Münzfund bei Baggerarbeiten„Haben Sie in Euskirchen schon Gold gefunden?“

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Der Grabungsleiter mit Unterlagen am Rande der Baugrube.

Grabungsleiter Achim Koopmann sicherte den Fund in der Baugrube an der Ecke Neustraße/Berliner Straße.

Die Aufregung in Euskirchen über den Fund eines Münzschatzes war verfrüht. In einem Gefäß befanden sich lediglich drei korrodierte Bronzemünzen. 

Die Nachricht, dass in Euskirchen bei Baggerarbeiten Münzen gefunden wurden, kursierte in der Kreisstadt schneller, als den Archäologen lieb war. Gerade in der Anfangsphase von Funden wollen sie in Ruhe arbeiten. Und auf keinen Fall, dass Hobbysucher mit Metalldetektoren über eine Grabungsstelle herfallen.

Aus „Münzen“ wurde bei der Weiterverbreitung der Nachricht recht schnell „Münzschatz“, das Adjektiv „wertvoll“ stieß bald auch hinzu und schließlich war gar von einem „Goldschatz“ die Rede.

Euskirchener Münzen stammen vermutlich aus dem 19. Jahrhundert 

Achim Koopmann, Grabungsleiter der archäologischen Fachfirma „A bis Z Archäologie“ aus Bornheim, die für die Stadt Euskirchen die laufenden Sanierungsarbeiten in der Euskirchener Innenstadt begleitet, kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: „Ja, wir haben wirklich was gefunden.“ Und er kennt die Neugier der Leute, wenn Archäologen im Boden wühlen: „Jeder Zweite fragt uns dann, ob wir schon Gold gefunden haben.“

Doch im Fall des Euskirchener Funds besteht der „Goldschatz“ lediglich aus drei extrem korrodierten und miteinander verbackenen Bronzemünzen. Eine genaue Bestimmung ist noch nicht möglich gewesen, da die Prägung der Münzen noch nicht zu erkennen sei. „Aber wenn ich schätzen soll, würde ich sagen, sie stammen aus dem 19. Jahrhundert“, sagt Koopmann. Und damit hält sich sein Interesse an diesem „Schatzfund“ deutlich in Grenzen.

Die drei korrodierten Bronzemünzen auf einer Folie. Die Münzprägung ist nicht zu erkennen.

Bei Bauarbeiten in der Euskirchener Innenstadt wurde ein Gefäß gefunden, in denen sich drei völlig korrodierte Bronzemünzen befanden.

Das gilt auch für das Gefäß, indem sich die drei Münzen befanden. Dabei handelte es sich um Westerwälder Steinzeug mit der typisch grau-blauen Lasur, wie es im 18./19. Jahrhundert im Alltagsgebrauch war und es der ein oder andere auch heute noch aus dem Fundus der Großmutter besitzt.

Freigelegte Mauerreste stammen von einem früheren Haus

Deutlich spannender war da für ihn, was die Baggerschaufel noch zutage gebracht hatte.

Koopmann war zufällig anwesend, als die Baufirma an der Ecke Neustraße/Berliner Straße einen Hydranten setzte. Dabei stieß die Baggerschaufel auf Mauerreste, die den Grabungsleiter interessierten. Anhand alter Karten wie der Tranchot-Karte weiß Koopmann, dass in früherer Zeit in diesem Bereich der alte Mühlengraben verlief.

Die weiß-blaue Färbung des verkrusteten Gefäßes ist zu erkennen. Davor liegt ein Lineal zu Größenbestimmung.

Bei dem gefundenen Gefäß handelt es sich um früher alltägliches Westerwälder Steingut.

Doch auch der Mauerfund ist nicht wirklich antik. Wie sich herausstellte, handelte es sich um die Reste eines Gebäudes, das etwa aus dem 19. Jahrhundert/Anfang 20. Jahrhundert stammt. Für Stadthistoriker interessant, aber ebenfalls keine archäologische Sensation.

Am Fuß dieser Mauerreste fanden die Archäologen auch das Gefäß mit den drei Bronzemünzen.

Eine archäologische Sensation war der Fund eines Sarkophags in Zülpich

Den Begriff „archäologische Sensation“ mag Achim Koopmann sowieso nicht. Der 57-Jährige wechselte erst mit 44 Jahren im zweiten Berufsleben zur Archäologie nach seiner Zeit als kaufmännischer Leiter einer Marketing-Agentur.

