Trotz Corona durch EuropaZülpicher Bloggerin ist seit Februar auf Reisen

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„Happy und dankbar“ – so beschreibt Jil Füngeling ihre Gefühlslage. Die 26-Jährige ist mit ihrem Freund in einem umgebauten Transporter auf Europa-Reise.

„Happy und dankbar“ – so beschreibt Jil Füngeling ihre Gefühlslage. Die 26-Jährige ist mit ihrem Freund in einem umgebauten Transporter auf Europa-Reise.

Zülpich/Kroatien – Wolken bedecken den Himmel über der kroatischen Insel Pag. Jil Füngeling hat sich in ihren umgebauten Van zurückgezogen und sitzt auf dem Bett. Keine zehn Meter von ihr entfernt ist das Meer. Während in Deutschland viele um ihren Sommerurlaub bangen und nicht wissen, ob und wie sie trotz Pandemie reisen können, macht die Zülpicherin genau das bereits seit dreieinhalb Monaten.

Von Korsika nach Sardinien über Slowenien und jetzt eben Kroatien. Die beiden letztgenannten Länder werden wegen des Infektionsgeschehens vom Auswärtigen Amt als Risikogebiete eingestuft. Die Behörde warnt aufgrund hoher Infektionszahlen vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in diese Länder. „Wir haben uns natürlich Gedanken gemacht“, sagt die 26-Jährige, die mit ihrem Freund Jaimy van Rumpt unterwegs ist. Sie beide nähmen die Pandemie sehr ernst. Letztendlich seien sie ihrem Bauchgefühl gefolgt und trotzdem losgefahren. Sie hielten sich an alle Regeln und informierten sich stets über die Pandemie-Lage, sagt Füngeling. Hinzu komme, dass sie in ihrem Van nur zu zweit und viel alleine in der Naur unterwegs seien. Andere Menschen treffen sie im Moment so gut wie keine, wie die Bloggerin berichtet.

Um das Infektionsrisiko gering zu halten, haben sich die beiden Toilette und Dusche in den Van gebaut. So müssen sie keine öffentlichen Sanitärenanlagen nutzen. Alles in allem habe sie keine Sorge, sich anzustecken, trotz der höheren Inzidenzen.„Das ist nicht gefährlicher als in Deutschland für mich und meine Mitmenschen“, sagt Füngeling.

Mehr als 110.000 Follower

Und es gibt noch einen anderen Grund für die Reise. Seit ihrer Weltreise im Jahr 2018 verdient Füngeling sich ihren Lebensunterhalt als selbstständige Reisebloggerin. Mehr als 110.000 Menschen folgen ihr auf Instagram. Sie nimmt sie mit an weiße Strände und zu steilen Berghängen, gibt Tipps und macht Werbung. Zum Beispiel habe sie aktuell eine Kooperation mit dem kroatischen Tourismusverband, berichtet sie. Füngelings Reise ist also nicht nur Urlaub, sondern auch Arbeit.

Gut gelaunt: Jil Füngeling im Video- Gespräch.

Gut gelaunt: Jil Füngeling im Video- Gespräch.

Die Pandemie sei in allen Ländern zu spüren, berichtet sie. Maskenpflicht und Abstand gelten überall. Bei der Einreise brauche man eigentlich immer einen negativen Test. Schnelltests haben Füngeling und ihr Freund deshalb immer dabei. In Slowenien seien auch alle Geschäfte geschlossen gewesen, während in Kroatien einiges auf habe. Hier müssen sie sich alle zehn Tage neu testen. Das geht entweder in einem Testzentrum oder direkt auf den Campingplätzen. Die Tests müssen sie selbst bezahlen. Nicht ganz günstig, sagt Füngeling. Aber für das Reisen nehme sie das in Kauf.

Das erste Mal am deutschen Meer

2020 war für Reisebloggerin Jil Füngeling ein denkbar schlechtes Jahr. Nur im Sommer sei es möglich gewesen, ein bisschen zu verreisen. Eigentlich habe sie immer gedacht, schön könne es nur weit weg von zu Hause sein. Doch das habe sich nun geändert. „Ich war echt erstaunt, was es in Deutschland für schöne Ecken gibt“, sagt sie. So sei sie zum ersten Mal in ihrem Leben an der Nordsee gewesen.

