Schweiß, Tränen und Gaffa-TapeEuskirchener fotografiert alle 129 Sportplätze im Kreis

Lesezeit 4 Minuten
Auch der Nebel verdeckt nicht, dass das Tor in Herhahn mit Klebeband geflickt worden ist.

Auch der Nebel verdeckt nicht, dass das Tor in Herhahn mit Klebeband geflickt worden ist.

  • Rocco Bartsch hatte die Idee, alle Sportplätze im Kreis Euskirchen zu fotografieren
  • Manche sind modern, andere sind vom Verfall gezeichnet
  • Bartsch findet, jeder Platz hat seinen ganz eigenen Charme

Kreis Euskirchen – Im Fußballkreis Euskirchen gibt es 129 zugängliche Sportplätze. 83 Plätze haben saftiges Grün als Untergrund. Hinzu kommen 33 Aschenplätze und zwölf Kunstrasenplätze. Auf ungefähr 75 von ihnen wird derzeit gespielt – von Erftstadt im Norden bis Dahlem im Süden und von Schöneseiffen im Westen bis nach Houverath im Osten.

In Hollerath verleiht eine kleine Holztribüne dem Sportplatz ein nostalgisches Antlitz.

In Hollerath verleiht eine kleine Holztribüne dem Sportplatz ein nostalgisches Antlitz.

„Am Anfang stand die Idee, alle Plätze zu fotografieren“, sagt Rocco Bartsch. Schnell sei aus der Idee ein fixer Plan geworden – ein Plan, der Wille, Ehrgeiz aber auch viel Zeit beansprucht habe, berichtet der Mechernicher. Mehr als 1000 Kilometer sei er kreuz und quer durch den Kreis gefahren. 14 Sportplätze an einem Tag standen mitunter auf dem Programm. Schließlich wollte er eine Fotoserie aller Fußballplätze im Fußballkreis Euskirchen innerhalb einer Saison realisieren.

Individuellen Charme der Plätze einfangen

„Die große Herausforderung lag darin, dass die Plätze in ihrer vollen Pracht dokumentiert wurden, ohne dass darauf ein Fußballspiel stattfand“, erklärt Bartsch sein Projekt. Einzig die Lage des Platzes mit all seinen Feinheiten habe im Vordergrund gestanden: „Es war interessant zu sehen, wie die Vereine ihrer Anlage den individuellen Charme gegeben haben.“

Auf dem Sportplatz in Dürscheven finden keine Fußballspiele mehr statt. Der Platz vegetiert vor sich hin.

Auf dem Sportplatz in Dürscheven finden keine Fußballspiele mehr statt. Der Platz vegetiert vor sich hin.

So gebe es beispielsweise in Hollerath einen Naturrasen, der fernab vom Dorf in einem kleinen Waldstück liege. Mit Liebe und Hingabe haben die Vereinsverantwortlichen laut Bartsch dem tief liegenden Platz mit einer kleinen, selbsterrichteten Holztribüne das gewisse Etwas verliehen. Ganz anders das Bild in Steinfeld: Der Naturrasenplatz mit einfacher Umrandung aus einem Metallgestänge dient maximal noch dem Schulsport. Ein Tor sei schon stark in Mitleidenschaft gezogen worden, und es gebe weder eine Umkleidemöglichkeit, noch ein Toilettengebäude.

Euskirchener Erftstadion ist das größte im Kreis

„Wie es aussieht, wenn sich niemand mehr für eine Sportanlage zuständig fühlt, kann man in Weiler in der Ebene und Dürscheven erkennen“, erklärt der Hobby-Fotograf. Wurde auf beiden Anlagen vor wenigen Jahren noch Fußballspiele ausgetragen, haben dort mittlerweile Unkraut und Rost Einzug gehalten.

Das Gras wächst ungehindert vor sich hin: Der Sportplatz in Alendorf wird nicht mehr für den Spielbetrieb genutzt.

Das Gras wächst ungehindert vor sich hin: Der Sportplatz in Alendorf wird nicht mehr für den Spielbetrieb genutzt.

