Opfer der NationalsozialistenStolpersteine in Mechernich erinnern an Familie Levy

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Recherchieren weiter zum Schicksal der Juden, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Kommern gewohnt haben: Gisela Freier (v.l.), Elke Höver und Rainer Schulz.

Recherchieren weiter zum Schicksal der Juden, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Kommern gewohnt haben: Gisela Freier (v.l.), Elke Höver und Rainer Schulz.

Mechernich-Kommern – Am 11. November 1938 wurde Herbert Levy von der Schule verwiesen. So geht es aus der Kommerner Schulchronik hervor, die im Mechernicher Archiv einsehbar ist. Der Schulleiter schrieb damals, dass es keinem deutschen Kind zuzumuten sei, neben einem Juden zu sitzen. Drei Jahre später, am 7. Dezember 1941, wird der Neunjährige den Aufzeichnungen zufolge ins Ghetto nach Riga deportiert. Das Todesdatum ist nicht bekannt, offiziell gilt er nach wie vor als verschollen.

Genau wie seine Mutter Margarethe. Der Leidensweg seines Vaters Julius ist nach Angaben der ehemaligen Kommerner Lehrerin Gisela Freier, die sich seit fast zwei Jahrzehnten intensiv mit der Geschichte der Mechernicher Juden beschäftigt, besser dokumentiert. Julius Levy sei ebenfalls 1941 nach Riga deportiert worden. Von dort aus sei er zunächst ins Konzentrationslager Stutthof bei Danzig, dann 1944 nach Buchenwald verlegt worden. Dort sei er am 26. März 1944 ermordet worden.

Millimetergenaue Anleitung

In Erinnerung an die Familie Levy, die in Kommern an der Straße „Auf dem Wingert“, Hausnummer 17, lebte, werden in den kommenden Tagen drei Stolpersteine verlegt. In diesem Fall wird das nicht Gunter Demnig machen, sondern Mitarbeiter des Mechernicher Bauhofs. Der Grund: die Corona-Pandemie.

Der Künstler, der seit 1996 Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus verlegt, hat dem Kommerner Rainer Schulz aber eine millimetergenaue Anleitung zukommen lassen, wie die drei Steine im Bürgersteig eingebracht werden sollen. Schulz befasst sich genau wie Gisela Freier und deren Mann Wolfgang seit Jahren mit der Geschichte des jüdischen Kommerns. Unterstützt wird das Trio von Elke Höver.

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In den vergangenen Jahren seien bereits 23 Stolpersteine in Kommern verlegt worden, berichtet Gisela Freier. Zudem gebe es neun in Mechernich und zwei in Strempt. Abgeschlossen seien die Arbeit, die Nachforschungen und die Verlegung von Steinen noch lange nicht. „An manchen Schicksalen kann ich nicht länger als drei Stunden recherchieren. Dann kommen mir die Tränen“, sagt die ehemalige Lehrerin. Nach der Pogromnacht sei die Familie Levy aus Kommern weggezogen und habe bis zur Deportation in Köln gelebt, weiß sie zu berichten.

Die damaligen Schicksale reichen laut Schulz bis in die heutige Generation der Nachfahren. „Das geht einem schon nahe“, sagt der Kommerner, der in einem Haus lebt, in dem vor mehr als acht Jahrzehnten ebenfalls Juden gewohnt haben. Die Nachfahren haben Schulz dann für eine Woche in Kommern besucht. „Das war eine unheimlich spannende Zeit“, erinnert sich Schulz, der für die jüdische Familie vor seinem Haus ebenfalls Stolpersteine verlegt hat.

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