hat nur die titelgebende Polina, die er in der Schule kennenlernt. Doch die Wege trennen sich. Über die Musik versucht Hannes später, seine große Liebe Polina wiederzufinden. Doch Polina lebt längst ihr eigenes Leben. „Es kommt dennoch zu einem offenen Happy End“, verrät Mütter, ohne genau zu erklären, was das bedeutet.

„Man erkennt viele Sachen wieder, die man selbst erlebt hat“, beschreibt er, warum das Buch ihn so fasziniert hat. Es sei keine schwere Kost, aber dennoch „nicht blöd“, dafür aber berührend und sprachlich schön, so Mütter.

Für Polina, Takis Würger, 304 Seiten, Diogenes, erschienen am 26. Februar 2025, 26 Euro.

Claudia Reinhardt kann sich nicht so richtig entscheiden

Die Entscheidung für ein einziges „Buch des Jahres“ fiel der Zülpicher Buchhändlerin Claudia Reinhardt zu schwer – kein Wunder angesichts von knapp 66.000 Titeln von Erst- und Neuauflagen, die zum Beispiel im Vorjahr im deutschsprachigen Raum erschienen sind. 2025 dürften es kaum weniger sein. „Himmel ohne Ende“ von Julia Engelmann ist die Belletristik-Empfehlung der Chefin von „Reinhardts Lesewald“: „Das ist im Grunde eine Pubertätsgeschichte, und obwohl diese Zeit bei mir tatsächlich bereits ein paar Jährchen her ist, kann ich mit Überzeugung sagen: Ja, genau so hat sich das angefühlt!“, lobt Reinhardt den Debütroman der Autorin, die ihre Laufbahn 2014 als Poetry Slammerin begonnen hat.

Das Bild zeigt die Buchhändlerin, die zwei Bücher in der Hand hält.

Buchhändlerin Claudia Reinhardt aus Zülpich hat gleich zwei Lieblingsbücher.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Charlie, die 15 Jahre alt ist und ihren Vater vermisst – besonders, seit ihre Mutter wieder einen neuen Mann hat. Und als ob das nicht genug wäre, hat ihre beste Freundin gerade den Jungen geküsst, in den Charlie verknallt ist. „Das ist ein Buch, dass Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen ansprechen kann“, sagt Reinhardt.

Die Gründerzeit der Bundesrepublik in den Jahren 1955 bis zum ersten Krisenjahr 1967 steht in der Sachbuch-Empfehlung der Zülpicherin im Mittelpunkt: Das Buch „Wunderland“ von Harald Jähner sei dabei allerdings für ein Sachbuch „erstaunlich humorvoll“, so Reinhardt: „Sehr anschaulich erklärt der Autor in Bezügen auf die Nazi-Zeit, warum die 1950er-Jahre so waren, wie sie waren. Die Prüderie, die Rückbesinnung auf die klassische Familie – das hat alles mit dem Gesellschaftsentwurf der Nazis zu tun“, fasst sie eine wichtige Erkenntnis aus dem Buch zusammen.

Himmel ohne Ende, Julia Engelmann, 336 Seiten, Diogenes, erschienen am 23. Juli 2025, 25 Euro.

Wunderland – Die Gründerzeit der Bundesrepublik 1955-1967, Harald Jähner, 480 Seiten, Rowohlt-Verlag, erschienen am 14. Oktober 2025, 32 Euro.

Laetitia Paez Niezgoda ist „Lilianas unvergänglicher Sommer“ begeistert

Ein außergewöhnliches Buch sei „Lilianas unvergänglicher Sommer“, findet Laetitia Paez Niezgoda aus der Buchabteilung von Thalia in Euskirchen. „Nicht Roman, nicht Sachbuch, ist es doch etwas ganz Eigenes“, beschreibt die Buchhändlerin ihr Lieblingsbuch 2025, das die mexikanische Autorin Cristina Rivera Garza verfasst hat. Das Original wurde schon 2021 veröffentlicht und erhielt im vergangenen Jahr einen Pulitzer-Preis, die deutsche Übersetzung von Johanna Schwering erfolgte aber erst dieses Jahr.

Das Bild zeigt Laetitia Paez Niezgoda mit ihrem Lieblingsbuch in der Hand.

Laetitia Paez Niezgoda von der Buchhandlung Thalia in Euskirchen mit ihrem Buch des Jahres 2025, "Lilianas unvergänglicher Sommer" von Cristina Rivera Garza.

Es handele sich um eine ebenso magische wie schmerzhafte Auseinandersetzung einer Frau mit dem Mord an ihrer Schwester. „Durch Tagebucheinträge, Briefe und Interviews zum Leben erweckt, erschafft Cristina Rivera Garza hiermit ein starkes Stück Literatur, das ihrer Schwester Liliana und allen Opfern von Femizid zum Denkmal wird. Für mich ein literarisches Highlight, das den radikalen Versuch unternimmt, eine Sprache für das Unaussprechliche zu finden“, so Paez Niezgoda.

