Gesamtschule MechernichSo erlebten die Zehntklässler den ersten Schultag in der Krise

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Mit Abstand und Mundschutz: Die Zehntklässler Kilian Andree (v. l.), Tobias Schmitz, Emilio Arenas und Johanna Harperscheidt freuen sich mit Schulleiterin Dagmar Wertenbruch (hinten links) und Koordinatorin Ellen Biertz über den Schulanfang.

  • Für die Schülerinnen und Schüler in NRW hat teilweise der Unterricht wieder begonnen.
  • Wir haben mit den Zehntklässlern der Mechernicher Gesamtschule gesprochen, wie sie den ersten Schultag während der Krise erlebten.
  • Außerdem üben die Schüler Kritik an der NRW-Landesregierung. Der Schul-Report in der Corona-Krise.

Mechernich – Dass sie sich einmal darauf freuen würden, in die Schule gehen zu können, hätten Kilian Andree, Tobias Schmitz, Emilio Arenas und Johanna Harperscheidt auch nicht gedacht. Die vier Zehntklässler stehen auf dem Pausenhof der Gesamtschule Mechernich, mit Abstand und Mundschutz versteht sich. Hinter ihnen liegt der erste Unterricht nach fast sechswöchiger Corona-Zwangspause.

Am Donnerstag hat für die Abschlussklassen in Nordrhein-Westfalen wieder der Schulunterricht begonnen. Eine knappe Woche hatten die Schulen Zeit, sich darauf vorzubereiten. Egal ob Gymnasium, Gesamtschule oder Hauptschule – die Situation ist für alle neu und die Regeln ungewohnt. In vielen Schulen wurde ein Einbahnstraßenverkehr eingeführt, gilt eine Maskenpflicht in den Gängen und auf dem Pausenhof und wurden die Tische in den Klassenräumen mit 1,50 bis 2 Meter Abstand aufgestellt. Hinzu kamen Hygienemaßnahmen: Desinfektionsmittelspender an den Eingängen, Händewaschen im Klassenraum, intensive Reinigung der benutzten Räume.

Sehr ungewohnter Start in den Schulalltag

Für die Zehntklässler der Gesamtschule in Mechernich ist das alles noch sehr ungewohnt. „Es ist komisch, dass der Schulhof so leer ist“, sagt Harperscheidt. Jede zehnte Klasse hat von der Schulleitung ein eigenes Areal auf dem Schulgelände für die Pause zugewiesen bekommen. Neben Harperscheidt und den drei Jungs befinden noch gut zwanzig Jugendliche in dieser Ecke. Alle tragen einen Mundschutz. Allerdings, das mit den 1,50 Meter Abstand funktioniert noch nicht so gut – Viele sitzen und stehen in kleinen Gruppen zusammen und unterhalten sich. Schulleiterin Dagmar Wertenbruch hält das noch für vertretbar. Es tragen ja alle einen Mundschutz, sagt sie. Und in den Klassen, wenn die Schüler den Mundschutz abnehmen dürfen, sei ein Abstand von zwei Metern durch die Sitzordnung gewährleistet.

Kritik am Ministerium

„Die Informationen des Ministeriums kommen sehr sehr spät“, bemängelt die Schulleiterin der Mechernicher Gesamtschule, Dagmar Wertenbruch. Sie versuchten an der Schule sich so gut es geht vorzubereiten, aber bei dünner Informationslage sei das einfach schwierig. Noch sei auch überhaupt nicht klar wie es ab dem 4. Mai weitergehe. Dennoch seien die Kollegen dabei, alle Räume auszumessen und Ideen zu entwickeln. Für die Oberstufe sei beispielsweise ein Video-Unterricht mittels der Microsoft-Software Teams angedacht. (jre)

Insgesamt seine die Schüler alle „sehr ruhig und diszipliniert“, lobt sie. Das bestätigt auch Tobias Wilms. Er hat an diesem Morgen schon zwei Stunden Englisch unterrichtet. „Ich war positiv überrascht“, sagt er. Die Schüler seien vorbereitet gewesen und gingen allgemein souverän mit der Situation um. Richtiger Unterricht sei aber noch nicht möglich. „Das dauert jetzt schon, die Schüler erst einmal einzufangen“, berichtet er. Die meisten hätten viele Fragen, gerade auch zu den Abschlussprüfungen. Dann müsse er erst einmal überprüfen, welche Aufgaben von den Schülern in den Wochen zu Hause überhaupt bearbeitet wurden und wie der Lernstand ist. Hinzu sei an diesem Morgen eine halbstündige Sicherheits- und Hygieneeinweisung gekommen.