Das krasse Gegenteil dazu sei das Euskirchener Erftstadion, das gut gepflegt sei, obwohl in der vergangenen Saison dort lediglich mehrere Leichtathletikveranstaltungen, Kleinfeldturniere und ein großer Boxabend ausgetragen wurden. Mitsamt seiner überdachten Sitzplatztribüne und den Stehtraversen ist das Stadion in der Kreisstadt das größte im Kreis.

Auch schon mal durch den Zaun gestiegen

Bartsch: „Mit ähnlicher Dominanz kommt nur noch der Sportplatz der einstigen NS-Anlage in Vogelsang daher, was mit seinem geschichtlichen Zusammenhang zu tun hat.“ Auch wenn mittlerweile Hasen und kleinere Kriechtiere das Geschehen auf dem Unkraut übersähten Naturrasen bestimmen, sei alleine schon die Lage des Platzes eine Anfahrt wert. „Auf der einen Seite erblickt man die Ausläufer des Rursees und im Hintergrund prangt an der damaligen Ehrentribüne ein Sportlerrelief aus Lavastein mit Einschusslöchern“, so Bartsch.

Während die meisten Sportplätze frei zugänglich seien, habe er bei einigen vor verschlossener Tür gestanden. „In Winten, Kleinbüllesheim und Blessem war ich auf Vereinsangehörige angewiesen, die aber alle kooperativ waren und den Zugang ohne Probleme ermöglicht haben“, erzählt Bartsch. Manchmal habe er aber auch ein Schlupfloch im Zaun genutzt, um an seine Bilder zu kommen.

Am Sportplatz in Nemmenich ist eine Bande in die Jahre gekommen und löst sich teilweise auf.

Am Sportplatz in Nemmenich ist eine Bande in die Jahre gekommen und löst sich teilweise auf.

Bartsch: „An vielen Plätzen nagt mittlerweile gewaltig der Zahn der Zeit. Es ist nicht verwunderlich, dass angesichts des Vereinssterbens die Sportanlagen mehr und mehr verfallen.“ Es sei schade, dass Plätze wie die in Baasem, Bodenheim, Dollendorf oder Lorbach nicht mehr genutzt würden und sie bald wohl so aussähen wie der im Mechernicher Ortsteil Bergheim.

„Dort ist lediglich die alte Spielfläche noch vorhanden und bei beiden Toren fehlt mittlerweile schon die Latte. „Auch am Swisterberg in Weilerswist, wo eine riesige Rasenfläche, umzäunt von Autobahnleitplanken, die ein oder andere Fußballschlacht erlebt haben dürfte, droht das Aus, weil der Platz verlassen wurde“, so Bartsch.

Keinen Knick in der Optik: In Frohngau schlängelt sich die hölzerne Begrenzung um den ganzen Platz.

Keinen Knick in der Optik: In Frohngau schlängelt sich die hölzerne Begrenzung um den ganzen Platz.

„Jeder Platz hat seinen eigenen Charakter“

Auf den vielen Kilometern durch den Kreis seien es aber letztlich die schönen Dinge gewesen, die am Ende überwogen hätten. Das Nebelshooting in Herhahn, die klirrende Winterkälte in Nierfeld oder der Bienenschwarmangriff in Sötenich seien ihm in Erinnerung geblieben, sagt Bartsch . „Hinzu kommen die Irrfahrten nach Rohr oder nach Rupperath, wo sogar das Navigationsgerät gestreikt hat“, fügt der Mechernicher schmunzelnd hinzu.

Das könnte Sie auch interessieren:

Umso schöner seien die Eindrücke gewesen, die er unterwegs gesammelt habe. In Udenbreth war es der Aussichtsturm am Platz, und in Dahlem ist es die auf dem Aschenplatz über die komplette Gerade gehende Unterstellmöglichkeit bei Regen. „Jeder Platz hat seinen eigenen Charakter, und in jedem von ihm steckt eine Geschichte. Diese zu bewahren und fotografisch festzuhalten, war mir wichtig“, so Bartsch.

KStA abonnieren