Mit dem Besitzer haben wir über Vandalismus, Nackt-Fotoshootings, Vermüllung und die Probleme einer Neunutzung gesprochen.
Seit 1945 verlassenGespenstischer „Lost Place“ in der Eifel – Ende einer wechselhaften Geschichte

Bereits in den ersten Jahren des Leerstands wurde das Gebäude am Laacher See in der Eifel vollständig geplündert und ausgeräumt.
Copyright: Franz-Josef Knöchel
Mitten im Nirgendwo liegt der „Lost Place“ am Laacher See in der Eifel. Ein riesiges Gebäude, das bereits seit Jahrzehnten leer steht. Gespenstisch zieht sich die Ruine in die Höhe, ringsherum nichts als Natur.
An die lange und äußerst wechselhafte Geschichte erinnert heute nichts mehr. Teile des Gebäudes sind inzwischen stark verfallen. Decken sind eingestürzt, überall liegen Schutt und Geröll. Die Wände sind mit Graffiti übersät.
„Lost Place“ am Laacher See zu groß und abgelegen
Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg fiel das gesamte Gelände in Privatbesitz. Mit Gregor Auer, dem heutigen Besitzer, hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesprochen. Sein Vater, ein Landwirt aus der Region um Nickenich, hat das gesamte Areal mit Ackerfläche nach dem Weltkrieg 1956 erworben.
„Vor Jahren wurde versucht, das Gebiet mit Zäunen zu sichern“, erklärt Auer. „Doch es ist viel zu groß und zu abgelegen. Die Zäune halten niemanden ab. Wer da rein will, findet einen Weg.“
Probleme mit „Lost Place“: Vandalismus, Nackt-Fotoshootings und illegale Müllentsorgung
Der „Lost Place“ war in der Vergangenheit immer wieder Ort auch für zwielichtige Aktionen. „Die Leute sind teilweise da reingegangen und haben Nacktfotos gemacht“, berichtet der Eigentümer.

Der „Lost Place“ am Laacher See in der Eifel wurde unter anderem auch als Location für Nackt-Fotoshootings genutzt.
Copyright: Franz-Josef Knöchel
Die Fälle von Vandalismus und illegaler Müllentsorgung füllen laut Auer inzwischen zwei ganze Aktenordner. Nächtliche Durchgänge mit der Polizei seien keine Seltenheit gewesen. Einmal seien hier 300 Autoreifen abgeladen worden.
„Lost Place“ war ursprünglich als Heimschule mit gigantischen Ausmaßen geplant
Die heutigen Ruinen von Nickenich in der Eifel sind die Überreste einer noch deutlich größer geplanten „Heimschule am Laacher See“. Das riesige Gebäude machte nur etwa ein Zehntel von dem aus, was ursprünglich geplant war. Später hatten auch die Nationalsozialisten ihre Finger an dem Objekt.
„Der Grundstein für das Schulgebäude wurde am 18. September 1927 durch den seit 1913 amtierenden Abt von Maria Laach gelegt, dem Benediktiner Ildefons Herwegen“, berichtet die Informationsdatenbank „KuLaDig“ vom Landschaftsverband Rheinland.
„Lost Place“ Heimschule Nickenich: Hier sollte der christliche Mensch geformt werden
Die Heimschule hatte das Unterrichtsideal eines ganzheitlichen, christlichen Menschen. Auf einer Informationstafel vor Ort ist zu lesen: „Nach den Plänen des ersten Direktors der Schule, Dr. Bruno Benten, sollte eine katholische ‚neue Schule', den damaligen Landerziehungsheimen und freien Schulgemeinden verwandt, errichtet werden. Ein vereinigtes Gymnasium und Realgymnasium mit der Möglichkeit der Ablegung einer gemeinsamen Abiturprüfung.“

Hinweisschilder vor Ort berichten von der Vergangenheit der ehemaligen Heimschule am Laacher See.
Copyright: Franz-Josef Knöchel
Der Tagesablauf der Heimkinder war straff organisiert. Wecken um 6.30 Uhr, dann Frühsport vor der täglichen heiligen Messe um 7 Uhr. Der Unterricht bis 12 Uhr wurde nur unterbrochen von der „Pflicht für die Zöglinge“, die Betten in ihren Gruppenschlafräumen zu machen.
Nach einer zweiten Sportarbeit oder Arbeiten im Garten oder in der Werkstatt galt ab 21 Uhr dann „das Schweigen der Nacht“, wie es in der Chronik von Wassenach heißt.
Nazis übernahmen Heimschule – Raketen für Abschussrampen in der Eifel
Mit der Machtübernahme der Nazis wurden die Gelder für katholische Konfessionsschulen gestrichen und das Gebäude ab 1935 als „Heimstätte für Mädchen“ genutzt. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die ehemalige Heimschule dann einer militärischen Nutzung zugeführt.

Die Nationalsozialisten funktionierten die Heimschule nach der Machtübernahme um.
Copyright: Franz-Josef Knöchel
Ab 1944 wurde die V1-Truppe vom 152. Regiment untergebracht. Im Klartext bedeutete das, dass hier V1-Waffen, also Raketen, stationiert wurden. In dem an das Gebäude angrenzenden Hochwald wurden die V1-Raketen einsatzfähig gemacht. Anschließend wurden sie zu den Abschussrampen in der Eifel transportiert.
Heimschule am Laacher See verkommt seit Jahrzehnten zum „Lost Place“
Bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 steht die frühere Heimschule von Nickenich am Laacher See nun bereits leer. Das Gebäude verfiel schnell. Bereits in den Nachkriegsjahren wurden die Baulichkeiten geplündert und alles Nutzbare gestohlen.
Ein Video zeigt den „Lost Place“ Heimschule am Laacher See im Detail:
Selbst Türrahmen und Fenster wurden mutwillig herausgebrochen und mitgenommen. Bestrebungen aus den 1950er-Jahren, den Komplex in ein Schullandheim umzugestalten, scheiterten an der mangelnden Wasserversorgung.
„Lost Place“: Besitzer beklagt bürokratische Hürden
Die heutigen Besitzer stehen zudem vor bürokratischen Hürden. Man habe oft versucht, das Gebäude abzureißen und neu zu nutzen. Doch die Kosten allein für den Abbruch seien immens. Alle Versuche seien letztlich jedoch an den Bestimmungen der Bezirksregierung gescheitert, so Gregor Auer im Gespräch mit dieser Zeitung.
„Auf dem gesamten Gebiet darf nicht neu gebaut werden, weil es am Rande des Naturschutzsgebietes Laacher See liegt. Das ist das Problem.“ Auer sieht kaum andere Chancen, als das Gebäude als „Lost Place“ langsam verfallen zu lassen.