Haushalt 2024Die Stadt Mechernich will trotz Defizit 44 Millionen Euro investieren

Lesezeit 4 Minuten
Ansicht des ehemaligen Casino-Gebäudes von der Friedrich-Wilhelm-Straße aus.

Relikt der Mechernicher Bergbaugeschichte, später von der Bundeswehr genutzt und inzwischen Unterkunft für Geflüchtete: Die Stadt will das alte Casino kaufen. Im Haushaltsentwurf sind dafür fünf Millionen Euro eingeplant.

Die gute Nachricht für die Bürger der Stadt Mechernich: Steuererhöhungen sind trotz des Defizits im Haushalt nicht geplant.

Bevor Kämmerer Ralf Claßen zur Tat schritt, um den Mitgliedern des Mechernicher Stadtrats die wichtigsten Kennzahlen des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2024 zu präsentieren, gab es schon einmal Vorschusslorbeeren von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick: „Ich könnte mir derzeit keinen besseren Kämmerer vorstellen“, lobte der Verwaltungschef seinen langjährigen Weggefährten.

Besonders rosig sahen die Zahlen, die Claßen in seinem Vortrag präsentierte, aber trotzdem nicht aus: Erträge von insgesamt rund 74,3 Millionen Euro stehen Aufwendungen von gut 77 Millionen Euro gegenüber. Weil das Land NRW eine pauschale Kürzung der Aufwendungen, im Fall des Mechernicher Haushalts um einen Betrag von knapp 1,5 Millionen Euro, als so genannter „globaler Minderaufwand“ zulässt, steht am Ende ein Defizit von rund 1,3 Millionen Euro.

Hoher Tarifabschluss belastet die Mechernicher Stadtkasse

„Das Defizit wäre sogar noch deutlich größer, wenn uns dieses Jahr nicht einige einmalige Einnahmen beschert worden wären“, berichtete Claßen dem Gremium. Mehr als 2,3 Millionen Euro fließen auf der Haben-Seite ein, weil die vor einigen Jahren gebildete Rückstellung zur Blei-Sanierung der Spielplätze im Stadtgebiet nicht in voller Höhe benötigt wird.

Sogar 2,5 Millionen Euro betragen die Buchgewinne aus Grundstücksverkäufen, und mit erneuerbaren Energien nimmt die Stadt immerhin 92.800 Euro ein. Einen unerwartet starken Zuwachs gab es auch bei der Gewerbesteuer: Die Einnahmen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um etwa 3,5 Millionen Euro an.

Claßen machte aber auch einige Kostentreiber für das Jahr 2024 aus: „Bei den Personalkosten schlagen natürlich zwei Herzen in meiner Brust“, gab er zu, dass er sich als Angestellter über den deutlichen Lohnzuwachs durch den starken Tarifabschluss für die Kollegen des Öffentlichen Dienstes freut. „Für die Stadt bedeutet das allerdings Mehrausgaben von mindestens 1,15 Millionen Euro.“

Haushaltsausgleich ist nur mit einem Griff in die Rücklagen möglich

Gestiegene Zinsen belasten den Etat um 1,25 Millionen Euro und auch bei der Kreisumlage muss die Stadt 1,11 Millionen Euro mehr berappen als 2023. „Da sage ich jetzt aber nichts dazu, sonst rege ich mich bloß wieder auf“, so Claßen.

Wir müssen neue Erlöse erzielen, denn mit Blick auf die Zukunft kann man schon heute sagen, dass die guten Haushaltsjahre für Mechernich vorerst vorbei sind.
Ralf Claßen, Kämmerer Stadt Mechernich

Der Ausgleich des Haushalts ist also 2024 nur durch einen Griff in die finanziellen Rücklagen möglich, die in den vergangenen Jahren auf einen stattlichen Betrag von 17,6 Millionen Euro angewachsen sind. Das könne aber nicht immer die Lösung sein, zumal nach aktuellem Stand in den kommenden Jahren sogar noch mit deutlich höheren Defiziten gerechnet werden muss – zum Beispiel knapp vier Millionen Euro im Haushaltsjahr 2025.

