IntegrationMit „Kim“ Teilhabe-Chancen Zugewanderter im Kreis Euskirchen verbessern

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Perspektivberatung: Marliese Klockenbrink (l.) und Belqis Bianca Schulz.

Kreis Euskirchen – In keinem anderen Bundesland leben so viele Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund wie in Nordrhein-Westfalen. Rund ein Drittel der Menschen hat Wurzeln in anderen Ländern. Im Kreis Euskirchen sind (Stand August 2022) 19.199 Ausländer gemeldet, 2174 davon sind Ukrainer.

Die Integration von Zugewanderten findet dabei immer vor Ort statt – in den jeweiligen Städten und Gemeinden, in denen die Menschen leben. Grundlage dafür sind nicht nur Gesetze, sondern auch strukturelle Voraussetzungen und Instrumentarien, die von der Politik gestaltet und mitgetragen werden.

Stärkere Vernetzung zwischen Ausländerbehörde und Kobiz

So auch das Landesprogramm „Kommunales Integrationsmanagement“ (Kim), das mit einem innovativen Konzept zu einer stärkeren Kooperation zwischen der Ausländerbehörde und dem Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrum (Kobiz) im Kreis Euskirchen beiträgt.

Auf den ersten Blick scheinen deren tägliche Aufgaben sehr unterschiedlich zu sein: Die Ausländerbehörde, die die ausländerrechtlichen Angelegenheiten regelt, und das Kobiz, das unterschiedlichste Integrationsprozesse unterstützt und das gesamte Helfernetzwerk im Kreisgebiet zusammenbringt.

„Aktive Perspektivberatung“ lautet das Credo

Mit dem Landesprogramm Kim werden nun gemeinsame, deckungsgleiche Ziele von Ausländeramt und Kobiz benannt, die den Willen aller unterstreichen, eine gute Integration zu erreichen. „Aktive Perspektivberatung“ lautet deshalb das Credo, an dem beide Abteilungen der Kreisverwaltung mitwirken, um Einwanderungsgeschichten positiv zu gestalten.

Mitten in den Räumen der Abteilung „Sicherheit und Ordnung“, zu der auch das Ausländeramt gehört, gibt es seit wenigen Tagen ein gemütliches Büro mit Gesprächsecke. Hier bieten Belqis Bianca Schulz und Marliese Klockenbrink eben jene individuelle sozialpädagogische Perspektivberatung an.

„Es geht erst einmal um den Aufbau von Vertrauen bei den Menschen und den Abbau von Beratungshemmungen“, sagt Schulz, wohl wissend, dass die Ausländerbehörde von vielen Zugewanderten in erster Linie als die Stelle wahrgenommen wird, die über Erteilung, Verlängerung oder Entzug eines Aufenthaltstitels entscheidet.

Entfaltung der Potenziale

Kim-Programm in ganz NRW

Seit dem Jahr 2020 fördert das Land NRW das Programm Kommunales Integrationsmanagement (Kim), das flächendeckend in allen 54 Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen eingerichtet wird. Diese Förderung ist durch die Grundnovellierung des Teilhabe- und Integrationsgesetzes dauerhaft geplant. 

Lebensbiografie im Fokus

Beim Kommunalen Integrationsmanagement sollen der einzelne Mensch mit seiner Lebensbiografie in den Fokus gestellt und „die verschiedenen Dienststellen dahingehend qualifiziert und unterstützt werden, dass sie eine gemeinsame Analyse und Unterstützung für die Neuzuwanderer erarbeiten“, heißt es im Kim-Handlungskonzept.

Vernetzung von Ämtern und Akteuren

Kernaufgabe des Kim ist die Verbesserung der Vernetzung einzelner Ämter und Akteure aus dem Bereich Integration, um die Menschen zielgerichteter und wirkungsvoller unterstützen zu können. Die Entfaltung der Potenziale eines Zugewanderten und nicht die Hindernisse und Barrieren sollen im Mittelpunkt stehen.

Doch diesem Image will man nun im Rahmen des Kim-Programms entgegenwirken. Es soll verstärkt darum gehen, Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus und bestimmten Voraussetzungen aktiv dabei zu unterstützen, einen sicheren, befristeten Status zu erhalten. Auch zur Einbürgerung soll ermutigt werden, sofern die Voraussetzungen dafür vorhanden sind. „Es wird aber auch in Zukunft Menschen geben, die nicht hierbleiben können, die das Land verlassen müssen“, betont Schulz.

Von „Paradigmenwechsel“ ist die Rede, und der sei politisch gewünscht: „Unsere Ausländerbehörde und ihre Aufgaben sind ein Spiegel der politischen Haltung“, erklärt Schulz. Dabei verliere die Ordnungsbehörde aber nicht ihre originäre Aufgabe, Schutzschild der Gesellschaft zu sein.

Gesetzliche Grundlagen wurden geschaffen

Vom Gesetzgeber wurden in den letzten Jahren Grundlagen geschaffen, die den Weg in einen gesicherten Aufenthaltsstatus deutlich vereinfachen. Diese Möglichkeiten gilt es zu vermitteln: „Wir wollen den Klientinnen und Klienten klarmachen, dass es unabhängig von einem Asylverfahren eine Bleibeperspektive geben kann“, so Klockenbrink.

Zwingende Voraussetzung für ein Gelingen der Integration ist die Mitwirkung des zugewanderten Menschen. So kann beispielsweise nur, wer eine geklärte Identität hat, von der Duldung zu einem sicheren Aufenthaltsstatus gelangen.

Die Identität muss zwingend geklärt sein

Es gebe, erklärt Thomas Weid, Abteilungsleiter „Sicherheit und Ordnung“, ein beidseitig hohes Interesse daran, die Identität der Zugewanderten zu klären – für den Staat wie für die betreffende Person. Wer Potenzial hat, Fleiß und den Willen aufbringt, Deutsch zu lernen und eine Ausbildung zu absolvieren und darüber hinaus nicht straffällig geworden ist, habe in Deutschland eine gute Perspektive. „Wir sind fair“, betont Thomas Weid mit Blick auf die Chancen, sich in Deutschland eine neue Existenz aufbauen zu können.

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Die Beratung und der damit verbundene Vertrauensaufbau – all das braucht neben einer Willkommenskultur in der Ausländerbehörde natürlich viel Zeit und damit auch Ressourcen. „Wir sind froh, dass wir 1,5 Stellen dazubekommen haben“, so Abteilungsleiter Thomas Weid. Insgesamt aber werden im Kreis Euskirchen über das Landesprogramm Kim 15 Stellen finanziert. 

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