Wie nach den Sommerferien - nur anders

„Es ist wie nach den Sommerferien“, beschreibt Schüler Tobias Schmitz die Situation. Dabei seien die vergangenen Wochen überhaupt nicht wie Ferien gewesen. „Es hat sich anders angefühlt“, sagt Emilio Arenas. Zum einen habe es trotzdem Aufgaben gegeben und zum anderen sei es nicht möglich gewesen Freunde zu treffen oder wegzufahren. Fast vier Wochen Unterricht haben sie versäumt und das ausgerechnet im Abschlussjahr. Grundsätzlich sind die vier daher erleichtert, dass die Zentralen Abschlussprüfungen abgesagt wurden und sie stattdessen eine von ihren Lehrern gestellte Klassenarbeit schreiben werden. Das sei bestimmt einfacher und zähle auch nicht so viel für die Endnote, sagt Schmitz gut gelaunt. „Das wissen wir noch nicht“, unterbricht ihn da Schulleiterin Wertenbruch. Bisher habe es dazu noch keine Informationen vom Schulministerium gegeben.

Kilian Andree freut sich darüber, nun wieder etwas mehr Struktur zu haben. „Es ist erstmal gut, dass man wieder in den Alltag zurückkommt“, sagt er. Zu Hause sei es schon schwer gefallen sich zu motivieren. „Nach einer Zeit merkt man auch, wie wichtig es ist soziale Kontakte zu fördern“, pflichtet ihm Arenas bei. Eine Erkenntnis die Wertenbruch besonders freut. Den Schülern trotz allem Struktur und Alltag geben, das ist ihr wichtig. „Wir wissen, dass viele Kinder die ganze Nacht zocken“, sagt sie.

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Unterrichtet werden Andree, Schmitz, Arenas, Harperscheidt und ihre Mitschüler zurzeit nur in Deutsch, Englisch und Mathe – jeden Tag eine Doppelstunde pro Fach. Das sind die Fächer, in denen sie geprüft werden. Der Unterricht beschränke sich dabei fast ausschließlich auf Frontalunterricht, berichtet Lehrer Wilms. „Viele Kriterien guten Unterrichts müssen wir fallen lassen in den nächsten Wochen“, sagt er. Partnerarbeit, gegenseitiges Abfragen, Gruppenprojekte – all das ist mit den Abstandsregeln nicht zu machen.

Die Regeln an sich haben die Schüler verstanden, meint er. Er selbst sei am Morgen schon von seinen Schülern ermahnt worden, er müsse seinen Mundschutz anziehen, als er von seinem Platz zur Tafel ging.

An manche Dinge müssen sich die Schüler aber noch gewöhnen. Als eine Gruppe zur Pause eine Treppe nach unten nehmen will, pfeift Wertenbruch sie zurück. „Einbahnstraßenverkehr“, mahnt sie. An dem Geländer der Treppe hängt ein großes Einfahrt-Verboten-Schild. Die Schüler stöhnen und laufen in die andere Richtung davon.

Grundsätzlich ist die Stimmung unter den Lehrern und Schülern an diesem Morgen gut, es wird viel gelacht und gequatscht. Alle scheinen froh zu sein, wieder in die Schule zu können. Auch Wertenbruch ist zufrieden. Im Großen und Ganzen habe das mit den neuen Regeln bislang gut geklappt. Am Nachmittag will sie mit den Lehrern eruieren, wo noch nachgebessert werden muss. Sorgen bereitet ihr indes der vierte Mai. Dann sollen noch mehr Jahrgänge wieder in den Unterricht einsteigen. „Es wäre trügerisch zu glauben, dass hat jetzt gut geklappt, das geht jetzt auch mit anderen Jahrgängen“, sagt sie.

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