Nach der FlutStress in Rathäusern im Kreis Euskirchen nimmt zu

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Ein Mann leidet unter Stress: Er hat die Augen geschlossen und fasst sich an den Kopf.

Überbelastung: In den Chefetagen der Rathäuser steigt die Sorge um die Mitarbeiter. Es wird beklagt, dass Personalausgaben in den staatlichen Hilfen nicht enthalten sind. (Symbolfoto)

Der Wiederaufbau bereitet den Mitarbeitern in den Rathäusern im Kreis Euskirchen viel Arbeit. Das normale Geschäft läuft zudem weiter.

In Hellenthal wurden bereits Ende 2021 einhalb Stellen für die Verwaltung ausgeschrieben und kurz danach besetzt. Diese Mitarbeiter kümmern sich mit dem Bauamtsleiter ausschließlich und federführend um das Thema Wiederaufbau nach der Flut. „Die Politik hat das einstimmig beschlossen“, so Bürgermeister Rudolf Westerburg.

Das war auch nötig, wegen der Haushaltshoheit des Rates. Zusätzliche Personalausgaben wegen der Flut sieht die Wiederaufbauhilfe für Kommunen nämlich nicht vor. Viele Bürgermeister hätten gefordert, dass Bund und Land das übernehmen, so Westerburg: „Doch das erfolgt ja nicht.“

Das habe mit dem Beihilferecht des Bundes zu tun, erläutert die Bad Münstereifeler Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian. Offenbar, so sagen einige Bürgermeister, befürchte man, dass Kommunen auf diese Weise Stellen erzeugen, die sie schon immer mal besetzen wollten, die aber mit den Flutschäden nichts zu tun hätten. „Da hat der Bund schon mal schlechte Erfahrungen andernorts gemacht“, sagt ein Bürgermeister.

Viel Arbeit für die Verwaltungen im Kreis Euskirchen

Was das bedeutet, zeigen die nackten Zahlen. Blankenheim etwa hat ein Haushaltsvolumen von 20 bis 25 Millionen Euro. Nun sollen Wiederaufbaumaßnahmen in Höhe von 15,5 Millionen Euro in gut drei Jahren zusätzlich geschultert werden.

Das heißt: Schäden feststellen, Maßnahmen planen, ausschreiben, Angebote (wenn sie denn kommen) prüfen und Aufträge vergeben. Dazwischen immer wieder Nachfragen höherer Behörden klären, dokumentieren, Bürgerinfos und -beteiligungen organisieren. Und das Ganze bitte transparent. Und natürlich alle Richtlinien einhalten!

Schleiden rechnet mit zehn Jahren für den Wiederaufbau

In Dahlem wurden bereits seitens der Gemeinde 3,5 Millionen Euro in den Wiederaufbau gesteckt, plus der rund zwei Millionen Euro für übliche Baumaßnahmen. In Schleiden stehen Maßnahmen für etwa 200 Millionen Euro an. Nimmt man die normale Jahressumme für Baumaßnahmen von etwa fünf Millionen Euro, würde der Wiederaufbau 40 Jahre dauern. Dann würde aber alles andere vor sich hin verrotten. „Da weiß man, wo das Problem ist“, sagt Bürgermeister Ingo Pfennings. Er denkt, dass es in zehn Jahren klappen könnte. Die Stadt hat nun einen Ingenieur eingestellt. Auf städtische Kosten natürlich.

Ja, es muss etwas ruhiger werden, weil meine Mitarbeiter sonst krank werden, das geht nicht.
Anna-Katharina Horst, Bürgermeisterin in Weilerswist

Und es sind ja nicht nur die Arbeiten an den öffentlichen Liegenschaften, mit denen sich die Ämter beschäftigen. „Der Wiederaufbau muss Hand in Hand unter den Ämtern gestaltet werden, sonst gelingt das nicht“, stellt Sabine Preiser-Marian klar. Dazu komme die Vernetzung mit Bewohnern, Geschäftsleuten und anderen Betroffenen. „Dann hast du Ausfälle, die muss das Team dann kompensieren – das ist ein Rattenschwanz“, sagt Preiser-Marian.

Die Fürsorgepflicht ist ein Thema in den Chefetagen

So wird auch die Fürsorgepflicht der Chefetagen zum Thema. Gut fünf der 15 Millionen Euro Wiederaufbauhilfe habe die Weilerswister Verwaltung bereits abgearbeitet, sagt Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst. Parallel dazu liefen die Arbeiten an der Asylbewerber-Unterkunft in Derkum, einer Containerlösung für Geflüchtete, eine im Bau befindliche Grundschulerweiterung und die Planung der neuen Feuerwache. „Ja, es muss etwas ruhiger werden, weil meine Mitarbeiter sonst krank werden, das geht nicht“, warnt Anne Horst.

In Mechernich, so Bürgermeister Hans-Peter Schick, seien seit seiner ersten Amtseinführung 1999 noch nie so viele Mitarbeiter eingestellt worden wie 2022. Das Problem: Es seien auch selten so viele gegangen. Die geburtenstarken Jahrgänge gingen in Pension – und mit ihnen ein Erfahrungsschatz, den man in Krisenzeiten gut gebrauchen könnte. „Es wird immer schwieriger, Leute zu bekommen“, sagt Schick. Denn der Fachkräftemangel hat längst die Rathäuser erreicht.


Folgen der Flut sind noch lange spürbar

2022 stand der Wiederaufbau nach der Flut im Fokus. Alle wissen: Es ist noch ein langer Weg. Wie läuft es bei öffentlichen Gebäuden, Straßen und Wegen? Wo hapert's? Was läuft gut? Und was ärgert die Spitzen in den Rathäusern besonders? Wir blicken in den Folgen in die Kommunen und greifen Themen auf, die alle Städte und Gemeinden betreffen.

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