Die 26-Jährige reiste 2018 alleine um die Welt. Mehr als 63 Länder hat sie schon gesehen. Auf ihrem Instagram -Account „jileileen“ nimmt sie ihre Follower immer mit.

Aus ihrem Motto „Where to Next“ hat sie eine Marke gemacht und einen Online-Shop gegründet. Zudem schreibt sie an einem Buch über ihre Weltreise. (jre)

www.instagram.com/jileileen

Sie seien auch bei Weitem nicht die einzigen Touristen, berichtet sie. Und die Bevölkerung vor Ort freue sich über die Reisenden. „Die Leute sind sehr sehr dankbar, dass wieder Touristen kommen“, sagt die Bloggerin. Schließlich lebten viele Menschen in den Regionen, in denen sie unterwegs seien, vom Tourismus. Das dürfe man auch nicht vergessen.

Fernweh stillen auf Instagram

Auch von ihren Followern erhalte sie fast ausschließlich positives Feedback. Vor der Reise habe sie ein bisschen Sorge gehabt, dass viele ihre Entscheidung für die Reise nicht verstehen würden, berichtet sie. Die Sorge war unbegründet: Unter ihren Posts reihen sich Herzchen-Smileys und Komplimente aneinander. Viele schrieben ihr auch, dass sie über die Bilder und Erzählungen von Füngeling ihr eigenes Fernweh derzeit stillten, berichtet die Bloggerin. Beim Blick auf die Bilder mit glasklarem Wasser, blauem Himmel und unberührter Natur träumt man sich gerne einmal von der Tristesse des Homeoffice-Schreibtisches weg.

„Where to Next“ : Das Motto steht auf dem Van.

„Where to Next“ : Das Motto steht auf dem Van.

Eigentlich hatte das Paar eine Weltreise geplant. „Taiwan, Philippinen, Peru – bloß nicht Europa“, sagt sie und lacht. Im Mai 2020 sollte es losgehen. Van Rumpt wollte ein Sabbatjahr machen. Doch dann kam die Pandemie.

Zunächst hätten sie das Sabbatjahr immer wieder verschoben, berichtet Füngeling. Doch weiter als November sei das von van Rumpts Arbeitsstelle aus nicht möglich gewesen. Schließlich hätten sie sich entscheiden müssen: Trotz Pandemie irgendwie reisen oder das ganze Vorhaben um mehrere Jahre verschieben. Sie entschieden sich für die erste Variante, kauften von dem Ersparten für die Weltreise einen Transporter und bauten ihn in Eigenarbeit zum Camper-Van um.

Situation als Privileg

Im Februar ging es los. Doch einfach spontan rumreisen ist während einer globalen Pandemie nicht so einfach. „Das Reisen ist komplizierter geworden“, sagt Füngeling. Vor allem, wenn es um die Einreise in ein Land oder eine Region gehe. Da müsse man sich vorher gut informieren, welche Regeln gelten. Sie informierten sich regelmäßig über die Webseite des Auswärtigen Amtes, so Füngeling.

Klein, aber gemütlich: Den Camper-Van hat das Paar umgebaut.

Klein, aber gemütlich: Den Camper-Van hat das Paar umgebaut.

Einmal vor Ort sei das Reisen aber nicht anders als vor der Pandemie. Viele Campingplätze seien eher leerer als sonst und da, wo wildcampen erlaubt sei, könne man nach wie vor einfach übernachten, wo es einem gefalle. Wuselige Märkte, Theaterbesuche oder auch Strandpartys seien derzeit natürlich trotzdem unmöglich. Reisen lohne sich jetzt vor allem für die, die gerne alleine in der Natur seien. „Wir gehen ganz viel wandern“, berichtet sie.

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Die Bloggerin nimmt ihre Situation auch als Privileg wahr. „Wir sind einfach nur happy und dankbar, dass wir reisen können“, sagt sie. Und damit soll es auch so schnell nicht vorbei sein: Bis November wollen die beiden noch den Balkan bereisen. Ihre Wohnung in Zülpich hat Füngeling vorsichtshalber aber nicht gekündigt. Falls sie aufgrund der Pandemie in kein Land mehr einreisen könnte, könnte sie jederzeit nach Hause fahren.

„Where to Next“ steht auf ihrem umgebauten Van. Wenn alles klappt, kommt nach Kroatien Bosnien und Herzegowina. Das Auswärtige Amt schätzt das Land als Risikogebiet ein. Auch hier gibt es eine Reisewarnung.

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