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„Großer Waschtag“Kommerner Freilichtmuseum zeigt die Zeit vor der Waschmaschine

4 min
Frauen in historischer Kostümierung stehen an Waschbrettern und waschen Leinenzeug.

„Große Wäsche“ wie einst: Im Museum konnte man erleben, wie früher das Leinenzeug gewaschen wurde.

Was fast schon idyllisch aussieht, war zum Beginn des 20. Jahrhunderts harte körperliche Arbeit für die Frauen.

„Waschtag“ stand auf dem Aktionsprogramm im LVR-Museum in Kommern. Für die Besucher war das eine Reise ins Vor-Waschmaschinen-Zeitalter.

Einmal im Jahr, immer Mitte Juli, veranstaltet das LVR-Museum in Kommern die „Große Wäsche“. In diesem Jahr fand der Aktionstag auf dem Gelände des Togrund-Hofs (1702/1784) aus Viersen-Hoser in der Baugruppe Niederrhein. Genauer auf der Wiese vor dem historischen Hofbau, denn dort waren Waschbretter, diverse größere und kleinere Zinkwannen, „Waschglocken“, Joch und Eimer vorbereitet, um eine Art Zeitreise zu ermöglichen.

„Wir befinden uns hier in der Zeit um 1900 bis ungefähr 1920“, so Jennifer Gnädinger, wissenschaftliche Volontärin des LVR-Museums Kommern. Die Frauen trugen die traditionelle Arbeitskleidung der Bäuerin, im Hintergrund war auf einer langen Leine die Leinenwäsche zum Trocknen aufgehängt.

Wascharbeiten zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren hart

Die Darstellerinnen gehören teils zum Team der Hauswirtschafterinnen beim LVR, andere sind Ehrenamtlerinnen. Sie hatten sich die Arbeit aufgeteilt: Hier wurde Wäsche auf dem Waschbrett in der Kernseifen-Lauge der Zinkwanne mit der Wurzelbürste geschrubbt. Dort brachte eine der Landfrauen heißes Frischwasser in zwei Blecheimern, die am hölzernen Schulterjoch hingen, aus dem großen Kessel auf dem Herd in der alten Wohnküche des Topgrund-Hofs.

Andrea Rolfes-Koenen schrubbt Wäsche in einer Zinkbütte.

Schrubbt die Wäsche in der Zinkbütte: Andrea Rolfes-Koenen. Ihr Werkzeug sind Waschbrett und Wurzelbürste.

Zwei der Frauen wrangen Wäsche aus, dahinter hängten andere neue Leinenwäsche auf die Leine. Kurz: Das alles sah fast schon idyllisch aus. Doch das wäre ein falscher Schluss. Denn was bei der „Großen Wäsche“ am Topgrund-Hof demonstriert wurde, war einst harte Arbeit, die sich über mehrere Tage hinzog. Am Aktionstag dauerte sie rund sechs Stunden.

Lennard, sieben Jahre alt, aus Niederzier, und Lia - „fast sieben!“ - ließen sich das Angebot, mal mitzuschrubben, nicht zweimal machen: ein Stück Kernseife in die Lauge, Wurzelbürste, Wäsche und Waschbrett geschnappt – und unter den aufmerksamen Augen ihrer Mütter galt: Der Fleck muss weg!

„Ich finde, die machen sich hier im Museum wirklich viele Gedanken, was sie zum Mitmachen und Mitlernen anbieten“, so Lennards Mutter Nadja. Schließlich sei ja auch ihr Sohn sonst gewohnt: Knopf drücken an der Waschmaschine – fertig.

„Große Wäsche“ bezeichnet früheren gemeinsamen Waschtag

Unterdessen zeigten Andrea Rolfes-Koenen, Annette Meylahn oder auch Brigitte Richarz bei der „Großen Wäsche“, wie es einmal war. Anfang des 20. Jahrhunderts fand sich am Waschtag eine Gruppe aus Nachbarinnen zusammen, unterstützt von anderen, die sich als Waschfrauen ein Zubrot verdienten. Reiche Bauern hatten eine Magd.

Die Wäsche wurde mit Soda in warmem Wasser eingeweicht, dann wurde das Leinenzeug in der Zinkwanne mit Kernseife durch Ausspülen und Auswringen vorbehandelt, bevor es zum „Hauptwaschgang“ ging: Die Wäsche wurde in eine hölzerne Bauchbütte geschichtet und „ein Säckchen mit Holzasche darauf platziert“, so Jennifer Gnädinger vom LVR-Museum. Es entstand eine Lauge. Bis zu zehn Mal sei die erkaltete Lauge abgelassen und der Prozess wiederholt worden.

„Rasenbleiche“ wurde durch Waschmittel ersetzt

Erst danach, in der Regel am zweiten Waschtag, ging es bei schönem Wetter auf die Wiese: Die Wäsche wurde jetzt auf dem Rasen für meist mehrere Tage zum Bleichen ausgelegt, immer wieder mit Wasser befeuchtet und gewendet. „Das Zusammenspiel von Sauerstoff, Wasser und dem Rasen hellte die Stoffe beim Trocknen natürlich auf“, so Gnädinger. Beim letzten Auswaschen der Wäsche wurde dem Waschwasser „Wäschebläue“ zugesetzt, so dass die Textilien eine leicht blaue Tönung erhielten und weißer erschienen. „Denn Leinen ist ja von Natur aus eher leicht grau-gelblich“, so Annette Meylahn.

Aufnahme einer Wäscheglocke, die Annette Meylahn hält.

Annette Meylahn erklärte, wie eine Wäscheglocke funktioniert.

Sie zeigte ein besonderes Hilfsmittel, das wie alle anderen Waschtag-Utensilien aus dem Museumsfundus oder der Museumssammlung stammte: eine „Wäscheglocke“, auch als „Wäschestampfer“ bekannt. Die variablen Schiebesiebe vermischen beim „Stampfen“ der Wäsche die Lauge mit Sauerstoff, was den Schmutz löst, der nicht per Hand ausgeschrubbt werden musste. Der Vorläufer der Waschmaschinentrommel? „Ja“, stimmte Brigitte Richarz aus Üttfeld in der Südeifel zu, die Teil des „Große Wäsche“-Teams ist.

Nach einer solchen „Großen Wäsche“, die in der Regel zweimal jährlich abgehalten wurde und bei der die gesamte weiße Wäsche im Haushalt gereinigt wurde, habe man gewusst, „was man getan hat“, so Andrea Rolfes-Koenen, deren 1915 geborenen Großmutter sich noch an die Sonderarbeit auf dem Bauernhof in ihrer Kindheit und Jugend habe erinnern können.

Bis weit ins 20. Jahrhundert war die „Große Wäsche“ auch in den Bauerndörfern der Eifel üblich – dann hatte das 1907 auf den Markt gebrachte „Persil“, ein chemisches Bleichmittel, sich offenbar als nötiger Zusatz für die neuen Waschmaschinen durchgesetzt, und die traditionelle „Rasenbleiche“ wurde langsam was fürs Museum. „Noch heute tragen Örtlichkeiten auch in der Eifel den Namen Bleiche, was an diese Tradition erinnert“, so Jennifer Gnädinger.

Die „Große Wäsche“ im LVR-Museum ermöglichte so wenigstens ein Gefühl dafür, wie hart der Alltag der Landfrau einmal war. Eine Arbeit, die innerhalb der traditionellen Rollenverteilung ausschließlich Frauensache war. So idyllisch das Geschehen auf der Museumswiese wirkte – Bertolt Brecht hätte schlicht gesagt: „Glotzt nicht so romantisch!“