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Großeinsatz in Schleiden
Wohnhaus in Herhahn brennt nieder – Polizei geht von Brandstiftung aus

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Drei Feuerwehrleute stehen vor einem Haus in Schleiden-Herhahn, das in Vollbrand steht.

Der Dachstuhlbrand griff auf das komplette Gebäude über. Mehr als eine Stunde hatten die Einsatzkräfte zu wenig Löschwasser.

Ein Raub der Flammen ist in der Nacht zum Donnerstag ein Wohnhaus in Schleiden-Herhahn geworden. Die Feuerwehr hatte zu wenig Löschwasser.

Was geschieht, wenn die Feuerwehr einmal nicht über genug Wasser verfügt, war in der Nacht zum Donnerstag in Herhahn zu beobachten. Dort war an einem Mehrfamilienhaus an der Römerstraße ein Dachstuhl in Brand geraten.

Doch da die Leitungen nicht ausreichend Löschwasser liefern konnten, mussten die Feuerwehrleute mehr als eine Stunde lang miterleben, wie sich der Brand von der einen Seite auf das gesamte Gebäude ausbreitete und schließlich auch in die darunterliegenden Stockwerke fraß. Das Haus war zu dem Zeitpunkt unbewohnt, Menschen kamen durch das Feuer nicht zu Schaden.

Der Brand war beim Eintreffen der Feuerwehr weit fortgeschritten

Bereits bei Ankunft der gegen 0.40 Uhr alarmierten Feuerwehr züngelten die ersten Flammen zwischen den Dachziegeln hervor. „Da war schon abzusehen, dass das Feuer sich schnell ausbreitet“, berichtete Einsatzleiter Wolfgang Fuchs. Der Brand sei da bereits weit fortgeschritten gewesen. Trotzdem ging sofort ein Trupp unter Atemschutz in das Haus, um festzustellen, ob eine Brandbekämpfung von unten möglich sei. Die beiden Feuerwehrmänner mussten aber schnell wieder zurückgezogen werden, da die Gefahr für sie zu groß wurde.

Rund 90 Feuerwehrleute aus Herhahn, Gemünd, Schleiden, Dreiborn, Harperscheid und Scheuren waren im Einsatz, zudem der Rettungsdienst, die Besatzung des Atemschutzcontainers aus dem Brandschutzzentrum und das DRK, das für die Verpflegung der Einsatzkräfte sorgte. Mit dem verfügbaren Wasser wurde eine Riegelstellung an der Südseite des Hauses eingerichtet, um die dortigen Gebäude vor einem Übergreifen der Flammen zu schützen. Auch wurden immer wieder Löschversuche von der Drehleiter aus gestartet, die allerdings nur kurzfristige Erfolge brachten.

Die Löschwasserversorgung stellte ein großes Problem dar

Um ausreichend Wasser an den Brandort zu bekommen, wurde eine Schlauchleitung vom Gewerbegebiet aus gelegt. Dazu kam der Oberhausener Schlauchanhänger zum Einsatz, der 1,6 Kilometer Schläuche abrollbereit zur Verfügung stellt. Außerdem wurde ein Pendelverkehr eingerichtet, mit dem Wasser aus Vogelsang mit Feuerwehrfahrzeugen nach Herhahn gebracht wurde.

Einige Feuerwehrleute stehen vor einem brennenden Haus in Schleiden-Herhahn.

Mehr als eine Stunde waren die Feuerwehrleute nahezu machtlos, da nicht ausreichend Löschwasser zur Verfügung stand.

Doch bis diese Maßnahmen griffen, dauerte es letztendlich mehr als eine Stunde, in der sich das Feuer auf den Gebäudekomplex ausbreiten konnte. Da die Gefahr bestand, dass Giebelwände auf die Straße stürzen könnten, wurde auch die Drehleiter aus dem Gefahrenbereich, dem sogenannten Trümmerschatten, hinaus verlegt.

Bis etwa 8 Uhr dauerten die Löscharbeiten durch die Schleidener Feuerwehr. Wegen Einsturzgefahr ist der Brandort abgesperrt.

Die Polizei geht von Brandstiftung aus und setzt spezialisierte Hunde ein

Bereits am Vormittag waren Brandexperten der Kriminalpolizei vor Ort, um zur Ursache des Brandes zu ermitteln. Die Polizei geht, wie Sprecherin Christina Specht, mitteilte, von vorsätzlicher Brandstiftung aus. Bereits in der Nacht hatte die Polizei vor Ort bestätigt, dass Anwohner einen Knall und anschließend ein Fahrzeug gehört hatten, das sich schnell entfernte. Zu dem Zeitpunkt sei auch der Brand entdeckt und gemeldet worden.

Vor einem ausgebrannten Haus geht ein Polizist mit der Brandspürhündin Saphira über eine Wiese.

Brandspürhündin Saphira, die auch noch die kleinsten Rückstände von Brandbeschleunigern riechen kann, kam am Donnerstag zum Einsatz.

