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Historie erschwert WiederaufbauWarum Brücke in Gemünd nicht wie geplant saniert werden kann

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Blick auf die abgesperrte Brücke mit einem kleinen Durchgang für Fußgänger.

Die Brücke in der Dreiborner Straße in Gemünd ist seit Monaten für den Autoverkehr gesperrt.

Die Brücke in der Dreiborner Straße in Gemünd hat einen anderen Aufbau als in den Planunterlagen. Das sorgt für Probleme bei der Sanierung.

Das Trauerspiel bei der Sanierung der Brücke in der Dreiborner Straße in Gemünd geht weiter. Nach einer monatelangen Sperrung hat nun die statische Berechnung ergeben, dass die Brücke bereits jetzt bei 130 Prozent ihrer Traglast liegt und sie deshalb nicht wie geplant saniert werden kann. Mittelfristig wird sogar ein Neubau empfohlen. Bis dahin soll die Last auf 16 Tonnen beschränkt werden und eine jährliche Sonderprüfung durchgeführt werden.

Die Brücke über die Olef war bei der Flutkatastrophe 2021 stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Autos, Gastanks, Holz und andere Dinge waren von der Wucht des Wassers mitgerissen worden und gegen die Brücke geschlagen. Dadurch wurde unter anderem die Abdichtung beschädigt. Deshalb hatten sich nach Angaben der Verwaltung an der Unterseite der Brücke mehrere feuchte Stellen und Ausblühungen gebildet.

Ende August vergangenen Jahres war das Bauwerk dann gesperrt worden. Der Straßenbelag wurde abgefräst, um die darunterliegende Abdichtung zu erneuern. Ferner sollten die sogenannten Brückenkappen (Gehwege) abgerissen und erneuert werden. Im Anschluss daran sollte die Fahrbahn eine neue Asphaltdecke erhalten und das Brückengeländer gerichtet und wieder montiert werden. Die Arbeiten sollten rund drei Monate dauern. Rund 450.000 Euro sind im Wiederaufbauplan der Stadt für die Maßnahme eingeplant.

Brücke in Gemünd war in den 1990er-Jahren saniert worden

Doch beim Abfräsen des Straßenbelags kam es im Oktober 2024 vonseiten der Baufirma zu einem Baustopp, da die Beschaffenheit der Brücke eine andere war als in den Plänen, die als Berechnungsgrundlage für die Sanierung hinzugezogen worden waren. Der Verdacht kam auf, dass bei der Sanierung des Bauwerks in den 1990er-Jahren mehr Material in der Brückenoberfläche eingebaut worden war, als in den Plänen verzeichnet ist. „Um die aktuell gültigen technischen Vorgaben zu erfüllen, ist ein bestimmter Aufbau notwendig. Damit lag das Bauwerk von der Tragfähigkeit bereits ohne die Sanierung nah am Grenzwert, mit der Gefahr, diese zu überschreiten“, berichtet der Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Tiefbau, Waldemar Brost.

Wenn der Grenzwert erreicht oder überschritten werde, müsse die Last der Brücke nach der Sanierung für Fahrzeuge beschränkt werden. „Um sicher zu gehen, dass das nicht der Fall ist, hat der Statiker auf eine Tragwerksberechnung der Brücke gedrängt“, so Brost, der noch im April davon ausgegangen war, dass der geplante Aufbau realisiert werden kann.

Die Arbeiten sind seit mehreren Monaten unterbrochen

In der Zwischenzeit wurde die Brücke zumindest für Fußgänger geöffnet. Die Arbeiten sollten ursprünglich nur wenige Wochen unterbrochen werden. Daraus wurden aber mehr als acht Monate. „Ich bin wirklich sauer über den langen Zeitraum, den die Neuberechnung gedauert hat. Das für spätestens April angekündigte und versprochene Ergebnis haben wir im Juli erhalten“, zeigt sich Bürgermeister Ingo Pfennings erbost. „So haben wir unnötig Zeit verloren. Das ist ein für alle Beteiligten, vor allem aber für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Gewerbetreibenden ein unbefriedigender Zustand“, so Pfennings.

Die Tragwerksberechnung kommt zu dem Schluss, dass die Traglast bereits jetzt bei 130 Prozent liegt. „Sie liegt also schon jetzt 30 Prozent über dem Grenzwert“, erklärt der Bürgermeister. Deshalb empfiehlt der Statiker mittelfristig die Errichtung eines Neubaus. Bis dahin soll eine Lastbeschränkung auf 16 Tonnen geprüft werden. Alternativ solle das Bauwerk für den Durchgangsverkehr gesperrt werden und nur für Rettungsfahrzeuge, Fußgänger und Radfahrer geöffnet bleiben.

Reduzierung der Traglast auf 16 Tonnen wird geprüft

Vorgeschlagen wird ferner eine jährliche Sonderprüfung des Überbaus mit besonderem Augenmerk auf Rissbildungen. Auf die Instandsetzung der Gehwege solle ganz verzichtet werden. Die Fachabteilung der Stadt prüfe aktuell in Rücksprache unter anderem mit dem Statiker, der Baufirma und dem Straßenverkehrsamt des Kreises Euskirchen, ob eine Reduzierung auf 16 Tonnen dauerhaft möglich ist oder ob tatsächlich mittelfristig ein Neubau hermuss. Die in die Brücke eingedrungenen Wassermassen scheinen laut Verwaltung größer als angenommen gewesen zu sein und könnten zu massiven Korrosionsschäden im Inneren geführt haben.

„Da ich befürchte, dass auch diese Abstimmungen und etwaige dafür notwendige Berechnungen, Prüfungen und Termine wieder Monate dauern werden, habe ich angeordnet, die Brücke schnellstmöglich neben Fußgängern auch für Rollstuhl-, Rollator- und Radfahrer befahrbar zu machen“, so der Bürgermeister. Die Zielsetzung sei, möglichst zeitnah eine dauerhafte Befahrbarkeit der Brücke zumindest für Pkw zu realisieren.

Auch Brost ist genervt: „Neben der Problematik des Fachkräftemangels begegnen uns bei nahezu jeder Baustelle Probleme, die der Historie geschuldet sind.“ Das Spektrum reiche von zu lange ausgesetzten Wartungs- und Sanierungsintervallen bis hin zu fehlenden oder gar falschen Unterlagen. „All das trägt leider massiv dazu bei, dass kaum eine Baustelle ohne negative Überraschungen und damit verbunden Verzögerungen abläuft“, sagt der Fachbereichsleiter.