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HipHopRapper Dark Pain aus Zülpich verarbeitet in seinen Texten den Tod und Anime

5 min
Das Bild zeigt die Combo Animusic.

Die Gang „Animusic“ trat in der lokalen Konzertreihe „Heimatstädtche Live“ in der Auelsburg in Euskirchen auf.

Im wirklichen Leben heißt Dark Pain Nikolai Kolvenbach. Der Zülpicher liebt es über Anime, Popkultur und eigene Erlebnisse zu rappen.

Den Auftritt in Hamburg wird Dark Pain wohl nie vergessen. Auch wenn ihm die ganze Aufregung Teile der Erinnerung gelöscht hat. Vor dem Auftritt beim „Kaioken“-Festival auf einem Schiff hätten er und sein Bühnenpartner Nano noch mal kurz durch den Vorhang gespinkst. Vielleicht hätten sie das besser nicht getan. Denn ab dem Zeitpunkt übernahm das Adrenalin die Regie.

500 Fans hätten dort gestanden. Voller Erwartung, dass es nun endlich losgehe, erinnert sich Dark Pain. „Normalerweise kann ich mich ja an alles erinnern, was ich tue und sage“, erzählt der Musiker. Doch nach diesem Anblick sei alles anders gewesen.

Im richtigen Leben heißt Dark Pain Nikolai Kolvenbach, Nano heißt bürgerlich Jan Käppeler. Beide kennen sich seit Kindheitstagen, die sie in Kirchheim verbrachten. Inzwischen leben sie in Zülpich.

Erst in Hamburg, dann in Euskirchen auf der Bühne

Eigentlich, so erzählt der 29-jährige Dark Pain, komme er mit Aufregung ganz gut klar. Auch die Meisterprüfung in Elektrotechnik habe er relativ gelassen absolviert. „Aber der Opener vor so einem großen Publikum war schon aufregend“, erinnert er sich an Hamburg.

Etwas anders war es dann Anfang August in der Auelsburg in Euskirchen. Wieder blickten sie vor dem Auftritt durch den Vorhang. Diesmal hätten da aber keine 500, sondern nur fünf Menschen gestanden. Immerhin: Beim Auftritt waren es dann etwas mehr als 100.

Aus dem Duo war in der Zwischenzeit eine „Gang“ (Dark Pain) geworden. Denn vor dem Konzert für die Reihe „Heimtstädtche Live“ haben sich zwei Musiker und eine Musikerin den beiden angeschlossen: Vanx (Jens Brennecke), Kyookey (Kevin Bordon) und Asura (Lilly Last). Gemeinsam firmieren sie nun unter dem Namen „Animusic“. Dieses Kofferwort setzt sich zusammen aus Anime – also japanischen Zeichentrickfilmen – und Musik. Passend dazu rappen und singen sie über Anime-Serien und andere popkulturelle Phänomene wie etwa Star Wars.

Kurz vor dem Auftritt wurde im Garten geprobt

Kurz vor dem Auftritt hätten sie noch in seinem Garten geprobt, erzählt Nikolai Kolvenbach alias Dark Pain. Doch weil es den Nachbarn etwas zu laut gewesen sei, seien sie in den Schuppen der Großeltern seiner Ehefrau umgezogen.

Begonnen hat Kolvenbach mit der Musik im Kellerraum seines Elternhauses in Kirchheim. „Da habe ich mir Spanplatten genommen, darauf Eierkartons geschraubt und in den Raum ein Mikrofon reingestellt. Das war mein allererstes Tonstudio.“ Nach dem Umzug nach Zülpich nutzte er erst einen alten Hühnerstall, dann den bereits erwähnten 30 Quadratmeter großen Schuppen.

Das Bild zeigt den Künstler am Mischpult.

Der Anime Rapper Dark Pain, der mit bürgerlichem Namen Nikolai Kolvenbach heißt, verbindet seine Erfahrungswelt mit popkulturellen Phänomenen wie Star Wars.

Das Bild zeigt ein Poster an der Wand. Daneben hängt ein Meisterbrief.

Der Meisterbrief von Nikolai Kolvenbach hängt an der Studiowand.

Er sei glücklich darüber, dass die Familie ihn bei seiner Leidenschaft unterstütze, sagt Dark Pain. Die Großmutter seiner Frau habe sich extra ein Youtube-Konto angelegt, um seine Videos zu sehen, und gebe ihm Rückmeldungen, freut er sich. Okay, manche Aussagen oder Begriffe seien ihr zu krass, sagt der Rapmusiker und lächelt.