Zum Einsatz kam bei den Ermittlungen auch die Brandspürhündin Saphira. Die achtjährige Malinoishündin war mit Diensthundeführer Ralph Busse vom Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW aus Schloss Holte-Stukenbrock in die Eifel gekommen, um etwaige Spuren zu sichern. „Diese Hunde können auch nach einem derartigen Brand noch Brandbeschleuniger wahrnehmen“, sagte Busse. Saphira und ihr vierjähriger Kollege Eragon stammen aus der polizeieigenen Diensthundezucht, die in Schloss Holte-Stukenbrock angesiedelt ist.

Sie sind nur für die Brandermittlung trainiert worden. Es gebe auch Leichensuchhunde, Mantrailer oder Sprengstoff-, Datenträger- und Drogensuchhunde, doch es sei besser, sie nur auf jeweils einen Bereich zu spezialisieren. „Ansonsten wird man der Sache nicht gerecht“, betonte Busse. Auch mit der Drohne des VU-Teams der Kreispolizei wurde der Brandort überflogen und dokumentiert.

Das Haus in Herhahn sorgte bereits für Schlagzeilen

Bei dem Gebäude handelt es sich um einen weitläufigen Komplex, in dessen Erdgeschoss auch mehrere Garagen sind. Das Gebäude hat schon in den Vorjahren Schlagzeilen gemacht. 2015 und 2023, so erinnern sich Anwohner, seien dort illegale Marihuanaplantagen ausgehoben worden.

Wie die Polizei mitteilte, verbüßt der ehemalige Bewohner des Hauses aktuell noch die Haftstrafe, zu der er wegen des illegalen Marihuanaanbaus verurteilt wurde. Nach Informationen dieser Redaktion hat das Gebäude mittlerweile aber einen neuen Besitzer.

Schleiden hat ein Konzept fürs Löschwasser entwickelt

Dass es in Herhahn Probleme mit der Löschwasserversorgung gibt, sei keine neue Erkenntnis, so Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings. Die Erfahrung sei bereits bei einem Einsatz vor einem Jahr gemacht worden. Aus diesem Grund sei durch den Chef der Schleidener Feuerwehr, Wolfgang Fuchs, ein Löschwasserkonzept erstellt worden, das vorliege und demnächst im Rat vorgestellt werden soll.

An einem Hydranten in einer Straße in Herhahn sind über ein Standrohr zwei Feuerwehrschläuche angeschlossen.

Die Trinkwasserleitung lieferte zu wenig Wasser für den Feuerwehreinsatz.

Fuchs identifizierte dabei einige Bereiche im Stadtgebiet, an denen es Probleme mit dem Löschwasser gibt. „Die Leitungen geben es nicht her“, sagte er. Dabei sei noch nicht einmal der Wasserdruck das entscheidende Problem, sondern tatsächlich die Wassermenge, die nicht ausreiche. Deshalb sei es auch nicht die Lösung, den Druck in der Leitung zu erhöhen – das könnte im schlimmsten Fall bei einem in die Jahre gekommenen Leitungsnetz zu weiteren Problemen führen.

„Die geringere Wassermenge kommt zum einen durch die Verwendung von dünneren Rohren zustande, mit der die Verkeimung des Trinkwassers verhindert werden soll“, erläuterte Fuchs. Auch werden laut Fuchs bei Reparaturen defekter Leitungen oft Inlays verwendet, die ebenfalls den Querschnitt der Rohre verringern. Von dem Problem betroffen seien mehrere Bereiche der Stadt Schleiden. Defizite gebe zum Beispiel in Herhahn und Morsbach, aber auch in Gemünd an der Batterie, im Bereich Hohenfried oder in den höher gelegenen Ortsteilen von Oberhausen.

Nun werden Tanklaster beschafft und Wasserentnahmestellen installiert 

Mit einer Reihe von kurz- und mittelfristigen Maßnahmen solle das Problem der mangelnden Löschwasserversorgung angegangen werden. Denn in der ländlich strukturierten Eifel, in der die Infrastruktur für relativ wenige Bewohner vorgehalten werde, seien Investition in neue Leitungen aufwendig. So sollten an Urft und Olef Wasserentnahmestellen für die Feuerwehr eingerichtet werden.

Vor allem aber sollen zwei Tankwagen beschafft werden, die jeweils eine Wassermenge von mehr als 10.000 Litern transportieren. Ein derartiges Fahrzeug, einen umgebauten Milchlaster aus dem Bestand der Feuerwehr Weilerswist, hat die Schleidener Feuerwehr bei einer Waldbrandübung bereits getestet.

Mit einem Pendelverkehr dieser beiden Fahrzeuge, in den weitere Feuerwehrfahrzeuge eingebunden werden, würde die Feuerwehr in den problematischen Bereichen wieder handlungsfähig, so Fuchs.

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