Die zweigruppige Einrichtung ist nach Angaben der Stiftung defizitär. Das Aus kommt für Eltern, Kinder und Mitarbeitende überraschend.
Eltern protestierenKita am Marien-Hospital Euskirchen schließt zum Jahresende

Kinder und Eltern reagieren mit Unverständnis auf die geplante Schließung der Kita am Krankenhaus.
Copyright: Tom Steinicke
Die Kindertagesstätte am Marien-Hospital Euskirchen schließt zum 31. Dezember. Das kommt für Eltern und Mitarbeitende überraschend. Nach Informationen dieser Zeitung erfuhren die Beteiligten vor drei Tagen von der Entscheidung der Stiftung Marien-Hospital, die zweigruppige Einrichtung zu schließen, in einem kurzfristig einberufenen Elternabend.
„Ich kann den Frust der Eltern nachvollziehen, aber wir müssen als Stiftung auch darauf achten, dass wir wirtschaftlich sind“, sagt Tobias Hopmann, Vorsitzender der Stiftung Marien-Hospital.
Einige Kinder befinden sich noch in der Eingewöhnungsphase
Die Kita sei vor vielen Jahren als Betriebskita an den Start gebracht worden. Aktuell seien aber nur noch zwei Kinder von Mitarbeitenden des Krankenhauses in der Kita angemeldet, so Hopmann. Das sei zudem keine einmalige Beobachtung, sondern komme schon länger vor. „Der Bedarf ist einfach nicht da“, sagt Hopmann: „Die Einrichtung ist defizitär und der Aufwand, eine Kita zu betreiben, ist extrem hoch. Das lohnt sich einfach nicht, zumal in unmittelbarer Nähe eine große, neue Kita am Netz ist.“ Damit meint Hopmann die Kita „Weiße Erde“, die am Rande des gleichnamigen Neubaugebiets errichtet worden ist.
Die Abteilung Jugend und Familie des Kreises Euskirchen zeigt Verständnis für die Belastung der Eltern, zumal einige Kinder sich aktuell noch in der Eingewöhnungsphase befänden und sie sich zum Jahreswechsel an eine andere Kita, ein neues Umfeld und neue Erzieherinnen gewöhnen müssten.
Derzeit stehen 133 freie Betreuungsplätze zur Verfügung
„Es ist selbstverständlich nachvollziehbar und war auch vorhersehbar, dass die Schließung der Kita eine sehr belastende Situation für Kinder, Eltern und Mitarbeitende auslöst“, heißt es auf Anfrage dieser Redaktion aus der Kreisverwaltung. Die Entscheidung zur Schließung habe allein die Stiftung Marien-Hospital als Träger getroffen und die zuständige Abteilung rechtzeitig informiert. Auch der Zeitpunkt der Schließung sei ohne Beteiligung des Jugendamtes festgelegt worden.
Um den betroffenen Familien zu helfen, hat die Kreisverwaltung nach Angaben von Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises, eine Abfrage bei allen Kitaträgern im Stadtgebiet Euskirchen gestartet. Ergebnis: Derzeit stehen 133 freie Betreuungsplätze für Kinder unter zwei, unter drei und über drei Jahren in 15 Einrichtungen zur Verfügung. Die Kita „Weiße Erde“ ist Luftlinie rund 300 Meter entfernt.

Die Kita befindet sich im Erdgeschoss des Verwaltungsgebäudes.
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Den Eltern geht es mitunter aber nicht um die Entfernung. „Wir haben uns bewusst für eine kleine Kita, einen kleinen pädagogischen Rahmen entschieden“, sagt eine Mutter im Gespräch mit dieser Zeitung.
Von einem Teil der Elternschaft wird vor allem der Zeitpunkt der Schließung kritisiert. Nach derzeitigen Planungen ist der letzte der Tag der Kita am 20. Dezember. „Einige Kinder sind mit ihren Eltern gerade in der Eingewöhnungszeit. Jetzt müssen sie sich im Januar wieder an eine neue Umgebung gewöhnen“, so eine andere Mutter: „Das ist teilweise auch schwer mit dem Arbeitgeber zu verhandeln, weil die ja auch Rücksicht auf die Eingewöhnung nehmen müssen.“ Eine Schließung zum jeweiligen Kindergartenjahr wäre aus Sicht der Eltern die sinnvollere Variante gewesen.
