KunstaktionKinder versehen Lieblingsplätze im Kreis Euskirchen mit Future Codes

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Ein Mädchen und ein Junge sitzen auf einer kleinen Brücke mitten im Wald.

Für Johanna und Lars ist der Ort, wo sich Bruchbach und Mühlenbach kreuzen, ein ganz besonderer Platz.

An 62 Orten im Kreis Euskirchen hängen seit kurzem kleine QR-Codes. Wer sie abscannt, hört, was Kinder an dem jeweiligen Ort besonders finden.

Hohe Bäume, eine Quelle, zwei sich kreuzende Bäche, gedämpftes Licht und Ruhe: Die Stelle im Eickser Busch, an der Mühlenbach und Bruchbach sich kreuzen, hat etwas Mystisches. Kein Wunder, dass Johanna Stahl und Lars Adams die Besonderheit des Ortes für die Zukunft konservieren wollen.

Johanna und Lars sind sieben und acht Jahre alt und besuchen die Grundschule in Lückerath. Dort sowie an den Grundschulen in Kommern und Satzvey hat die Künstlerin Alexandra Rix in diesem Jahr das Projekt Future Codes durchgeführt.

Stimmen von Mechernicher Kindern sind auch am Drachenfels zu hören

Die Idee: Kinder erzählen, warum ein Ort für sie besonders ist – und das kann man sich dann an dem Ort mittels QR-Code anhören. Rix hat das Projekt bereits 2022 an der Grundschule in Mechernich durchgeführt. Der Schulleiter habe im Schulausschuss so begeistert davon berichtet, dass auch die anderen Mechernicher Grundschulen mitmachen wollten, berichtet Rix. Nachdem die Finanzierung geklärt war, ging es los.

Zunächst sei sie in alle Klassen gelaufen und habe den Kindern das Projekt vorgestellt, stellt die Künstlerin das Prozedere vor. Dann waren alle Kinder aufgerufen, ein Bild und eine Beschreibung ihres besonderen Ortes einzureichen. Prämisse sei gewesen, dass sie die Orte noch mit dem Fahrrad erreichen konnte, sagt Rix. Aber in einem Fall habe es eine Ausnahme gegeben: „Ein Code hängt jetzt am Drachenfels.“

Die Künstlerin Alexandra Rix steht auf einer Wiese neben einem Baum.

Die Künstlerin Alexandra Rix hat das Projekt Future Codes an den Mechernicher Grundschulen durchgeführt.

Nachdem Rix die Bilder und Beschreibungen erhalten hatte, machte sie sich auf die Suche nach den Orten. Das sei wie eine kleine Schnitzeljagd gewesen. Und nicht immer war sich Rix sicher, ob sie den richtigen Ort gefunden hatte. Insgesamt sei sie etwa 400 Kilometer im Kreis Euskirchen unterwegs gewesen und habe die unterschiedlichsten Orte gesehen. Schöne Plätze in der Natur waren dabei, aber auch Stellen in Ortschaften. Sogar eine Eisdiele sei als besonderer Ort auserkoren worden, erzählt Rix.

„Hier ist es immer sehr ruhig“, beschreibt Johanne das Besondere an dem Ort, den sie und Lars ausgesucht haben. Die beiden sind Freunde seit dem Kindergarten und kommen vor allem im Sommer oft her. Man könne sogar ein bisschen in den Bächen baden, berichtet Lars. Und Fische beobachten. Sie möge es einfach in der Natur zu sein und die Geräusche vom Wasser und den Vögeln zu hören, sagt Johanna.

Kinder mussten Orte anhand von Tonaufnahmen erkennen

Dass man jetzt auch ihre Stimmen an dem Ort hören kann, finden die beiden toll. Um das zu tun, muss man allerdings die Augen sehr gut offenhalten. Denn die Future Codes sind auf kleine quadratische Aluminium-Plättchen gedruckt, die Rix in der Nähe der besonderen Orte angebracht hat.  Das Ganze sei bewusst nicht so plakativ platziert, um die Besonderheit der Orte nicht zu stören, so die Künstlerin.

Ein kleines weißes Schild ist an einem Zaunpfahl angebracht, darauf ist ein QR-Code gedruckt.

Die Future Codes wurden auf kleine Aluminium-Schildchen gedruckt und an den jeweiligen Orten befestigt.

Sie hat an allen Stellen Tonaufnahmen gemacht und diese dann mit zu den Workshops mit den Kindern gebracht. Daraus wurde dann ein Hör-Quiz und die Kinder mussten erraten, welcher Ton zu welchem Ort passt. Danach durften die Kinder selbst mit dem Mikrofon experimentieren, einander interviewen und Töne für einen Jingle aufnehmen.

Christian Klünter habe dann aus den ganzen Audio-Beiträgen die Future Codes zusammengestellt, berichtet Rix. Herausgekommen sind 62, etwa einminütige Tonaufnahmen. „Es geht ja nicht um Hintergrundwissen, sondern darum, einfach ein Kind am Ohr zu haben, mit dieser frischen, authentischen Erlebniswelt konfrontiert zu werden.“ Und wer weiß, vielleicht sind die Stimmen der Kinder ja noch in 50 Jahren überall im Kreis zu hören.


Eine ganz besondere Bank in Kallmuth

Auf den ersten Blick sieht sie aus wie eine gewöhnliche Bank. Die Bank im Zentrum vom Kallmuth neben dem Briefkasten und einem Ginkgo-Baum gehört aber auch zu den auserwählten besonderen Orten. „Weil wir hier ein Buch angefangen haben“, begründet die achtjährige Madelaine Schott ihre Wahl.

Drei Kinder sitzen auf einer Bank. Im Hintergrund sind ein Haus und ein Auto zu erkennen.

Für Madelaine Schott (mitte) ist diese eine Bank in Kallmuth etwas ganz Besonderes.

Und zwar nicht irgendein Buch. Madelaine und ihre Familie haben die Geschichte begonnen und dann wurde sie von anderen auf dieser Bank fortgeführt. Sie habe eine Kiste mit Zetteln und Stiften auf die Bank gestellt, berichtet Madelaines Mutter Jaqueline Schott. Immer wenn ein Blatt bemalt oder beschrieben wurde, habe sie es einlaminiert und dann wieder zur Bank gebracht. So konnte jeder lesen, was in der Geschichte bisher passiert war und sie mit eigenen Ideen fortführen.

Die meisten Kinder hätten ein Bild gemalt und dann habe sie sich dazu einen Text überlegt, der in die Geschichte passte, so Schott. Tatsächlich sei so eine schöne, zusammenhängende Geschichte entstanden. Es gehe um einen Elefanten, der Kallmuth in einer großen Trockenheit geholfen habe. Aktuell liege die Geschichte bei ihnen zu Hause, aber eigentlich würde sie sie gerne einmal binden lassen oder eine Lesung veranstalten, so Schott. Nur fehle im Moment einfach die Zeit.


Future Codes können weitergeführt werden

Wer neugierig geworden ist, kann sich alle Future Codes auch auf der Homepage des Projekts anhören. Dort finden sich nicht nur die Tonaufnahmen, sondern auch die gemalten Bilder der Kinder und Informationen rund um das Projekt.

Und das Ganze ist keine abgeschlossene Sache: Man könne jederzeit noch weitere Future Codes hinzufügen, so Alexandra Rix. Wer Interesse hat, kann sich per E-Mail an sie wenden. Sie würde sich sehr freuen, das Projekt weiterzuführen, allerdings brauche es auch immer eine Finanzierung.

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