Letztes AngebotSchleiden will Flächen für den Hochwasserschutz an Urft und Olef kaufen

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Luftaufnahme des Tals der Olef zwischen Schleiden und Olef.

Eine der geplanten Retentionsflächen soll zwischen Schleiden und Olef entstehen. Dafür sollen Äcker und Wiesen nahe der Olef abgebaggert werden.

Die Stadt Schleiden will in den kommenden Jahren Retentionsflächen anlegen und dafür zur Not auch Flächen enteignen.

Mit ihrer Ankündigung, für Hochwasserschutzmaßnahmen an Urft und Olef auch Möglichkeiten für eine Enteignung von privaten Grundstücken zu prüfen, hat die Stadt Schleiden für allerhand Gesprächsstoff gesorgt. Der Stadtrat hat die Pläne der Verwaltung vergangene Woche in seiner jüngsten Sitzung einstimmig abgesegnet. „Wir wollen den Prozess der Enteignung nicht in Gang setzen, müssen ihn aber als letztes Mittel zum Schutz der Bevölkerung in Betracht ziehen“, betonten Bürgermeister Ingo Pfennings und der Beigeordnete Marcel Wolter.

Wie berichtet, hatte die Stadt drei Bereiche an Urft und Olef ausgewählt, die aufgrund ihrer Lage und Größe für die Anlage von Retentionsflächen geeignet sind. Dazu gehören ein Areal an der Urft zwischen Gemünd und Anstois sowie zwei weitere an der Olef zwischen Olef und Schleiden und zwischen Oberhausen und Blumenthal. Bei den Flächen handelt es sich nach Angaben der Stadt um Ackerland oder Wiesen, die abgebaggert werden sollen, um so zusätzliches Stauvolumen zu schaffen.

Rückhaltevolumen für insgesamt bis zu 320.000 Kubikmeter Wasser

Mit den Eingriffen soll auch die Fließgeschwindigkeit der Gewässer deutlich reduziert werden und so auch weniger Treibgut in die Orte gelangen, was wiederum die Gefahr von Rückstaus an den Brücken verringern soll. Nach einer vereinfachten Berechnung der Stadtverwaltung soll so auf rund 320.000 Quadratmetern Fläche ein zusätzliches Rückhaltevolumen für insgesamt bis zu 320.000 Kubikmeter Wasser geschaffen werden.

Aber nur wenige Eigentümer wollen ihre Grundstücke abgeben, obwohl die Kaufangebote laut Stadt über dem jeweiligen Bodenrichtwert liegen. Deshalb müsse in letzter Konsequenz auf Grundlage des Paragrafen 71 des Wasserhaushaltsgesetzes auch auf die Möglichkeit von Enteignungen zurückgegriffen werden.

Auch ein Flächentausch wird in Schleiden geprüft

„Den Menschen wird oft vermittelt, dass erst Hochwasserschutzmaßnahmen an Urft und Olef realisiert werden können, wenn das interkommunale Konzept des Wasserverbands Eifel-Rur vorliege“, führte Wolter aus. Deshalb würden sich viele fragen, warum die Stadt jetzt „Stress macht“.

Laut den Förderrichtlinien würden aber auch Maßnahmen aus kommunalen Konzepten zu 100 Prozent über den Wiederaufbauplan finanziert, wenn damit Siedlungsbereiche geschützt werden. „Von dieser Möglichkeit wollen wir Gebrauch machen“, erklärte Wolter. In dem Zusammenhang werde auch geprüft, ob für die benötigten Grundstücke ein Umlegungsverfahren mit Flächentausch möglich sei.

Die Rückhaltung von Wassermassen verschafft uns im Ernstfall auch Zeit, um Menschenleben zu retten.
Ingo Pfennings, Bürgermeister

„Immer wieder wird behauptet, dass man die von uns vorgesehene Fläche bei Oberhausen gar nicht benötige, wenn die geplante Talsperre am Platißbach oberhalb von Hellenthal gebaut werde“, erzählte der Beigeordnete. Doch auch die neue Talsperre werde nicht alle Hochwasserprobleme lösen: „Es gibt auch unterhalb der Talsperre viele Zuflüsse von Bächen in die Olef. Um deren Wasser aufnehmen zu können, brauchen wir die geplanten Retentionsflächen.“

Es gehe aber nicht nur darum, das Hab und Gut der Menschen zu schützen. „Die Rückhaltung von Wassermassen verschafft uns im Ernstfall auch Zeit, um Menschenleben zu retten“, erklärte Pfennings. Die Stadt Schleiden sei am Unterlauf von Urft und Olef der letzte Anlieger in der Kette, ergänzte Wolter. Deshalb sei der Druck, etwas zu tun, auch noch größer als in anderen Kommunen. Man müsse die Wassermassen abpuffern, ehe sie die Ortschaften erreichen.

Rückkaufrecht für die Grundstücke soll festgeschrieben werden

„Die Stadt kann außerdem auch nicht 20 oder 25 Jahre warten und nichts tun, bis die Platißtalsperre irgendwann fertiggestellt ist“, betonte der Bürgermeister. Schutzmaßnahmen müssten schon jetzt ergriffen werden. Es gehe auch darum, die vom Wiederaufbau finanzierten Projekte vor künftigen Zerstörungen zu bewahren.

Die Planungen der Stadt seien mit den Behörden und dem Wasserverband abgesprochen. Inwieweit die geplanten Überflutungsflächen weiter genutzt werden könnten, müsse noch geprüft werden. Falls von der Stadt erworbene Grundstücke nicht für den Hochwasserschutz benötigt würden, sollen die früheren Eigentümer sie zurückkaufen können. „Das wird in den Kaufverträgen so geregelt“, meinte der Beigeordnete.

Stadt Schleiden macht Grundstücksbesitzern ein letztes Angebot

Die Eigentümer werden jetzt ein letztes Mal angeschrieben, um ihnen ein Kaufangebot zu unterbreiten. „Das städtische Handlungskonzept ist schon mit den anderen beteiligten Behörden abgesprochen“, so Wolter. Im Herbst solle das Konzept der Politik vorgestellt und anschließend in den Wiederaufbauplan eingearbeitet werden. Dann müsse der Stadtrat endgültig entscheiden, ob auf Enteignungen zurückgegriffen werde. „2025 soll dann eine konkrete Planung erstellt und im Jahr darauf mit dem Anlegen der ersten Retentionsflächen begonnen werden“, sagte Wolter.

Auf die Pläne der Stadt hat es laut Pfennings neben Kritik auch viele positive Rückmeldungen gegeben. „Menschen, die die Flutnacht erlebt haben, sind froh, dass etwas passieren soll. Sie können nicht verstehen, warum andere nicht ihre Grundstücke für Schutzmaßnahmen zur Verfügung stellen wollen“, sagte Pfennings. Zumal es ja auch eine finanzielle Entschädigung für die Grundstücke gebe.

Das Thema werde auch in den Nachbarkommunen interessiert verfolgt. „Schließlich könnte es sein, dass sie mit ähnlichen Problemen konfrontiert werden“, so der Bürgermeister.

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