Von Arbeitsplänen über Beschwerdebriefe bis hin zu KI-Influencern: Die Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz scheinen grenzenlos.
Tourismus im Kreis EuskirchenKünstliche Intelligenz ist aus Hotelalltag nicht wegzudenken

Viele Abläufe in der Gastronomie sind digitaler geworden, Getränke und Speisen werden aber weiterhin von Menschen gebracht.
Copyright: Tom Steinicke
Die Anwendungsbereiche für Künstliche Intelligenz (KI) im Tourismus sind vielseitig: Sie reichen von personalisierten Empfehlungen für Reiseziele, Hotels und Aktivitäten, die auf den individuellen Vorlieben und Verhaltensweisen der Gäste basieren bis hin zu intelligenten Übersetzungsprogramme, die die Kommunikation mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen erleichtern.
„Zudem können intelligente Anwendungen Arbeitsaufwand reduzieren und dadurch die Effizienz steigern, indem sie beispielsweise sich wiederholende Aufgaben automatisieren“, erklärt Martin Schmitz. Der Mechernicher ist Marketingexperte im Bereich Tourismus, auch bei ihm spielt das Thema KI eine große Rolle. Das wurde beim Seminar am Zülpicher See deutlich, bei dem sich einen Tag lang alles um die Chancen und Risiken der modernen Technik für die Branche drehte.
Chatbots sollen den Druck auf das Personal reduzieren
So können Schmitz zufolge beispielsweise KI-gestützte Chatbots Gästeanfragen schnell und effizient bearbeiten. Das reduziere den Druck aufs Personal und gebe ihm mehr Zeit, sich auf andere wichtige Aufgaben zu konzentrieren. „Das Thema ist allgegenwärtig – in allen Bereichen“, sagt Schmitz, der mit seiner Agentur mittlerweile von Iserlohn aus Kunden in der ganzen Welt betreut: „Viele Dinge, die mit KI zu tun haben, scheitern zunächst oft an der Sprachbarriere, weil man einfach nicht weiß, was sich dahinter verbirgt.“
Schmitz berichtete in Zülpich aus seinem Alltag. Die Fragen seien immer dieselben: Wie kann man die KI für seinen Bereich verwenden? Welche Möglichkeiten kann man nutzen? Welche Anwendung ist die richtige? Man habe, so Schmitz, aktuell recht viele Optionen: „Und wenn man viele Optionen hat, dann hat man immer das Gefühl, dass man sich falsch entschieden hat – auch wenn es wohl die richtige Entscheidung war.“
KI-Influencer als Werbe-Tool in den Sozialen Netzwerken
Aufgrund der vielen Algorithmen, die im Hintergrund laufen, bekomme man häufig im Internet nur angezeigt, für was man sich vermeintlich interessiere. „Der Touristiker, der gerne wandert, bekommt keinen Kegelurlaub angezeigt, sondern alles rund ums Wandern“, erklärte Schmitz, der auch immer wieder Beispiele aus dem Alltag der Tourismusbranche einstreute.
Influencer, die Regionen, Wanderwege, Hotels oder ähnliches in sozialen Netzwerken vorstellen und anpreisen, seien nichts Neues. Was aber noch recht neu sei: Die Influencer gibt es im wahren Leben nicht. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lassen sich KI-Influencer erstellen – täuschend echt, mit Biografie. „Die werden sogar älter, bekommen Lachfalten und graue Haare. Da gibt es schon jetzt kaum noch Grenzen“, so Schmitz. Und diese Kreaturen, die eben nicht die Menschen von nebenan sind, aber so auftreten, seien eine echte Arbeitserleichterung. „Das, was KI-Influencer machen, ist im echten Leben mit echten Menschen unglaublich arbeitsintensiv“, so Schmitz: „Von einem KI-Influencer ist man unabhängig. Die werden nicht krank, die sind immer verfügbar, weil sie keine anderen Aufgaben zu erledigen haben.“
Du kannst Aufgaben abgeben – das Denken aber nicht.
