Beigeordneter Oliver Knaup„Euskirchen ist besser als sein Ruf“

Seit 1. April 2013 Technischer Beigeordneter der Stadt Euskirchen.
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Euskirchen – Herr Knaup, wie sind Sie in Euskirchen aufgenommen worden?
Oliver Knaup: Mit Neugier, großer Offenheit und Professionalität. Die Mitarbeiter haben mich darin toll unterstützt, schnell zurechtzukommen. Der Fachbereich Stadtentwicklung und Bauordnung war sicher froh, wenigstens ein neues Gesicht zu haben, nachdem klar war, dass innerhalb von fünf Monaten fünf Mitarbeiter ausscheiden werden.
Hatten Sie eine gute Einarbeitungszeit?
Knaup: Nein, eine richtige Einarbeitungszeit habe ich nicht gehabt. Der Informationsprozess läuft parallel zur Erledigung des laufenden Geschäftsbetriebs. Wichtig war mir auch, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich kennenzulernen. Das ist wegen Urlaubs und Teilzeit nicht ganz einfach gewesen, und es dauert sicher noch einige Zeit, jedes Gesicht sofort mit einem Namen zu verbinden.
Haben Sie schon Stärken und Schwächen der Stadt Euskirchen ausgemacht? Was muss dringend besser werden?
Knaup: Ich glaube, Euskirchen ist die Stadt der Burgen und Baustellen. Die Burgen stehen für die Stärken, die sicher darin liegen, dass wir trotz der Haushaltslage aktiv sind. Wir besitzen entwicklungsfähige und vermarktbare Flächen, so dass man selbstbestimmt handeln kann. Es gibt auch genügend Wohnbau- und Gewerbeflächen, die privat vermarktet werden, nicht so wie in Warendorf, wo Familien mit Flyern nach Wohnraum suchen.
Außerdem ist Euskirchen eine sehr starke Einzelhandelsstadt und hat das volle Bildungsangebot, das junge Familien erwarten. Ferner gibt es alle Behörden, ein außergewöhnliches ÖPNV-Angebot, eine gute Verkehrsanbindung, eine sehr attraktive Lage zwischen Ballungsraum und Naturraum. Euskirchen ist überschaubarer als Großstädte wie Aachen, Bonn oder Köln, was viele Menschen bevorzugen. Seit Kurzem bietet der örtliche Versorger, die Regionalgas Euskirchen, alle Versorgungsmedien aus einer Hand an, auch die regenerativen.
Jetzt zu den Baustellen.
Knaup: Die gibt es in jeder Stadt. In den ersten 14 Wochen ist mir aufgefallen, dass die Euskirchener ihre Stadt nicht wirklich wertzuschätzen wissen, obwohl man doch vieles aufzuweisen hat. Vielleicht müsste man die Stadt besser vermarkten. Ich habe ferner den Eindruck gewonnen, dass die öffentliche Infrastruktur besser gepflegt werden muss.
Euskirchen lebt von der Substanz. Das gilt vor allem für Straßen und Gebäude, nicht für Grünflächen, die ideenreich gestaltet und gepflegt werden. Schließlich habe ich den Eindruck gewonnen, dass Euskirchen die wirtschaftlichen Chancen nicht nutzt, die sich aus möglichen Klimaschutzaktivitäten oder dem Einsatz regenerativer Energien ergeben können. Da sind andere fortschrittlicher.
Schweben Ihnen Änderungen in Ihrem Dezernat vor?
Knaup: Intern müsste die Ausstattung verbessert und die 3,5 vorhandenen, aber unbesetzten Planerstellen im Fachbereich Stadtentwicklung und Bauordnung besetzt werden.
Außerdem erscheint mir ein Baukontrolleur sehr wichtig. Gerade Stadtentwicklung und Bauordnung sind ein wesentlicher Garant für ein gutes Investitionsklima und eine weiterhin zukunftsorientierte Ausrichtung der Stadt.
Wie lautet Ihr erstes Zwischenfazit?
Knaup: Die Stadt ist besser als ihr Ruf. Wir sollten nur weniger mit den Umständen hadern und stattdessen die Chancen ergreifen, die sich ergeben, um langfristig eine moderne und attraktive Ausrichtung der Stadt zu erhalten.
Wo liegen derzeit die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Knaup: Die meiste Zeit verbringe ich mit der Organisation von Planverfahren und Projekten, insbesondere zur City-Süd. Hinzu kommen laufende Maßnahmen wie das Sanierungsgebiet Viehplätzchen-Viertel, die Feuerwache oder das Badeparadies.
Schließlich beschäftige ich mich intensiv mit der Organisation und der Ausrichtung im Dezernat. Ich möchte mehr Transparenz beim Verwaltungshandeln erreichen. Der Dienstleistungsgedanke muss weiter ausgebaut werden, um den Ansprüchen der Bevölkerung gerecht zu werden.
Was heißt das konkret?
Knaup: Leider muss das Baudezernat häufig Vorhaben ablehnen oder einschränken. Auch bei Planvorhaben kann man niemals allen gerecht werden. Mein Ziel ist es, dass die Entscheidungen besser begründet werden und dass ausgelotet wird, was unter den jeweiligen Umständen noch möglich ist.
Manchmal reicht es aus, wenn man eine weniger bürokratische Formulierung verwendet, und manchmal, wenn den Argumenten des anderen mehr Gehör geschenkt wird.
Westfalen und Rheinländern wird ein nicht immer einfaches Verhältnis nachgesagt. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Knaup: Westfalen und Rheinland sind tatsächlich eine andere Welt. Ich komme aber mit beiden Welten klar und versuche, das Beste aus beiden Welten auszuwählen.
Die sprichwörtliche rheinische Mentalität findet man auch in Westfalen, aber auf anderen Aufgabenfeldern und Entscheidungsebenen. Mich ärgert vor allem, wenn außer Acht gelassen wird, dass Vorschriften für die Menschen und nicht für die Verwaltung gemacht wurden. Und das geschieht ab und zu in beiden Landesteilen.