Nachhilfe im digitalen Klassenzimmer„Zeit eignet sich, um Lücken zu schließen“

Musste sich nach den Schulschließungen überlegen, wie es für die Schülerhilfe weitergeht: Leiter Andreas Mertin. Die virtuellen Klassenräume laufen in seinen Augen gut.
Copyright: Julia Reuß
Mechernich – Jana Lux sitzt an ihrem Laptop. Vor sich hat sie ein Übungsbuch aufgeschlagen. „So, weißt du, was du jetzt tun sollst? Lies die Aufgabe noch einmal vor.“ Lux sitzt allein in einem kleinen Raum in der Schülerhilfe in Mechernich. Die Sonne scheint durchs Fenster. Normalerweise sitzt sie hier mit bis zu fünf Schülern, doch in Zeiten von Corona ist eben nichts normal, auch nicht der Nachhilfeunterricht.
Keine Sicherheitsbedenken
Die Schülerhilfe Mechernich nutzt für ihren Online-Unterricht die US-amerikanische Software Zoom. Die war zuletzt wegen Sicherheitslücken in die Kritik geraten. Davon sei der Unterricht der Schülerhilfe allerdings nicht betroffen, versichert Leiter Andreas Mertin. Man nutze nur die aktuellste Version des Programms.
Günstiger ist die Online-Nachhilfe nicht. Eine Woche mit zwei Doppelstunden Nachhilfe koste nach wie vor 29 Euro, so Mertin. Allerdings gebe es zurzeit das Angebot, den Online-Nachhilfeunterricht zwei Wochen kostenfrei auszuprobieren. „Der ein oder andere kann sich darunter nicht so viel vorstellen“, sagt Mertin. (jre)
Die 26-Jährige kommuniziert mit ihren Nachhilfegruppen via Video-Chat. Heute ist Englisch an der Reihe. Mit dabei: ein Schüler aus der achten Klasse und einer aus der zehnten. Letzterer befindet sich in der Prüfungsvorbereitung für den Realschulabschluss. „Es ist schon gewöhnungsbedürftig“, sagt Lux, nachdem sie ihr Mikrofon auf stumm gestellt hat, damit ihre Schüler in Ruhe die Aufgaben bearbeiten können. Doch inzwischen funktioniere der Online-Unterricht ganz gut. „Bei den jungen ist das tatsächlich so, dass sie sich noch melden vor dem Bildschirm. Wie in der Schule“, sagt sie und lacht.
Perfekt für die Prüfungsvorbereitung
Ihr Englischkurs ist einer von 38 Kursen pro Woche, die die Schülerhilfe in Mechernich trotz Corona anbietet. Eigentlich setze das Nachhilfe-Institut auf Präsenzunterricht, sagt Leiter Andreas Mertin. Die meisten Unterrichtsstunden werden in Kleingruppen mit bis zu fünf Schülern abgehalten, erklärt er weiter. Doch mit der Schließung der Schulen, sei das nicht mehr möglich gewesen. Aber wozu überhaupt Nachhilfe, wenn die Schule ausfällt? „Die Zeit eignet sich gut, um Lücken zu schließen“, erklärt Mertin. Und für die Prüfungsvorbereitung.

Erklärt die Aufgaben am Laptop: Jana Lux hilft in Englisch.
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Nur ein Schüler sei wegen Corona ausgestiegen. Alle anderen nehmen weiterhin die Nachhilfe in Anspruch. Die musste sich aber verändern. Wie an vielen Schulen die Übungsmaterialien per Mail oder Online-Plattform an die Schüler weiterzugeben und nachher zu kontrollieren, sei allerdings keine Option gewesen. „Wir brauchen den Kontakt zu den Schülern“, sagt Mertin. Deshalb habe die Schülerhilfe Mechernich in einer Nacht- und Nebelaktion virtuelle Klassenzimmer gegründet.
Schüler lernen tatsächlich besser
Schüler und Lehrer können sich von zu Hause aus einwählen und per Video miteinander kommunizieren. Die Schüler brauchten dafür nur ein Notebook oder einen Laptop, so Mertin. Zur Not ginge es auch mit dem Smartphone – „das ist natürlich nicht so komfortabel“. Schüler, die nicht auf solche technischen Geräte zurückgreifen können, können nicht an der Nachhilfe teilnehmen. „Da kann ich im Moment nichts machen“, sagt Mertin. Allerdings betreffe das aktuell auch nur ein Kind. Ansonsten funktioniere das mit der Technik gut. „Der Unterricht kann im Prinzip so weitergeführt werden wie vorher“, berichtet Mertin.
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Das bestätigt auch Lux. „Ich finde, dass sie tatsächlich besser lernen“, sagt sie über ihre Schüler. Zum einen seien die Lerngruppen mit maximal drei Schülern nun etwas kleiner, zum anderen gebe es nicht so viel Ablenkung durch die anderen Schüler, weil nicht alle im selben Raum sitzen. „Ich bin positiv überrascht“, so die 26-Jährige.
Sie selbst wäre jetzt eigentlich im Auslandssemester in New York. Im Herbst sollte es für ein weiteres halbes Jahr nach Shanghai gehen. Eventuell klappe das ja doch noch, sagt Lux. Und die Nachhilfe könne sie ja mit dem neuen System auch von dort aus geben. Künftig will die Schülerhilfe in Mechernich nämlich am Online-Unterricht festhalten, berichtet Mertin. Auch wenn sie wieder öffnen darf. Die Schüler sollen dann selbst entscheiden können, welcher Unterricht ihnen lieber ist.