Lilianes unvergänglicher Sommer, Cristina Rivera Garza, 336 Seiten, Klett-Cotta, erschienen am 12. Juli 2025, 26 Euro.

Rosa Wirtz empfiehlt „Wenn die Sonne untergeht – Familie Mann in Sanary“

„Bei diesem Buch treffen gleich zwei Umstände zusammen, die es zu meinem Buch des Jahres machen“, erklärt Rosa Wirtz, die in Nettersheim in der Buchhandlung Backhaus tätig ist: „Mein Faible für den Autor Florian Illies und mein Faible für die Manns!“ Es geht um das Sachbuch „Wenn die Sonne untergeht – Familie Mann in Sanary“, das im Herbst im Verlag S. Fischer erschienen ist.

Das Bild zeigt Rosa Wirtz, die ein Buch in der rechten Hand hält.

Die Nettersheimer Buchhändlerin Rosa Wirtz aus der Buchhandlung Backhaus empfielt „Wenn die Sonne untergeht“.

„Mit seinem neuesten Buch hat Florian Illies sich zum diesjährigen 150. Geburtstag von Thomas Mann mal wieder selbst übertroffen“, schwärmt die Nettersheimerin: „Jede Seite strotzt vor akribischer Recherche und atmosphärischer Dichte.“ Wer nicht zum Lesen des 336 Seiten starken Werks kommt, dem sei das Hörbuch empfohlen: „Über zehn Stunden Hörgenuss und wie immer hervorragend eingelesen von Schauspieler Stefan Schad!“

Wenn die Sonne untergeht – Familie Mann in Sanary, Florian Illies, 336 Seiten, Verlag S. Fischer, erschienen am 22. Oktober 2025, 26 Euro.

Renate Elsen ist voll des Lobes für „Lázár“

„Dieser junge Autor malt in seinem Text tolle Bilder und überrascht immer wieder mit bizarren Beschreibungen – das ist einfach sehr gut erzählt“, lobt die Blankenheimer Buchhändlerin Renate Elsen den Roman „Lázár“ von Nelio Biedermann. In seinem zweiten Buch verarbeitet der Schweizer Schriftsteller (Jahrgang 2003) die große Geschichte seiner Familie, die aus dem ungarischen Adel stammt und mit dem Untergang der Donaumonarchie alles verliert, was ihr vorheriges Leben ausgemacht hat.

Das Buch zeigt die Buchexpertin mit ihrem Lieblingsbuch.

Buchhändlerin Renate Elsen in ihrer Buchhandlung in Blankenheim. Sie hat das Buch „Lázár“ in der Hand.

Biedermann gilt als großes Talent – gleich sieben deutschsprachige Verlage sollen sich 2024 um die Veröffentlichungsrechte von „Lázár“ bemüht haben. „Rowohlt, wo der Roman in diesem Herbst erschienen ist, hat schließlich das Rennen gemacht“, so Elsen. Ganz unumstritten sei das Buch allerdings nicht – es habe auch einige negative Besprechungen gegeben. Eine Leseempfehlung sei das Buch aber trotzdem: „Ich liebe es, wenn solche Kontroversen entstehen“, so Elsen: „Darüber kann man sich zum Beispiel in unserem Lesekreis, der sich einmal im Monat in der Buchhandlung trifft, trefflich streiten!“

Lázár, Nelio Biedermann, 336 Seiten, Rowohlt Verlag, erschienen am 1. September 2025, 24 Euro.

Thomas Pavlik von Autorin Christine Dwyer Hickey nachhaltig beeindruckt

Das Buch, das den Kaller Buchhändler Thomas Pavlik 2025 nachhaltig beeindruckt hat, stammt von der Autorin Christine Dwyer Hickey. „Das ist mir richtig nachgegangen“, sagt er über den Roman „Alle unsere Leben“. Darin geht es um zwei junge Menschen, die Ende der 1970er-Jahre von Irland nach London emigrieren. Vor dem politischen Hintergrund der IRA-Attentate in Großbritannien werde die Lebensgeschichte der beiden Protagonisten zwischen 1979 und 2019 nach und nach erzählt.

Das Bild zeigt Thomas Pavlik mit seinem Lieblingsbuch.

Buchhändler Thomas Pavlik zeigt sich von Autorin Christine Dwyer Hickey nachhaltig beeindruckt.

„Ob die beiden jemals ein Paar geworden sind, bleibt lange offen“, sagt Pavlik. Es gehe um prekäre Lebensumstände, Alkoholmissbrauch und einen Gefängnisaufenthalt. „Das klingt vielleicht alles etwas trostlos, es ist aber sehr schön, wie die Autorin mit ihren Hauptfiguren umgeht“, sagt Pavlik, der im Lauf des Jahres rund 60 Neuerscheinungen gelesen hat. „Früher habe ich mehr geschafft, und ich bin wirklich neidisch auf alle, die mehr Zeit zum Lesen haben als ich.“

Alle unsere Leben, Christine Dwyer Hickey, 560 Seiten, Unionsverlag, erschienen am 21. August 2025, 26 Euro.