Einen richtigen Zeitpunkt für eine solche Entscheidung gibt es nicht.
Nicole Nettersheim, Pressesprecherin des Marien-Hospitals, sagt: „Einen richtigen Zeitpunkt für eine solche Entscheidung gibt es nicht.“ Für Kinder und Mitarbeitende bestehen laut Nettersheim „sehr gute Perspektiven, da in Stadt und Kreis Euskirchen zahlreiche Stellen für pädagogische Fachkräfte vakant sind“.
„Wir verstehen nicht, wie eine Kita, die für Qualität, Engagement und Herzensbildung steht, geschlossen werden soll“, heißt es zudem vom Elternrat. Wie die betroffenen Eltern im Gespräch mit dieser Zeitung berichten, wollen sie formellen Widerspruch beim Jugendamt einlegen. Zudem ist ein Gespräch mit Landrat Markus Ramers für die kommende Woche anvisiert.
Elternrat: Noch am 1. Oktober wurde ein Kind aufgenommen
Dass man letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei, sei menschlich enttäuschend. „Wir fordern keine Sonderbehandlung – nur Fairness, Transparenz und die Chance, dass die Kita weiterbestehen darf“, so der Elternrat. Er ist auch darüber verwundert, dass noch am 1. Oktober ein Kind aufgenommen worden sei. „Das hätte man sich dann auch sparen können“, so eine Mutter.
Wie Andres berichtet, wurde den Eltern über den Träger ein Informationsbrief des Jugendamtes ausgehändigt. Darin wird Andres zufolge empfohlen, sich direkt an das Familienbüro des Kreises zu wenden. „Dort können wir anhand der aktuellen Übersicht gezielt Kitas nennen, in denen Plätze frei sind“, so die Behörde. Erste Anfragen per Telefon und E-Mail seien bereits eingegangen.
Die Einrichtung wurde mit viel Engagement und Herzblut geführt.
Ein möglicher Wechsel der Trägerschaft – etwa zum Kinderschutzbund Euskirchen – war bereits im Sommer 2024 geprüft worden, scheiterte jedoch an den gesetzlichen Vorgaben. Ein Trägerwechsel muss beim Land NRW beantragt werden. „Voraussetzung ist ein nachgewiesener dringender Bedarf an weiteren Kitaplätzen“, erläutert die Kreisverwaltung: „Im Stadtgebiet Euskirchen besteht ein solcher Bedarf derzeit nicht.“ Daher seien beide Träger frühzeitig beraten worden, von diesem Schritt Abstand zu nehmen.
In den vergangenen Jahren wurde der Ausbau der Kindertagesbetreuung im Kreis Euskirchen stark vorangetrieben. Auch im Stadtgebiet wurden neue Gruppen geschaffen. „Im März 2024 waren noch zehn zusätzliche Gruppen in drei weiteren Kitas geplant“, heißt es aus dem Jugendamt. Doch als sich im Laufe des Jahres zeigte, dass nicht alle vorhandenen Plätze genutzt wurden, beschlossen Stadt und Kreis gemeinsam, den Ausbau zu stoppen oder anzupassen. So wurde etwa die vor wenigen Tagen eröffnete Kita am Jülicher Ring nicht als eigenständige Einrichtung mit sechs Gruppen eröffnet, sondern es wurden zwei bestehende städtische Kitas zusammengelegt. Andere Ausbaupläne ruhen derzeit.
„Wie angemessen diese Vorgehensweise war, zeigt sich an den aktuell mehr als 130 freien Plätzen im Stadtgebiet“, so die Kreisverwaltung. Trotz der schwierigen Umstände betont die Kreisverwaltung die hohe Qualität der Arbeit in der Kita Marien-Hospital. „Die Einrichtung wurde mit viel Engagement und Herzblut geführt“, heißt es.
Besonders gelobt werden die durchdachte Raumgestaltung, die Materialauswahl und der regelmäßige Austausch zur Qualitätsentwicklung. Sinkende Anmeldezahlen hätten die wirtschaftliche Lage jedoch so stark belastet, dass die Entscheidung des Trägers nachvollziehbar sei, so die Kreisverwaltung.