Auch in anderen Bereichen von Social Media könne die KI eine gute Unterstützung sein. Etwa, wenn man sich für den nächsten Post nicht den Kopf um irgendwelche Formulierungen zerbrechen müsse. Dass man die KI in diesem Bereich einsetze, sei naheliegend, sagt Schmitz: „Was wir in der KI gerade erleben, sind noch nicht mal die Kinderschuhe. Die Entwicklung ist nicht abzusehen. Wir sind gerade mal in der Pampersphase.“
Uschi Mießeler kümmert sich in der Gemeinde Nettersheim unter anderem ums Gemeindeblatt. Dafür schreibe sie Texte anders als etwa beim Social-Media-Auftritt der Kommune. Dort müsse eine andere Sprache gesprochen werden – gerne auch mit Emojis. „Das ist alles schon jetzt kein Problem mehr“, sagt Schmitz. Entscheidend sei, dass man die KI, beispielsweise ChatGPT, mit den richtigen Begriffen füttere. Prompten nenne man das. Wichtig sei, dass man alles kontrolliere, was die KI so ausspucke: „Du kannst Aufgaben abgeben – das Denken aber nicht.“
KI hilft in Bad Münstereifel bei Arbeitsplänen und Beschwerdebriefen
Im Boutique Hotel Mariellchen und dem angeschlossenen Café in Bad Münstereifel geht es deutlich ChatGPT-lastiger zu. „Ich bin ein ChatGPT-Opfer“, sagt Geschäftsführer Christopher Haep augenzwinkernd. Er habe damit schon Arbeitspläne fürs Café erstellt oder Antworten auf eine Beschwerde schreiben lassen. Künftig werde die Preisgestaltung des Hotels KI-gestützt und ins Buchungssystem integriert. Die Installation des Programms sei in den letzten Zügen. „Das System beobachtet automatisch den Markt, und das bis zu sieben Mal pro Tag. Und es erkennt, ob die Nachfrage gut oder schlecht ist und passt dementsprechend die Preise an“, so Haep. Eine dieser Apps hört auf den Namen „Happy Hotel“.
Die könne eine wirkliche Arbeitserleichterung sein, sagt auch Patrick Rothkopf, Hotelier aus Euskirchen und Vorsitzender der Dehoga Nordrhein: „Das, was die KI da macht, dauert sonst mehrere Stunden.“ Zudem nutze er KI etwa, um das Heizungssystem zu steuern: Wenn im System die Buchung eines Zimmers hinterlegt werde, springe vor dem Einchecken die Heizung an. Sobald der Gast wieder ausgecheckt habe, fahre das System die Heizung in dem Zimmer herunter.
Eifelvereine müssen vor allem Ängste vor der modernen Technik abbauen
In seinem Hotel samt Restaurant komme eine weitere Anwendung zwar (noch) nicht zum Einsatz, doch er habe schon viel darüber gehört. „Eine Kamera nimmt die Speisereste auf dem Teller auf. Und wenn von dem und dem immer etwas zurückkommt, dann ist das ein Indiz, dass man auch weniger auf den Teller packen kann“, sagt Rothkopf: „Im besten Fall ist das System mit dem Warenwirtschaftssystem gekoppelt und bestellt je nach Bonierung in der Kasse die Waren neu.“
Die Möglichkeiten, wie die KI in der Hotellerie oder der Gastronomie eingesetzt werden können, seien schier grenzenlos, sagt Rothkopf: „Wir müssen uns mit KI beschäftigen, weil wir einen Fachkräftemangel haben. KI rationalisiert keine Arbeitsplätze weg. Ich brauche die Systeme, um Prozesse so zu optimieren, dass meine Mitarbeitenden nicht überlastet sind.“
Dr. Petra Holz, Geschäftsführerin des Eifelvereins, setzt sich ebenfalls intensiv mit der KI auseinander: „Bei uns liegt überall der Staub drauf.“ 130 Ortsgruppen habe der Eifelverein. „Viele nutzen Facebook“, sagt Holz. Da viele Mitglieder schon etwas älter seien, müsse man vor allem eins: Ängste vor der modernen Technik abbauen. Sie wolle die KI nutzen, um beispielsweise einen Newsletter zu installieren.
