Wilde Besucher fühlen sich wohlViele Waldtiere leben im Freilichtmuseum Kommern

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Ein seltener Gast im Museum ist die Wildkatze, die von den Nachtsichtkameras fotografiert wurde.

Ein seltener Gast im Museum ist die Wildkatze, die von den Nachtsichtkameras fotografiert wurde.

Mechernich-Kommern – Möglichst ungestört – das sollen die Wildtiere im Museumswald sein, sagt Vanessa Sterner: „Um sie zu schützen, müssen wir wissen, welche Arten hier leben.“ Schon im vergangenen Jahr hatte die wissenschaftliche Volontärin des LVR-Freichlichtmuseums in Kommern die Idee, die Bewohner des Museumswaldes zu dokumentieren.

Und Anfang des Jahres gelang den Kameras dann das ganz große Bild: Sie nahmen eine Wildkatze auf. Von der Hauskatze lasse sie sich durch ihre charakteristischen Merkmale unterscheiden, sagt Sterner. Dazu gehören ihre wuchtige Statur, das breite Gesicht und der buschige Schwanz mit den schwarzen Streifen.

Ungestört wachsen können die Pflanzen auf Schutzflächen. Auch die Museumsgärten, in denen unter anderem Waldmeister angebaut wird, bieten gute Lebensbedingungen.

Ungestört wachsen können die Pflanzen auf Schutzflächen. Auch die Museumsgärten, in denen unter anderem Waldmeister angebaut wird, bieten gute Lebensbedingungen.

Tatsächlich sei eher die Aufnahme das Besondere und nicht die Katze an sich, sagt Sterner: „Davon leben wahrscheinlich einige in unserem Museumswald.“ Während die als scheu geltende Wildkatze normalerweise nicht gern im Rampenlicht steht, sind andere Museumsbewohner geradezu vernarrt in die Kamera. Rehe, Dachse und junge Füchse lassen sich regelmäßig fotografieren. Es gibt aber auch viele Tiere, die bisher nicht auf Bildern zu sehen sind.

„Nachts kann man mit ein bisschen Glück den Uhu jagen sehen“, erläutert Museumsförster Ingo Esser. Nur hören könne man den großen Vogel nicht, weil er praktisch lautlos sei. „Ich glaube auch, dass ich schon mal einen Luchs gehört habe“, sagt Esser. Beweisen könne er das nicht. Ein Luchs im Freilichtmuseum – das wäre eine richtige Sensation, so Esser.

Ungestört wachsen können die Pflanzen auf Schutzflächen. Auch die Museumsgärten, in denen unter anderem Waldmeister angebaut wird, bieten gute Lebensbedingungen.

Ungestört wachsen können die Pflanzen auf Schutzflächen. Auch die Museumsgärten, in denen unter anderem Waldmeister angebaut wird, bieten gute Lebensbedingungen.

Dass sich viele Wildtiere in Kommern tummeln, ist nicht ungewöhnlich. Sie finden zwischen den Fachwerkhäusern ein reich gedecktes Buffet. Jedes Jahr kauft die Verwaltung des Freilichtmuseums etwa 80 bis 100 Hühner – und am Ende des Jahres sind es zwei Drittel weniger. Sie sind Opfer von Fuchs, Marder, Habicht oder Milan geworden. „Wenn der Habicht einmal die Technik raus hat und weiß, dass die Hühner immer aus einer bestimmten Tür kommen, holt er sich eins nach dem anderen“, erläutert Esser.

Auch der Marder schlage beim Nutzvieh gerne zu. Er hinterlässt eine makabre Visitenkarte bei seinen Opfern: „Der Marder beißt den Hühnern den Kopf ab.“ Mit den Verlusten rechnet das Museum laut Museumsleiter Josef Mangold allerdings. Sie sind sogar Teil des Konzepts, das historische Authentizität mit Naturschutz verbinden soll.

Wilde Vielfalt

Das Freilichtmuseum dient als Refugium für seltene und bedrohte Wildkräuter. Sie anzusiedeln ist Ziel des Projekts „Wilde Vielfalt“.

Mehr als ein Viertel der Ackerwildkräuter steht in Deutschland auf der Roten Liste. Sie werden durch die mechanisierte Landwirtschaft und die Verstädterung von Dörfern bedroht.

Auch Guter Heinrich, Beinwell und die Kornrade wachsen im Museum. Die Kornrade gilt in der Eifel als ausgestorben. Das giftige Nelkengewächs wuchs ursprünglich auf Äckern, fiel aber der Saatgutreinigung zum Opfer. (maf)

Zum Konzept gehört auch, alte Apfelsorten wie Roter Berlepsch oder Rheinische Schafsnase, die seltenen Mispeln oder Wildkirschen anzusiedeln. Deren Fallobst ist eine Delikatesse für Füchse. Die Museumsmitarbeiter konnten schon Jungtiere beobachten, die sich am Obst satt fraßen. Ein ständiges Ärgernis sind aber menschliche Museumsbesucher, die selbst gerne bei Äpfeln und Birnen zugreifen – und Fallobst mit Verschwendung verwechseln. „Die Besucher pflücken Obst und nehmen auch Saatgut von seltenen Pflanzen mit, die sie schön finden. Da braucht nur ein Bruchteil auf die Idee zu kommen und wir haben unser Ziel verfehlt“, sagt Esser.

Nicht nur Tiere finden optimale Lebensbedingungen im und um das Museum. Auch Pflanzen, Bäume und Pilze können sich größtenteils ungestört ausbreiten. An manchen Stellen werde nicht gemäht, um festzustellen, was dort überhaupt wachse, sagt Sterner. Auf den als „Schutzflächen“ markierten Grünstreifen wachsen seltene Wildkräuter. Manche davon gelten in der Eifel als ausgestorben.

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Gefällt und gesägt wird nur wenig im Museumswald. Rund 150 Kubikmeter Holz werden jährlich gefällt, um den Backofen im Museum anzufeuern. Aber auch, damit den Besuchern keine Äste auf den Kopf fallen. Das Gehölz landet dann oft auf großen Haufen, die Heimat für Insekten und Mäuse bieten – oder von Destruenten wie Pilzen zersetzt werden.

Es gibt auch Waldabschnitte, die gar nicht mehr bewirtschaftet werden und die normalerweise kein Mensch betritt. Fällt dort ein Baum, bleibt er liegen. „Und hier fühlt sich beispielsweise die Wildkatze besonders wohl“, erläutert Volontärin Sterner. Sie brauche Ruhe, um ihre Jungen aufzuziehen. Mit strengen Sicherheitsmaßnahmen schirmt das Museum deshalb die Katzen von der Außenwelt ab. Die größte Gefahr für das scheue Tier sei nämlich der Wildkatzen-Tourismus.

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