„Musik mache ich schon mein Leben lang“, blickt Kolvenbach zurück: „Damals, als mein Opa gestorben ist, wollte ich ihm einen Abschiedsbrief schreiben. Mir ist es leichter gefallen, ihn als Gedicht zu verfassen. Dann hatte ich im Prinzip schon einen Text und habe auch in derselben Zeit angefangen, Rapmusik zu hören.“ Seine ersten musikalischen Vorbilder waren die Rapper Bushido und Kollegah. „Ich sehe mich selbst nicht als jemand, der haufenweise Beleidigungen und Schimpfwörter in die Texte packt“, stellt Dark Pain klar: „Aber was den Sound betrifft, ist das meine Inspiration.“

Damals, als mein Opa gestorben ist, wollte ich ihm einen Abschiedsbrief schreiben. Mir ist es leichter gefallen, ihn als Gedicht zu verfassen.
Dark Pain

Auch im Namen Dark Pain, auf Deutsch „Dunkler Schmerz“, arbeitet er den Tod seines Opas künstlerisch auf. Ebenso fließen die Erfahrungen mit Mobbing in seine Musik ein. Nano und er hätten während der Schulzeit schmerzhafte Erfahrungen damit gemacht, erzählt Kolvenbach. Darum hätten sie sich in der Grundschule zusammengetan, seitdem seien sie Freunde. „Aus derselben Straße in Kirchheim ist er mir nach Zülpich hinterhergezogen“, sagt Dark Pain mit einem Augenzwinkern: „Jetzt ist Nano wieder mein Nachbar, der zwei Häuser weiter wohnt.“

Neben der Rap-Musik verbindet die beiden Texter das Faible für die Popkultur. Dark Pain lässt sich hiervon inspirieren und reichert seine eigene Erfahrungswelt damit an: „Darin stecken Universalweisheiten oder wie man es auch immer nennen möchte, die anscheinend viele Leute ansprechen.“ Sein Rap sei hiervon geprägt. Die Geschichten, die er früher nach der Schule im Fernsehen gesehen habe, hätten ihm gezeigt, dass er mit seinen Problemen nicht alleine sei.

Beim Anime oder größer gesprochen bei Filmen, Serien, Gaming hast du ein viel größeres Repertoire, aus dem du schöpfen kannst.
Rapper Dark Pain

Dieses Gefühl wolle er seinen Zuhörerinnen und Zuhörern auch vermitteln. Obwohl er bekennender Fan der Populärkultur ist, hat der Musiker nichts gegen Hochkultur einzuwenden. Im Gegenteil: „Ich glaube, es gibt für jede Generation oder jeden Menschen verschiedene Medien, die ihn ansprechen. Dafür ist Kunst ja im Prinzip da, und ich würde auch keiner Kunstform irgendetwas absprechen.“ So gingen manche Menschen ins Theater oder Museum, andere läsen Romane und wieder andere schauten Filme und Serien. Er gehöre eben zur letztgenannten Kategorie, sagt er.

„Beim Anime oder größer gesprochen bei Filmen, Serien, Gaming hast du ein viel größeres Repertoire, aus dem du schöpfen kannst“, erklärt der Rapper: „Du kannst in jedes Thema reingehen, das dich interessiert. Ich als Rap- und Lyrik-Fanatiker kann Vergleiche und Wortspiele ohne Ende finden.“ Dementsprechend seien ihm auch bis heute nicht die Geschichten ausgegangen – „und ich glaube, das wird auch so schnell nicht passieren“.

Bei seinen Auftritten gibt der Musiker dem Publikum kleine Einordnungen zum Hintergrund des jeweiligen Songs. Das soll den Menschen helfen, den schnell vorgetragenen Texten besser folgen zu können. Dark Pain: „Keiner kann alles gesehen haben. So etwas wie Star Wars oder Godzilla setze ich aber schon als bekannt voraus.“

Nach dem Auftritt in Euskirchen habe er positives Feedback erhalten, auch wenn nicht jeder etwas mit seinem Anime-Rap habe anfangen können. Den Gefallen am Konzert erklärt sich der Rapper auch durch die unterschiedlichen Stile seiner Gang. Diese sollen den anderthalb Stunden langen Auftritt abwechslungsreicher gestalten. Am meisten freue er sich über Nachrichten von Fans an ihn, etwa über die Plattform Instagram, in denen stehe, dass seine Songs den Zuhörern durch schwere Zeiten geholfen hätten: „Das ist natürlich das größte Kompliment für mich. Wenn ich Leuten mit meiner Musik helfen kann, ihren Schmerz zu verarbeiten, ist das für mich mit nichts zu vergleichen.“