Steuererhöhungen sind in Mechernich derzeit nicht geplant

„Wir müssen neue Erlöse erzielen, denn mit Blick auf die Zukunft kann man schon heute sagen, dass die guten Haushaltsjahre für Mechernich vorerst vorbei sind“, machte Claßen bei seiner Präsentation deutlich. Eine gute Nachricht für die Bürger der Stadt ist es jedoch, dass Steuern in diesem Zusammenhang vorerst (noch) nicht erhöht werden sollen. Einen rigiden Sparkurs wird es trotzdem nicht geben. Insgesamt will die Stadt Mechernich in diesem Jahr 44 Millionen Euro in die Infrastruktur investieren: „Schulen, Kindergärten, Dorfgemeinschaftshäuser, die neuen Feuerwehrgerätehäuser in Kommern und Bleibuir sowie Grundstücke – das sind die Leuchtturmprojekte für die nächsten Jahre“, zählte Claßen auf.

Entwurf der Architekten Fabian Thillmann und Bernd Siry vom Koblenzer Büro Thillmann Architekten für das Feuerwehrgerätehaus in Kommern.

Der Neubau der Feuerwehrgerätehäuser in Kommern und Bleibuir soll in diesem Jahr beginnen.

Allein 10,2 Millionen Euro fließen 2024 in Projekte im Zusammenhang mit dem neuen Siedlungsschwerpunkt Firmenich-Obergartzem, in den Neubau von Kita, Grundschule, Sporthalle und die Erschließungsarbeiten zur neuen Wohnbebauung. Die Finanzierung erfolgt (zum Teil) mit neuen Schulden: Neue Kredite in Höhe von rund 21 Millionen sind laut des Haushaltsentwurfs geplant.

Auch in den kommenden Jahren soll dieser Investitionskurs fortgesetzt werden. Rund 42,5 Millionen Euro fließen bis 2026 in den Bereich Straßen und Gewässer. Darin enthalten sind auch noch etliche Flutsanierungen, wie die Erneuerung verschiedener Brücken im Stadtgebiet. Der Bereich Schulen mit rund 18,5 Millionen Euro, die Feuerwehr mit 11,5 Millionen Euro, die Kindergärten mit 3,4 Millionen Euro oder Dorfgemeinschaftshäuser und Sporthallen mit zusammen etwa 7,8 Millionen Euro sind Teil der mittelfristigen Finanzplanung.

Neue Baugebiete bleiben ein wichtiger Faktor – Stadt will Casino kaufen

Wichtig bleibt auch die Immobilien-Sparte mit geplanten Ausgaben von insgesamt 25,6 Millionen Euro bis 2026. Claßen: „Denn die Erschließung von Baugebieten und die damit verbundenen Grundstücksgeschäfte haben immer wieder geholfen, den Haushalt zu stabilisieren.“

Auch im laufenden Jahr sind einige größere Immobilien-Deals geplant. So will die Stadt beispielsweise das ehemalige Casino an der Friedrich-Wilhelm-Straße in Mechernich vom Bund kaufen, wofür fünf Millionen Euro eingeplant sind. „Da ist in den vergangenen Jahren schon sehr viel Geld in die Sanierung und Ausstattung geflossen“, sagte Bürgermeister Schick im Gespräch mit dieser Redaktion.

„Derzeit sind wir da Mieter. Ein Kauf macht auch deswegen Sinn, weil da noch ein großes Grundstück mit dranhängt“, so Schick. Das Gebäude, das auch weiterhin zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt werden soll, sei eng mit der Bergwerksgeschichte Mechernichs verbunden und stehe unter Denkmalschutz.

Weitere 2,8 Millionen Euro sind für den Grunderwerb am Hotel Eifeltor oberhalb des Kommerner Mühlenparks vorgesehen – dort betreibt die Freizeit-GmbH der Stadt seit dem vergangenen Jahr ein Hotel.


Der Haushaltsentwurf soll am 19. März im Haupt- und Finanzausschuss vorberaten werden, bevor die endgültige Verabschiedung für die Stadtratssitzung am 7. Mai geplant ist.

KStA abonnieren