Die Nordeifel Tourismus GmbH selbst nutzt nach eigenen Angaben KI-Anwendungen für die Erstellung von Texten und zur Bildbearbeitung. Zudem profitieren Übernachtungsbetriebe im Informations- und Reservierungssystem Deskline 3.0 von KI-Tools, die ihnen bei der Datenpflege und bei Übersetzungsprozessen helfen, ihre Angebote benutzerfreundlicher zu gestalten.
Bruttoumsatz im Tourismus im Kreis Euskirchen gestiegen
Der Tourismus ist weiterhin ein großer Wirtschaftsfaktor im Kreis Euskirchen. Das geht aus einem neuen Gutachten hervor, das der Kreis Euskirchen in Auftrag gegeben hat. Wie der Kreis in einer Pressemitteilung berichtet, sind die Zahlen im Bereich Tourismus fast überall gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr gab es bei den Übernachtungen ein Plus von 2,2 Prozent. Bei Tagesreisen hingegen war ein leichter Rückgang von 1,1 Prozent zu verzeichnen.
Der Bruttoumsatz stieg demnach um 6,1 Prozent. Und das, obwohl manche Betriebe nach der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 ihren Betrieb noch nicht wiederaufgenommen oder sogar eingestellt haben. Der Aufschwung zeigt sich besonders auffällig im Vergleich zu den Zahlen aus dem Jahr 2022: Danach hat sich der touristische Bruttoumsatz um 16,7 Prozenterhöht. Laut des Gutachtens geben Tagesgäste knapp mehr als 29 Euro bei einem Aufenthalt in der Nordeifel aus. Bei Aufenthalten mit Übernachtungen in Hotels oder Pensionen seien es rund 107 Euro pro Gast pro Tag.
Theoretisch könnten 5580 Menschen vom Tourismus leben
In der Nordeifel verteilt sich laut Kreis der Bruttoumsatz auf den Einzelhandel mit 157,5 Millionen Euro, gefolgt vom Gastgewerbe mit 148,8 Millionen und Dienstleistungen mit 60,7 Millionen. Leite man von den durch Tourismus bedingten Umsätzen den relativen Beitrag zum Primäreinkommen ab, so könnten im Kreis Euskirchen theoretisch 5580 Personen vom Tourismus ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Der Tourismus im Kreis ist nachhaltiger geworden.
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Fazit des Gutachtens ist, dass trotz Inflation und geringen Wirtschaftswachstums die Nordeifel als Ziel von Tagesausflügen und Urlauben weiterhin hoch im Kurs steht. Um die wirtschaftliche Entwicklung und die Effekte durch den Tourismus präzise einschätzen zu können, plant der Kreis weiterhin die regelmäßige Erstellung des dwif-Gutachtens. Das Gutachten wird bei Interesse touristischen Akteuren und potenziellen Investor zur Verfügung gestellt.
Nachhaltigkeitstrend beflügelt Tourismus im Kreis Euskirchen
Die Tourismusverantwortlichen in der Nordeifel zeigen sich angesichts der positiven Entwicklung sehr zufrieden. Die Ursachen für die spürbare Belebung des Tourismus und die Beliebtheit der Nordeifel seien auf verschiedene Gründe zurückzuführen. „So hat das im Zuge der Corona-Pandemie festzustellende veränderte Reiseverhalten, beflügelt durch den Megatrend eines nachhaltig ausgerichteten Lebensstils, sicherlich einen wichtigen Beitrag geleistet“, sagt Patrick Schmidder, Geschäftsführer der Nordeifel Tourismus GmbH. Neben diesen eher gesellschaftlich geprägten Entwicklungen setze sich der Boom bei Aktivitäten in der Natur wie Wandern, Radfahren, Trekking und Camping unvermindert fort.
Zudem beflügelt das Alleinstellungsmerkmal „Natürliches Nachterlebnis“ die touristische Nachfrage. Mit dem aktuellen Gutachten werde die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Tourismus eindrucksvoll bestätigt, so der Kreis. „Es zeigt sich, dass sich Investitionen von Kommunen und Unternehmen in die tourismusbezogene Infrastruktur genauso lohnen wie die Schaffung konkreter Produkte und eine professionelle touristische Vermarktung“, sagt Iris Poth, Leiterin der Struktur- und Wirtschaftsförderung des Kreises Euskirchen und Geschäftsführerin der Nordeifel Tourismus GmbH.