Archäologische Sensationen seien tatsächlich Ausnahmen. Etwa 2018 der Fund eines römischen Sarkophags in Zülpich, oder den der Situla von Straubing, einem verzierten Bronzegefäß, das den Archäologen den Jahrhundertfund eines 2500 Jahre alten Fürstengrabs bescherte.

In der Regel suchen die Archäologen nach dem, was sie vorzufinden erwarten. Denn wenn sie – wie jetzt in Euskirchen – Bauarbeiten begleiten, wissen sie aus der Vorbereitung, etwa in Archiven oder mit alten Karten, womit sie in einer für sie relevanten Bodentiefe ab 60 Zentimetern rechnen müssen.

Die beiden Experten schauen an einer abgesperrten Baugruppe in eine Mappe mit Unterlagen.

Grabungsleiter Achim Koopmann begleitet die Sanierungsarbeiten in Euskirchen. Hier studiert er alte Unterlagen mit seinem Kollegen, dem Ärchäologie-Studenten Christian Dahlmanns (r.)

Etwa Überresten des Mühlengrabens, der ungefähr vom Ende des Mittelalters oder Beginn der Neuzeit stammen dürfte. Dann reden die Archäologen auch nicht von Funden, sondern Befunden. „Alles, was sich nicht wegtragen lässt, ist spannender“, sagt Koopmann. Und verweist auf den Westerwälder Topf mit den drei Münzen. „So was kann irgendwer irgendwann dort abgelegt haben.“

Doch auch kleine Überraschungen machen den Reiz der Archäologie aus. So, als ein Grabungsleiter ihm zu Beginn seines Studiums in einem Grabungscamp den Auftrag gab, eine Türschwelle freizulegen. Und geraume Zeit später die Erkenntnis dämmerte, dass der angehende Archäologe da keineswegs eine Schwelle ausgegraben hatte, sondern die römische Straße, die die Wissenschaftler an ganz anderer Stelle suchten.

Leuchtende Augen bekommt Koopmann, wenn er von den Ausgrabungen in Kalkriese bei Bramsche berichtet, dem mutmaßlichen Ort der Varusschlacht im Teutoburger Wald. Bei derartigen Grabungen kombinieren Archäologen bei ihren Grabungen historisches Wissen mit Vorstellungsvermögen und detektivischem Spürsinn. Und gelangen so zu Erkenntnissen, dass es vielleicht doch ganz anders war, als man angenommen hatte.


In Blankenheim wurde bei Bauarbeiten ein Silberschatz gefunden

Durch Zufall werden manchmal bei Bauarbeiten auch echte Schätze gefunden. So etwa 1995 in Blankenheim.

Bei Ausschachtungsarbeiten für einen Anbau des Eifelmuseums stießen Bauarbeiter am Nachmittag des 2. November im Gewölbekeller in nur 30 Zentimeter Tiefe auf eine Kiste mit einem echten Münzschatz. Dabei handelte es sich um insgesamt 259 Münzen, die überwiegend aus der Zeit zwischen 1730 und 1770 stammen. Die älteste Münze ist ein niederländischer Gulden aus dem Jahr 1681.

In einer Vitrine liegen ausgebreitet die in Blankenheim gefundenen 259 Silbermünzen.

Der Münzschatz von Blankenheim wurde 1995 bei Erweiterungsarbeiten im Kellergewölbe des Eifelmuseums und wird dort heute ausgestellt.

Da die Münzherkunft recht einheitlich ist (237 der Münzen sind französischer Herkunft, überwiegend Ecus des französischen Königs Ludwig XV.), geht man davon aus, dass der Schatz nicht über Jahrzehnte angespart worden ist. Es wird eher vermutet, dass der Besitzer das hier vergrabene Geld in einer Summe für eine bestimmte Sache erhalten hat, beispielsweise für einen Haus- oder Grundstücksverkauf oder als Mitgift.

So gibt es die Vermutung, dass es sich bei diesen Silbermünzen um das Brautgeld der Frau des Wirts Mathias Molitor handeln könnte, der 1794 an dieser Stelle ein Gasthaus betrieben hat.

Nach seiner Entdeckung und Restaurierung wurde der Blankenheimer Münzschatz drei Jahre lang in verschiedenen Ausstellungen gezeigt, darunter auch in Köln, Münster und Nijmegen in den Niederlanden. Heute ist er im Bestand des Eifelmuseums und kann dort zu den Öffnungszeiten besichtigt werden.

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