Streit in Schleidener Bus eskaliertGeschädigter erscheint nicht zu Prozessauftakt

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Schleiden-Gemünd – Ein wenig stellen Prozesse vor dem Amtsgericht für den regelmäßigen Beobachter so etwas wie eine Wundertüte dar: Man weiß nie, was drin ist. Alltäglicher Kleinkram, der für die Betroffenen trotzdem ihr eigenes, persönliches Drama darstellt, Gewohnheitskriminelle, aufsehenerregende Auseinandersetzungen oder mitunter auch kuriose Sachverhalte.
Oder auch Fälle wie die Anklage gegen einen Schleidener wegen Volksverhetzung, der in seinem Facettenreichtum ein Musterbeispiel für die Probleme ist, die sich mitunter dem Gericht stellen: etwa sich widersprechende Zeugenaussagen, einen reumütigen Angeklagten, der zwar der Anklage widerspricht, jedoch keine Einlassung gibt, und einen Hauptgeschädigten, der erst gar nicht zum Gerichtstermin erscheint.
Rassistische Beleidigungen gegen Busfahrer und Fahrgäste
Und eine schwierige Rechtslage, die immer wieder zu juristischen Grundsatzdiskussionen zwischen Richterin Claudia Giesen und Verteidiger Hermann-Josef Juncker führte. Ab wann ist eine Beleidigung tatsächlich eine Volksverhetzung, ein Angriff auf die Menschenwürde, der geeignet sei, die öffentliche Ordnung zu stören? Diese Frage stellt Juncker in den Raum – und damit die Anklage gegen seinen Mandanten gleich infrage.
Im November 2020 war der Schleidener mit einer Gruppe in den Bus nach Gemünd eingestiegen. Der alkoholisierte Mann trug keinen Mundschutz und trank im Bus aus einer Bierflasche. Daraufhin wurde er vom Busfahrer an der nächsten Haltestelle aufgefordert, die Bierflasche zu entsorgen. Der Angeklagte kam der Aufforderung nach, beschimpfte aber den Busfahrer mit den Worten, er solle sein Maul halten, er könne froh sein, dass er hier arbeiten dürfe.
Danach, so die Schilderungen der Zeugen, sei der Angeklagte nach vorne gegangen und dort in Streit mit einem dunkelhäutigen Fahrgast und einer Frau geraten, die sich in den Disput einmischte. Hierbei sollen Begriffe wie „Neger“ oder „Kanake“ und andere Beleidigungen gefallen sein. Der Busfahrer hielt schließlich an der Schleidener Polizeiwache, bis Beamte die Situation klärten.
Staatsschutz nahm Ermittlungen auf
Direkt am nächsten Tag hatte der Angeklagte einen Brief an die Polizei geschrieben. Er wisse zwar nicht mehr genau, was er gesagt habe, da er sehr alkoholisiert gewesen sei, doch er wolle sich bei den Geschädigten entschuldigen. Er bat die Polizei, einen Kontakt herzustellen. Dazu kam es nicht, dagegen nahm der Staatsschutz Ermittlungen in der Sache auf, die schließlich zur Anklage führten.
Wer jetzt aber wann wo was und wie gesagt hatte, darüber gab es vor Gericht unterschiedliche Aussagen. So berichtete der Busfahrer von einer „gefährlichen Situation“. Der dunkelhäutige Fahrgast sei mit ihm nach hinten gegangen, als er den Schleidener aufgefordert habe, die Bierflasche zu entsorgen, und habe mit ihm gestritten. „Die beiden haben sich nichts geschenkt“, sagte er aus. An genaue Worte könne er sich aber nicht mehr erinnern.
Hauptgeschädigter erschien nicht vor Gericht
Die Frau, die sich dann einmischte, sagte dagegen aus, der Beschimpfte sei ruhig geblieben und habe nichts gesagt. Bereits an der Bushaltestelle sei der Mann von der Gruppe bedrängt worden. Auch sie schilderte die Situation im fahrenden Bus als bedrohlich. Sie habe sich um ihre Kinder gesorgt.
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Wie der Hauptgeschädigte die Situation erlebt hatte, blieb allerdings ungeklärt, da der Mann die Ladung ignoriert hatte und auch von einer Polizeistreife nicht an seiner Wohnadresse angetroffen wurde. Um seine Aussage zu hören, wurde die Verhandlung auf den 25. November vertagt.