Michael Kehren, der Geschäftsführer des Paritätischen im Kreis Euskirchen, geht zurück in den kirchlichen Dienst. Seine Nachfolgerin ist Myriam Kemp, die keine Unbekannte ist.
Paritätischer Kreis EuskirchenMyriam Kemp wird die Nachfolgerin von Michael Kehren

Michael Kehren geht zurück in den kirchlichen Dienst. Neue Geschäftsführerin des Paritätischen Kreis Euskirchen ist Myriam Kemp
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Ein Wechsel in einen anderen Geschäftsführerposten sei nicht infrage gekommen. Die Chance hingegen, seinen seit Kindertagen gehegten Traumberuf auszuüben, wollte er sich nicht entgehen lassen: Michael Kehren gibt nach knapp zwei Jahren sein Amt als Geschäftsführer des Paritätischen Kreis Euskirchen ab und geht wieder in den kirchlichen Dienst. Im Herzen Bonns wird er Pastor der Namen-Jesu-Kirche der altkatholischen Gemeinde. Diese selbstständige katholische Kirche gilt als sehr weltoffen: Es gibt kein Pflicht-Zölibat, Frauen dürfen jeden Posten übernehmen und gleichgeschlechtlicher Liebe steht nichts entgegen.
„Ich gehe mit ruhigem Gewissen, da ich die Arbeit hier in gute Hände abgeben kann“, sagte Michael Kehren a im Gespräch mit dieser Zeitung mit Blick auf Myriam Kemp. Die in Weilerswist-Vernich lebende 40-Jährige ist vielen Kreisbürgerinnen und -bürgern bekannt durch ihre politische Arbeit auf kommunaler und auf Kreis-Ebene: So ist sie Ortsvereinsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Weilerswist und Fraktionsvorsitzende im dortigen Gemeinderat, außerdem Vorsitzende des Grünen-Kreisverbands sowie Kreistagsmitglied für ihre Partei.
Myriam Kemp glaubt, dass die neue Aufgabe genau das Richtige für sie ist
Zuletzt war Myriam Kemp in Weilerswist als Bürgermeisterkandidatin an den Start gegangen, konnte die Wahl aber nicht für sich entscheiden. „Da, wo eine Tür zugeht, gehen andere auf, und dahinter findet sich oft Unerwartetes“, sagte Kemp auf die Frage, ob sie lieber Bürgermeisterin ihres Heimatortes geworden wäre. „Ich bin Gestalterin, eine Macherin und dazu Grund-Optimistin. Ich bin überzeugt, dass ich hier in dieser Funktion vieles anstoßen und umsetzen kann, was ich in der Verwaltungsleitung vielleicht nicht gekonnt hätte. Ich glaube, dass ich hier genau richtig bin.“ Zumal sich der Paritätische auf die Fahnen schreibe, für marginalisierte Gruppen zu sprechen – für solche, die keine oder kaum eine Lobby haben: Menschen in Armut, in Einsamkeit oder Menschen mit Behinderung, und genau das seien Themen, die für sie eine besondere Bedeutung haben.
Seit Anfang Dezember ist Myriam Kemp bereits im Dienst des Paritätischen, sodass Michael Kehren und sie Zeit für Einarbeitung und Austausch haben. Das Team in den Räumen am Eifelring habe sie überaus herzlich und wertschätzend in Empfang genommen. Ob sie schon einmal Erfahrung sammeln konnte als Führungskraft? Nicht in einer Institution oder in einem Unternehmen, erwidert Kemp, „aber als Vorsitzende in den Parteigremien braucht man ebenfalls Führungsstärke“. Myriam Kemp, die einen Master in Philosophie hat, arbeitete als Texterin, Sprachberaterin, Flutberaterin beim DRK und im Bereich Resilienzaufbau bei Erwachsenen im Falle von Naturkatastrophen.
Ich gehe mit ruhigem Gewissen, da ich die Arbeit hier in gute Hände abgeben kann.
