Zwischenstop in EuskirchenIn einer Stahlkugel zu Fuß nach Glasgow

Gar nicht so einfach: Bürgermeister Sacha Reichelt probierte das Gehen in der Stahlkugel aus.
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Euskirchen – Am 30. Oktober wollen Arnd Drossel und seine Begleiter Glasgow erreichen, einen Tag vor Beginn der UN-Klimakonferenz. Der 53-Jährige wird dann 1500 Kilometer in den Beinen haben. Drossel legt das Gros der Strecke zu Fuß zurück, nicht im klassischen Wanderstil, sondern in einer Kugel. Sie besteht aus gebogenen Edelstahlstangen, die sein Sohn Kalin und er miteinander verflochten und verschweißt haben.
Am 30. Juli machte sich Drossel in Paderborn auf den Weg, der ihn in 91 Tagen von Deutschland über die Niederlande, Belgien, Frankreich, England, Irland und Nordirland nach Schottland führt. Mit der 120 Kilogramm schweren Kugel, die er mit der Kraft seiner Beine antreibt, will er Aufmerksamkeit für sein großes Anliegen erregen: den Klimaschutz.
Klimaschutzplan
Nicht erst seit der Flutkatastrophe hat die Stadt Euskirchen die Erderwärmung im Blick. Sie arbeitet an einem Klimaschutzplan. Er enthält unter anderem eine Treibhausgasbilanz, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Auf ihrer Grundlage soll festgestellt werden, wo Emissionen verringert werden können.
Als weitere Klimaschutzmaßnahmen nennt die Stadt energetische Gebäudesanierungen, die Nutzung von Photovoltaik und die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED. Ein Klima-Team in der Verwaltung befasse sich mit Themen wie Hitzevorsorge, Hochwasservorsorge und Grünvernetzung. (ejb)
Drossel, der am Ende der 14. Etappe jetzt Station in Euskirchen machte, engagiert sich für den Verein „My Promise Mother Earth“ („Mein Versprechen, Mutter Erde“), der mit seinem gleichnamigen Umweltprojekt mindestens eine Million Zusagen für ein besseres Morgen zu sammeln will. Jedes Versprechen stehe für einen Menschen, der im Rahmen seiner Möglichkeit einen Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten wolle.
„Wenn jeder sein Verhalten, seinen Konsum und seine Gewohnheiten ein wenig ändert, ist unserer Mutter Erde mit all ihren Lebewesen geholfen. Wir können nicht auf Politik warten, uns zu einem geänderten, besseren Verhalten zu zwingen. Wir müssen langfristig unsere Verantwortung selbst übernehmen“, so der Verein.
„Unsere Ziele sind nur erreichbar, wenn möglichst viele Menschen mitmachen“
Drossel, der das Projekt initiiert hat, wurde auf dem Alten Markt in Euskirchen von Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos) empfangen. Reichelt nahm das Angebot an, das Gehen in der Stahlkugel auszuprobieren.
Die Kugel stehe mit ihrem Geflecht symbolisch für das weltweite Netzwerk, das unabdingbar sei, um den Klimaschutz zu verbessern, sagte Drossel, der Sohn Kalin und David Stolze an seiner Seite hat. Sie begleiten den Aktionskünstler mit Mountainbike und Lastenfahrrad.
„Die Leute geben uns gute Wünsche mit, bisher aber nur wenige Botschaften“, erzählte der Paderborner. „Unsere Ziele sind aber nur erreichbar, wenn möglichst viele Menschen mitmachen.“ Welche Versprechen hat er schon gesammelt? „Zum Beispiel, dass jemand künftig mehr mit dem Fahrrad anstatt mit dem Auto fahren will. Ein anderer plant, sein Haus nachhaltig umzubauen, mit Regenrückgewinnung und Fotovoltaik.“ Im Internet finden sich weitere Ankündigungen: Sie wolle weniger Plastik kaufen, versichert eine Frau, während ein Raucher ankündigt, seine Zigarettenstummel künftig ordnungsgemäß zu entsorgen.
Euslirchen will einige politische Ziele neu bewerten
In Euskirchen kamen zwei Versprechen hinzu. Bürgermeister Reichelt sagte, dass die Stadt nach der Hochwasserkatastrophe bestimmte politische Entscheidungen neu bewerten werde, etwa solche, die Folgen für die Flächenversiegelung haben. „Dafür brauche ich allerdings eine Mehrheit im Stadtrat.“
Er persönlich wolle, wenn seine Arbeit es zulasse, nach Charleville-Mézières wandern, Euskirchens Partnerstadt in Frankreich. Dies diene der Stärkung des europäischen Gedankens, der auch beim Klimaschutz wichtig sei. Zudem könne er damit vielleicht Vorbild sein. „Wenn der eine oder andere hört, dass der Bürgermeister nach Charleville läuft, kommt er womöglich auf die Idee, seine Sonntagsbrötchen zu Fuß und nicht mehr mit dem Auto zu holen.“
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Anschließend zeigte Reichelt den Besuchern, „warum der Klimaschutz für uns ein besonderes Anliegen ist“: Er ging mit ihnen durch die Fußgängerzone, um ihnen die Folgen der Flutnacht vor Augen zu führen.