Vom Stall bis in die AuslageEs gibt immer weniger Metzger im Kreis Euskirchen

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Zwei Männer stehen neben zwei aufgehängten Rinder-Vierteln.

Metzger mit Leib und Seele: Thomas (links) und Frank Steffen aus Gemünd lieben ihren Beruf.

Die Zahl der Metzgerei-Betriebe geht im Kreis Euskirchen stark zurück. Nur noch vereinzelt schlachten sie auch selbst. Was sind die Gründe?

Sonderlich appetitlich sieht es noch nicht aus, was Frank Steffen an diesem Vormittag zusammenrührt. Der Metzgermeister steht am Cutter und bereitet Jagdwurst zu. Die Zutaten: Brät, Schweinefleisch, Gewürze. Bei dem Brät handelt es sich um eine rosafarbene Masse aus zerkleinertem Rind- und Schweinefleisch. Es sei die Basis für viele Wurstwaren, erklärt Frank Steffen.

Er vermengt die Zutaten und schaltet den Cutter an, der das grobe Schweinefleisch zerkleinert. Das funktioniere im Prinzip wie ein Fleischwolf, sagt Thomas Steffen. Er ist der Zwillingsbruder von Frank, gemeinsam führen sie die Metzgerei Steffen in Gemünd. Die beiden verkaufen hauptsächlich Schweine- und Rinderfleisch sowie Wild aus eigener Jagd. Das Besondere: Sie schlachten noch selbst.

Euskirchen: Es gibt immer weniger Metzgereien

„Im Schleidener Tal sind wir die einzigen“, sagt Frank Steffen. Das bestätigt auch Fleischerei-Innungsmeister Albert Schneider. Im gesamten Kreis Euskirchen schlachteten nur noch zwei bis drei Metzger selbst. Und auch die Zahl der Metzgereien insgesamt gehe zurück.

Es ist das Fleisch in einer Maschine zu sehen, dass vom Metzger bearbeitet wird.

Aus dieser Pampe wird mal Wurst: Frank Steffen vermengt grobes Schweinefleisch mit Brät und Gewürzen.

Vor zehn Jahren seien es im Kreis noch 20 bis 25 Betriebe gewesen, heute gebe es nur noch fünf Innungsbetriebe und etwa sechs bis sieben weitere. Mehrere Betriebe haben laut Schneider in Folge der Flut geschlossen. Man müsse aber dazu sagen, dass des vorher überproportional viele Metzgereien im Vergleich zur Bevölkerungsdichte gegeben habe. Trotzdem mache ihm die Entwicklung Sorgen. Viele der Metzger im Kreis seien bald im Rentenalter, doch von Nachwuchs keine Spur. „Das ist so ein stilles Sterben.“

Nachwuchs im Betrieb

Frank und Thomas Steffen sind 53 Jahre alt und machen nicht den Eindruck, als sehnten sie ihren Ruhestand herbei. Nachwuchssorgen haben sie aber auch aus einem anderen Grund nicht. Und der heißt Christian, wird bald 19 Jahre alt und ist Frank Steffens Sohn. Seit Sommer 2022 geht er bei Papa und Onkel in die Lehre und in Aachen zur Berufsschule. Insgesamt seien sie in seinem Jahrgang zu acht. „Ich bin der einzige aus dem Kreis Euskirchen in meiner Klasse“, berichtet er.

Die Wurst wird in einen Kunstdarm gepresst. Der Ausschnitt ist auf die Hände begrenzt.

Metzger Frank Steffen bereitet Jägerwurst zu.

Für Innungsmeister Schneider liegen die Gründe dafür beim allgemeinen Fachkräftemangel und den Arbeitsbedingungen. Metzger seien meist selbstständig und hätten zwei Geschäftsfelder: die Produktion und den Verkauf.

Metzgerei: Harte Arbeitsbedingungen und lange Stunden

Um fünf Uhr morgens gehe es los, um 20 Uhr sei Feierabend und das sechs Tage die Woche. Sonntags warte dann noch Büroarbeit auf einen. Alleine sei das kaum zu schaffen, vor allem dann nicht, wenn man Wert auf seine Freizeit lege. „Sie brauchen einen Lebenspartner, der das mitmacht“, so Schneider. Oder eben einen Geschäftspartner wie den eigenen Bruder.

Rinder stehen in ihrem Stall und fressen Heu.

Lassen es sich schmecken: die Rinder von Landwirt Heinz Koch. Im Alter von etwa zwei Jahren werden sie geschlachtet.

In der Metzgerei Steffen ist Frank für die Produktion zuständig und Thomas für den Verkauf. Er habe immer um 14 Uhr Feierabend, sagt Frank Steffen. Er und sein Bruder glauben eher, dass ihr Beruf ein zu schlechtes Image und keine große Lobby habe. Deshalb fehle der Nachwuchs. Dabei sei es ein Job mit Zukunft. „Gegessen wird immer“, sagt Thomas Steffen. Das mag stimmen, aber auch Fleisch?