In ihrem neuen Aufgabenfeld geht es sehr viel um Vernetzung. „Wir haben hier viele tolle Mitgliedsorganisationen, mittlerweile rund 80 verschiedene Einrichtungen“, so Michael Kehren. Dass der Paritätische im Laufe der vergangenen beiden Jahre deutlich an Sichtbarkeit zugelegt hat, darf getrost dem scheidenden Geschäftsführer zugeschrieben werden. Er hat ein gutes Händchen dafür bewiesen, die Trägerlandschaft besser miteinander zu vernetzen.
Beispielsweise bei der Ausbildung von Heilerziehungspfleger: „Fast alle Mitgliedsvereine, die diese Berufe benötigen, hatten Probleme, da die nächste Fachschule für Heilerziehungspflege in Hürth geschlossen wurde und die Ausbildungsstätten in Düren und Bergheim nur sehr schwer mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen sind.“ Michael Kehren habe es geschafft, alle an einen Tisch zu bekommen. Auch die Kreisverwaltung habe sich mächtig ins Zeug gelegt. Mit dem Ergebnis, dass es schon bald im Kreis Euskirchen eine Möglichkeit geben wird, die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger zu absolvieren.
Paritätischer erlebte in den letzten beiden Jahren mehr Sichtbarkeit
Sichtbarkeit erfuhr der Paritätische in den vergangenen beiden Jahren unter Leitung von Kehren auch durch Aktionen zum europäischen Depressionstag, über ein Armutsprojekt mit verschiedenen Angeboten oder auch durch die kürzlich durchgeführte Teilhabewoche mit Ausstellung und Diskussionsforen.
Für Myriam Kemp ist dies genau die Richtung, der sie inhaltlich treubleiben will. Wichtig sei ihr auch, das breitgefächerte Angebot des Paritätischen bei der Hilfe zur Selbsthilfe weiter zu stärken und entsprechende Gruppen zu unterstützen oder auf den Weg zu bringen. Die Finanzierung solcher Selbsthilfegruppen laufe über die Krankenkassen sowie anteilig über den Kreis Euskirchen. Dieser Zuschuss ist bis Ende 2026 festgezurrt. „Ich werde mich dafür stark machen, dass es diese Finanzierung weiterhin geben wird und dass Streichungen des Kreises und der Kommunen nicht ausschließlich im Sozialbereich stattfinden“, so Myriam Kemp.
Michael Kehren findet zum Abschied lobende Worte für seine Mitarbeiterinnen: „Ich hatte ein tolles Team und bin sehr dankbar, ein Teil davon gewesen zu sein.“ Den Menschen, die sich in den Selbsthilfegruppen zusammentun, wünsche er, dass sich für sie etwas zum Positiven verändert, den Kolleginnen, dass sie ihre Arbeit als wirksam erleben und den Mitgliedsorganisationen, dass sie weiterhin gewiss sein können, mit ihren Anliegen nicht alleine zu stehen.
Engagement für gute soziale Arbeit im Kreis Euskirchen
„Der Paritätische im Kreis Euskirchen engagiert sich für gute soziale Arbeit im Kreis Euskirchen“, heißt es in der Selbstdarstellung. Und weiter: „Als Kreisgruppe des Paritätischen Wohlfahrtsverbands NRW sind wir Ansprechpartner für unsere Mitgliedsorganisationen vor Ort.“ Dies sind eigenständige gemeinnützige Organisationen, Vereine und Initiativen, die mit ihren Einrichtungen und Diensten die soziale Landschaft im Kreis Euskirchen bereichern.
Die Selbsthilfekontaktstelle hilft bei der Gründung oder Suche nach passenden Selbsthilfegruppen, die auch die Räume am Eifelring nutzen können. Außerdem gibt es Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige. Menschen mit Behinderung finden in der Teilhabeberatung (EUTB) kompetente Ansprechpartner, die helfen, einen Überblick über sämtliche Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe zu bekommen.

