Beim Ackerfest in Kirchheim konnten die Besucher rund 40 alte Traktoren bewundern. Anschließend machten die Schlepper eine Rundfahrt.
Ackerfest in KirchheimViele Besucher wollten die alten Traktoren sehen

40 alte Traktoren machten sich beim dritten Ackerfest in Kirchheim auf den Schlepperkorso.
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Die einen knatterten und tuckerten, einer hing über allen am Haken eines Kranauslegers: Die Wiesen oberhalb von Kirchheim am Hardtwald waren am Wochenende Ort des dritten Ackerfestes. 150 Traktoren aus dem weiten Umkreis, die Oldies waren bis zu 100 Jahre alt, waren zu bestaunen. Was war noch mal das Besondere am Lanz 1925, wie teuer ist ein John Deere Baujahr 2024, und stimmt der Spruch „War der Bauer reicher, fuhr er Eicher“?
Das waren Fragen, die das landwirtschaftliche Fachpublikum aus dem gesamten Kreisgebiet und der Nachbarschaft beim Ackerfest vielleicht auch kurz diskutierten, aber spannender war doch etwas anderes: Ganze Besuchergruppen sammelten sich vor Gerd Faßbänder und seinem polnischen Ursus, Baujahr 1948, wenn er ihn wieder mal zu Demonstrationszwecken in Gang setzen wollte.

Gerd Schindler vor seinem „Robert 800“ der Marke Hanomag, den er auch an Hochzeitspaare vermietet.
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„Das ist echte Handarbeit. Dafür brauche ich eine Glühlampe“, sagte Faßbänder und öffnete eine kleine Klappe am Oldtimer-Schlepper. Die Messinglampe in der Hand, beugte er sich vor den Motor – dahin, wo heutzutage etwa eine Glühkerze zu finden wäre.
Dann heizte er dem Motor seines Ursus kräftig ein. Mit einem lauten Knall sprang das gute Stück an. Aus dem Knallen wurde ein leicht unregelmäßiges Geknatter unter schubweisem Ausstoß von Qualmwölkchen aus dem Auspuffrohr, das neben der Motorhaube aufragte. Auf der Spitze strahlte eine golden schimmernde Bärenfigur in der Sonne.
Auf dem Feld müssen die Oldtimer nicht mehr arbeiten
Die so lautstark angemeldete Leistungsbereitschaft des „Bären“ (Deutsch für Ursus) ist allerdings nur eine Behauptung. Wie „90 Prozent“ aller in Kirchheim vorgestellten Traktoren, so Ackerfreunde-Schriftführer Niklas Schwarz, ist der Ursus von Gerd Faßbänder nicht mehr im Einsatz auf Feld und Flur, sondern darf zu Treckertreffen tuckern und dann einfach nur anspringen.
Den Feldeinsatz habe der von ihm neu in Rot lackierte Ursus schon länger hinter sich, so der Trecker-Fan. Er habe ihn vor zwei Jahren von einem Liebhaber gekauft, der ihn wiederum aus Polen hatte, wo die Zugmaschine „an die 40 Jahre“ Dienst getan habe. Europaweit seien aber immerhin noch 5000 Stück im Einsatz, so der Flamersheimer.

Den alten Grubber haben die Ackerfreude wieder flott gemacht. Niklas Schwarz (l.) und Markus Schröder führen ihn vor..
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Verglichen mit der Aufmerksamkeit, die der Ursus fand, war das Interesse an Gerd Schindlers 80 PS starkem „Robert 800“ von Hanomag eher mager. Und das, obwohl der schneeweiß lackierte Riesenschlepper aufgebrezelt ist, als gäbe es kein Morgen. Die Kotflügel hat Schindler so verbreitert, dass der Trekker eher die Ästhetik eines US-amerikanischen „Straßenkreuzers“ hat. Und rund um den einst wenig spektakulären Fahrersitz – jetzt natürlich Kunstfell belegt – gibt es eine große Kabine.
Wer sich ans Edelholzlenkrad setzt, kann während der Ausfahrt Musik aus der eingebauten Stereoanlage hören. Kurz: Ein mit viel Liebe zum Detail und „in Stunden, die man doch nicht zählt“, so Schindler, von ihm umgebauter Schlepper, den er als etwas rustikale Brautkutsche für Hochzeitsfahrten vermietet.
Der hatte eine Kuh wie die da auf dem Traktor montiert
Bei einem Traktorfreunde-Treffen stand er mit seinem „Robert“ mal neben einem Gleichgesinnten aus den USA. „Der hatte eine Kuh wie die da auf dem Traktor montiert“, so der Mülheim-Wichtericher. Er zeigt auf die Figur einer Schwarz-Bunten auf einem kleinen Flecken Kunstrasen an der Beifahrerseite. Die Idee hat er übernommen. Vielleicht alles ein bisschen zu viel des Guten, doch Schindlers „Robert“ gehört beim dritten Ackerfest wie auch auf anderen Schleppertreffen einfach dazu.
Die Idee des 2023 gegründeten Ackerfreunde-Vereins ist allerdings, mit dem Treffen der gleichgesinnten Liebhaber zu „zeigen, wie die Bauern früher mit ihren Treckern gearbeitet haben, auf dem Blechsitz, im Freien, bei Wind und Wetter“, so Niklas Schwarz. Mit der Vereinsgründung habe man zudem eine Lücke im Kirchheimer Veranstaltungskalender geschlossen, die nach der Auflösung eines ersten Ackervereins entstanden sei: Jetzt habe man eben auch wieder ein richtiges Dorffest bekommen, freut sich Kassenwart Markus Schröder.
Den alten Grubber haben die Trekkerfreunde gefunden
Der Einsatz alter landwirtschaftlicher Geräte wurde beim Ackerfest mit einer Dreschmaschine gezeigt. Sie verarbeitet zuvor gesteckte Getreidegarben, ein „Bindewagen“ macht das übrig gebliebene Stroh transportfähig zum Bauernhof. Wichtiger ist dem Ackerfreunde-Verein allerdings etwas anderes: das Grubbern, die erste Bearbeitung des Bodens nach der Ernte. Beim „Angrubbern“ wurde ein Grubber aus den 1930er-Jahren hinter den Trekker gespannt. „Den haben wir auf dem Gelände gefunden“, so Niklas Schwarz.
Wer wollte, konnte seinen Oldtimer vorspannen und so noch einmal wie einst über den Acker fahren. Im Anschluss setzte sich Vereinschef Jörg Blankenheim auf den Sitz seines MAN, Baujahr 1959, der „20 Jahre lang in der Ecke stand, bis er wieder flottgemacht wurde“, so Niklas Schwarz, und der Schlepperkorso aus 40 Traktoren machte sich auf eine 30-minütige Rundfahrt.
Das haben Landwirte aus der Region in den vergangenen Jahren immer wieder mal gemacht. Jetzt aber wurde nicht gegen Subventionsstreichungen oder für höhere Milchpreise demonstriert, sondern nur für sich selbst: Und für die Freude, ein altes, sorgfältig in Schuss gehaltenes Schätzchen für die Feldarbeit vorzeigen zu können.