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LandgerichtsprozessPolizisten schossen auf Mechernicher, da sie sich gefährdet sahen

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Vor den Wohncontainern wurde ein Zelt errichtet.

Nachdem es vor der Container-Unterkunft in der Peterheide in Mechernich zu den Schüssen gekommen war, wurde der Bereich für die Spurensicherung gesichert.

Das Landgericht Bonn soll entscheiden, ob von einem 50-jährigen Mechernicher Gefahr ausgeht und er in einer psychiatrischen Klinik untergebracht wird.

Fast ein halbes Jahrhundert lebte der Mechernicher in der Wohnung seiner Eltern. Erst 2024, da war er 49 Jahre alt, zog er aus. Zunächst lebte er in einem Gartenhaus, dann in einer kommunalen Notunterkunft. Dort kam es am 28. Mai 2025 zu einem Drama, das jetzt vor dem Bonner Landgericht verhandelt wird.

Als an diesem Mittwoch gegen 15 Uhr zwei Mitarbeiter des Sozialen Dienstes seinen Wohncontainer betreten wollten, drehte der Bewohner durch: So soll der 50-Jährige die Mitarbeiter mit einem „Verpisst euch“ angeschrien und einem der beiden mit der Faust auf den Kopf geschlagen haben. Diesen Anklage-Vorwürfen widersprach der Angeklagte vor Gericht heftig. Er habe sie gebeten: „Verlassen Sie bitte mein Grundstück!“ „Aha“, erwiderte der Vorsitzende Richter Marc Eumann, dem anzusehen war, dass er dieser Einlassung nicht glaubte.

Einsatz von Pfefferspray zeigte keine Wirkung

Der Mitarbeiter ging nach dem Schlag zu Boden und erlitt nach Feststellungen der Staatsanwaltschaft eine Schädelprellung. Wegen erheblicher Selbst- oder Fremdgefährdung leitete das Ordnungsamt daraufhin ein Verfahren zur Zwangseinweisung des 50-Jährigen in eine Klinik ein. Das versuchten zwei Polizisten noch am selben Tag durchzusetzen. Als sie sich dem Container näherten, soll der Bewohner die Tür von innen verriegelt haben. Die Beamten öffneten sie mit einem Zweitschlüssel. Der Beschuldigte soll nun mit erhobenem Arm, „aggressivem Blick und Ausrufen wie von Tieren“, so die Polizisten in ihrem Bericht, losgelaufen sein.

Einer der Beamten wollte ihn mit Pfefferspray stoppen, das aber keine Wirkung zeigte. „Ich bin dagegen immun“, erklärte der Mechernicher. Das sei eine besondere, ihm „von Gott gegebene Gabe“. „Vielleicht lag es ja an den Amphetaminen?“, mutmaßte Richter Eumann. Nach eigenen Angaben stand der 50-Jährige während der Tat unter Drogen.

Videos aus Bodycams zeigen das Faustmesser in der Hand des Mannes

Der Angeklagte rannte zurück in den Container und soll gerufen haben: „Verpisst euch! Lasst mich in Ruhe!“ Die Beamten riefen Verstärkung, mehrere Kollegen umstellten die Unterkunft. Wenig später öffnete der Mann die Tür, in der Hand ein Faustmesser mit 8,5 Zentimeter langer Klinge, das er trotz mehrfacher Aufforderung nicht fallen ließ, als er sich den Polizisten bis auf 3,50 Meter näherte. Dabei soll er gefaucht haben.

„Ich habe das Messer abgelegt“, behauptete der Beschuldigte. Eumann äußerte Zweifel: „Es gibt Videos, und die Bilder stimmen nicht mit Ihren Aussagen überein.“ Die Polizei hatte den Einsatz mit Bodycams gefilmt. „Das sind seine Erinnerungen“, erklärte Verteidiger Albert Stumm für seinen Mandanten.

Von drei Kugeln aus Dienstwaffen der Polizei getroffen

Die Polizisten drohten dem Angreifer nun, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, wenn er das Messer nicht weglege. Als er der Aufforderung nicht nachkam, schossen zwei Kommissare und trafen den 50-Jährigen dreimal: in Bein, Hüfte und Bauch. Vier Wochen lang wurde der Schwerverletzte in einem Krankenhaus behandelt.

Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, den Mann, der eine Sonderschule für Lernbehinderte besucht und danach von Gelegenheitsjobs beziehungsweise Bürgergeld gelebt hat, wegen einer krankhaften seelischen Störung in einer psychiatrischen Klinik unterzubringen. Er sei eine Gefahr für die Allgemeinheit, so die Begründung. Darüber will die 10. Große Strafkammer bis Mitte Januar entscheiden.