Es wird weniger Fleisch gegessen

Zuletzt ging der Fleischkonsum in Deutschland zurück. Ernährungswissenschaftler und Klimaforscher sind sich einig: Wir essen zu viel Fleisch. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche. Das ist etwa die Hälfte des aktuellen Pro-Kopf-Konsums in Deutschland. Der Nabu rät zu einer Rückkehr zum Sonntagsbraten. „Es muss nicht jeden Tag Fleisch sein“, sagt auch Thomas Steffen. „Lieber weniger und dafür gutes Fleisch vom Metzger.“

Es muss nicht jeden Tag Fleisch sein.
Thomas Steffen

Ob sich ihr Geschäft denn noch lohnen würde, wenn alle Kunden nur noch 500 Gramm Fleisch pro Woche kaufen würden? Das könne er so nicht beantworten, sagt Thomas Steffen ausweichend. Aber grundsätzlich sei Metzgerei und nachhaltige Ernährung gut miteinander vereinbar. „Das sind gar keine Widersprüche“, sagt auch Innungsmeister Schneider. Beispielsweise stamme das Fleisch in den hiesigen Metzgereien oft aus der Region und nicht aus irgendwelchen riesigen Mastbetrieben.

Regionalität als Schlüsselargument

Regionalität – das haben sich auch Frank und Thomas Steffen auf die Fahne geschrieben. Die Rinder, die sie schlachten, stammen seit 20 Jahren vom Hof von Heinz Koch in Nemmenich. 150 Tiere stehen dort aktuell. Je sechs Stück sind in einer Box untergebracht, die mit Stroh eingestreut ist und in der so viel Platz ist, dass sich alle Rinder hinlegen und ein bisschen laufen können. Zusätzlich ist der Stall offen, sodass die Tiere immer frische Luft und Licht haben. Zu fressen bekommen sie Gras- und Maissilage, ebenfalls vom eigenen Hof.

Hof von Heinz Koch in Nemmenich

Die Stallhaltung habe den Vorteil, dass er immer einen Blick auf die Tiere habe, so Koch. Jeden Tag schaue er nach ihnen. Für Koch seien die Rinder wie Familienmitglieder, scherzt Frank Steffen. Er selbst hat da eine etwas andere Sichtweise. Er sehe vor allem das Produkt und nicht das Lebewesen. „Für mich ist das wie für einen Schreiner ein Stück Holz“, sagt er. Das klingt hart. So eine Haltung ist aber vielleicht nötig, wenn man wie er zweimal pro Woche ein Rind schlachtet. Und das seit Jahrzehnten.

Seit der Gründung der Metzgerei durch seinen Vater hätten sie schon mehrere Tausend Tiere geschlachtet. Die Schweine kaufen sie inzwischen von einem Schlachthof. Schweineschlachtung sei aufwendiger als Rinderschlachtung, sagt Frank Steffen. Die acht bis zehn Schweine, die sie in der Metzgerei pro Woche verarbeiten, beziehen er und sein Bruder aus Gerolstein. Die Tiere von dort seien in der Eifel geboren, gemästet und geschlachtet. „Eifelzertifiziert nennt sich das.“

Schweine aus der Eifel, Rinder von Aufzuchtställen in ganz Deutschland

Die Rinder von Bauer Koch sind nicht unbedingt in der Eifel geboren. Er kauft sie von Aufzuchtställen in ganz Deutschland. Meist seien sie dann etwa drei bis vier Monate alt. Sie leben bis zu zwei Jahre auf seinem Hof, dann werden sie geschlachtet. Um Stress zu minimieren, bringt Heinz Koch jedes Rind einzeln nach Gemünd.

Die Verarbeitung in der Metzgerei

Im Hinterhof der Metzgerei werde das Tier noch im Anhänger mit einem Bolzenschuss in den Kopf betäubt und anschließend in den Schlachtraum transportiert. „Als Erstes wird dann der Halsschnitt angesetzt, damit das Tier entblutet“, erklärt Frank Steffen. Innerhalb von drei bis fünf Minuten sei das Rind ausgeblutet. Es spüre davon nichts, sagt der Metzger.

Dann geht es an die Produktion. Das Tier wird gehäutet, Kopf, Füße und Schwanz werden abgetrennt und die Innereien entnommen. Anschließend wird das Rind geviertelt und kommt für zwei bis drei Wochen in die Kühlung. Erst danach wird es verarbeitet und landet zum Beispiel als Wurst in der Auslage der Metzgerei.


Feinschmecker Scholzen

Eine der 500 besten Metzgereien Deutschlands – das ist laut dem Magazin „Der Feinschmecker“ die Metzgerei Scholzen aus Schleiden. Nach Angaben des Magazins wurden Leberwurst und Schinken getestet. „Das ist natürlich erfreulich“, sagt Elmar Scholzen über die erneute Nennung seiner Metzgerei unter den besten 500.

Allerdings sei zu erwähnen, dass die Verkaufsstelle in Schleiden seit Anfang des Jahres an die Metzgerei Tix aus Prüm vermietet sei. „Der hat natürlich andere Ware.“ Es handele sich um einen Fachbetrieb, der nur Vieh aus regionalen Bestände verarbeite und selber schlachte.

Die Liste sei kein Ranking, berichtet ein Redakteur des Magazins auf Nachfrage. Vielmehr handele es sich um eine Auswahl aus einer Liste, die etwa 1000 Metzgereien umfasse. Die Liste sei durch frühere Produkttests und Vorschläge von Mitarbeitern entstanden. Im gesamten Kreis Euskirchen wurden laut dem Redakteur zwei Metzgereien getestet.

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