Zwölf Wachen soll der Rettungsdienst im Kreis Euskirchen künftig haben, keine mehr in der Gemeinde Nettersheim. Dort befürchtet man eine Benachteiligung.
Nettersheimer sauerDie Pläne für den Rettungsdienst im Kreis Euskirchen sorgen für Unmut

Die Rettungswache in Marmagen ist In Containern untergebracht. Keiner der künftigen zwölf Standorte des Rettungsdienstes im Kreis wird sich gemäß dem Bedarfsplan-Entwurf nicht in der Gemeinde Nettersheim befinden.
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Der Unmut in Nettersheim über den Entwurf des neuen Rettungsdienstbedarfsplans ist groß. Wie groß, wurde im Gemeinderat deutlich. Um Fragen zu beantworten und das Konzept aus Sicht des Kreises als Träger des Rettungsdienstes zu erklären, waren Landrat Markus Ramers, Geschäftsbereichsleiterin Julia Baron und der Leiter der Gefahrenabwehr, Martin Fehrmann, sowie Sven Ohrem als Gutachter der Firma Lülf+ nach Nettersheim gekommen.
Gerade in Nettersheim ist das Konfliktpotenzial hoch. Bislang ist man in der Kommune in Sachen Rettungswachen ausgesprochen gut ausgestattet. Mit Tondorf und Marmagen liegen zwei der aktuell zehn Standorte im Kreis auf Gemeindegebiet.
Die Hilfsfristen werden nur in zwei Drittel der Fälle eingehalten
Doch dabei soll es nicht bleiben. Vor allem die schlechte Quote beim Einhalten der Hilfsfristen macht Veränderungen nötig. In ländlichen Gebieten sollen die Helfer in 90 Prozent der Fälle binnen zwölf Minuten beim Patienten sein. Tatsächlich wird diese Zeit im Kreis in gerade mal rund zwei Drittel der Fälle erreicht.
Zahlreiche mögliche Gründe dafür nennt Fehrmann: Sie können von einer verlängerten Zeit beim Disponenten in der Leitstelle über mangelnde Verfügbarkeit der Rettungswagen bis zu der Struktur der Wachenaufteilung und dem Verkehr reichen. Verbesserungen sollen erzielt werden durch zwei zusätzliche Rettungswachen, die Veränderung einiger Standorte, neun zusätzliche Fahrzeuge und 50 zusätzliche Stellen. Insgesamt sollten die Ressourcen im Rettungsdienst um rund 40 Prozent aufgestockt werden, so Ramers.
Analyse im Kreis Euskirchen ergab Unterdeckung im Süden und Osten
Mit einem Wabenmuster habe er analysiert, welche Orte für den Rettungsdienst nicht rechtzeitig zu erreichen seien, erläuterte Ohrem. Dabei habe sich vor allem eine Unterdeckung im südlichen und östlichen Bereich des Kreises ergeben. Verbesserungen sollen erzielt werden, indem beide Rettungswachen das Nettersheimer Gemeindegebiet verlassen: Eine soll demnach in die Gemeinde Dahlem, die andere in die Gemeinde Blankenheim.
Ich habe mich nicht an den Gemeindegrenzen orientiert, sondern an den Rettungswachbereichen.
„Ich habe mich nicht an den Gemeindegrenzen orientiert, sondern an den Rettungswachbereichen“, betonte Ohrem. Dennoch verstehe er den Unmut gut. Jedoch werde eine der neuen Wachen in Kall installiert und mit zwei Fahrzeugen ausgestattet, so dass die Hilfsfrist von zwölf Minuten für den Nettersheimer Bereich einzuhalten sei.
Was die CDU ganz anders sah. Laut Burkhard Rosenbaum hat man sich die Mühe gemacht, mithilfe von Google Maps nachzurechnen, wie lange ein RTW zu den Nettersheimer Orten benötigt – und eine erhebliche Unterdeckung ermittelt. Schon die Schließung der Notaufnahme in Schleiden sei ein Einschnitt gewesen. „Der Bürger fühlt sich unterversorgt, wir können das so nicht akzeptieren“, sagte er.
Nettersheimer Politiker sind verärgert über Standorte der Rettungswachen
Der Gutachter widersprach dem kaum. Zwar werde mit anderen Fahrzeiten gerechnet, doch das sei eine gute Näherung. „Insgesamt haben wir in Nettersheim Bereiche, die wir in zwölf Minuten nicht erreichen – die waren aber vorher woanders“, bestätigte er. Sein Verfahren sei eine mathematische Optimierung.
Guido Kurth (CDU) fragte sich, wie er jemandem erklären solle, dass Orte wie Frohngau nicht mehr rechtzeitig erreicht würden. „Ich könnt' mich ärgern ohne Ende“, sagte auch Albert Müllenborn (UNA). Dagegen betonte Gerhard Mayer (SPD), dass die Versorgung weiterhin gegeben sei. Entscheidend seien Wirtschaftlichkeit und Personalverfügbarkeit.
Die exakten Standorte stehen noch nicht fest
Ramers machte auf die Wichtigkeit der Gesamtbetrachtung aufmerksam: „Die Menschen in Losheim sind so wichtig wie die in Weilerswist.“ Es seien Gespräche mit der Gemeinde geführt worden, da die besondere Situation klar geworden sei. Und: Die definitiven Standorte der Wachen seien noch längst nicht gefunden und beschlossen.
Für Kall sei Keldenich im Gespräch, für Dahlem Schmidtheim oder Milzenhäuschen, für Blankenheim der Bereich der L115 bei Lommersdorf. Ob darüber hinaus eine weitere Wache geplant werden kann, ist unklar. Laut Ramers sei zu befürchten, dass die Kostenträger – in erster Linie die Krankenkassen – die zusätzlichen Kosten nicht tragen.
Zwei Stunden diskutierten die Vertreter von Gemeinde und Kreis – ohne sich wesentlich näher zu kommen. Schließlich schaltete sich Bürgermeister Crump ein. Er sehe alle Kreisbürger gleich, nehme aber mit, dass nur über Mathematik gesprochen worden sei: „Ich bin auch seit 30 Jahren im Geschäft, ich hätte das Gutachten so gerechnet, dass Nettersheim beide Wachen behält, und das wäre auch wasserdicht gewesen.“
Er halte es für unverhältnismäßig, einer Gemeinde beide Wachen wegzunehmen. Er regte einen Ratsbeschluss an, in dem vor allem der Erhalt der Wache in Marmagen gefordert werde: „Wir würden auch über andere konstruktive Lösungen reden.“ Einstimmig stimmten die Ratsvertreter dem zu.
Zweite Amtszeit Feuerwehrchef
Zum Leiter der Feuerwehr wurde René Schreiber erneut von Bürgermeister Norbert Crump ernannt. Seit 2019 übt er dieses Amt aus. Seine erste Amtszeit war im April ausgelaufen.
Doch da nach Mitteilung der Gemeinde nach der Bestellung durch den Gemeinderat noch Aufklärungsbedarf in der Feuerwehr bestanden habe, verzögerte sich die erneute Ernennung um einige Monate. Schreiber sei der einzige Bewerber auf den Posten gewesen, so Crump. Die Löschgruppen und Abteilungen der Nettersheimer Feuerwehr seien angehört worden und hätten dem Vorschlag zugestimmt, führte er aus. Auch Kreisbrandmeister Peter Jonas habe die Bestellung von Schreiber befürwortet, sagte Crump.