Im Rathaus kann man für das Ladenetz nicht viel tun. Man braucht Betreiber, und deren Interesse ist überschaubar.
ElektromobilitätSchnelles Autoladen bleibt in Burscheid vorerst die Ausnahme

Am Rande der Burscheider Innenstadt, bei Naturata, gibt es Schnellladesäulen. Für so etwas braucht man immer auch eine Trafostation (im Hintergrund). Das macht es kompliziert.
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Die Ansage war klar: Auf dem Marktplatz, in der Montanus- und der Bürgermeister-Schmidt-Straße am Kultur-Badehaus in Burscheid sowie am Raiffeisenplatz in Hilgen müssen Schnelllader für Elektroautos aufgestellt werden, findet die SPD im Rat. Auf der Montanusstraße sollte ihrer Meinung nach der in Köln erfolgreich verlaufene Test mit Ladebordsteinen vom Hersteller Rheinmetall in Serie gehen. Die Straße wird umgebaut, sobald das neue Geschäftszentrum einigermaßen fertig ist. Eine gute Gelegenheit, das Burscheider Ladenetz weitaus dichter zu knüpfen, finden die Sozialdemokraten.
Im Rathaus tritt man bei diesem Aspekt der E-Mobilität allerdings auf die Bremse. Unter anderem deshalb, weil die Stadt selbst keine Ladesäulen betreibt. „Wir können nur auf Betreiber zugehen“, sagte am Donnerstagabend Marc Baack, Burscheids Beigeordneter, im Stadtentwicklungsausschuss.

Bei den zwei Belkaw-Ladesäulen am Rathaus soll es bleiben.
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Und genau da liege das Problem: Die Stadtverwaltung habe beim Versorger Belkaw nachgefragt, der zum Beispiel die Ladesäule direkt neben dem Rathaus betreibt. Ergebnis: Dort gibt es kein Interesse, weitere Ladesäulen in Burscheid oder Hilgen aufzustellen. Erst recht keine, an denen man ein Auto binnen 20 Minuten oder einer halben Stunde weitgehend vollladen kann. Für so etwas braucht man immer eine Trafostation, weil das Leitungsnetz es nicht hergibt, pro Säule 150 kWh oder sogar noch mehr abzugeben. Ein schneller Gleichstromladepunkt koste rund 60.000 Euro. Für den Bau, den Anschluss ans Netz und den Trafo seien pro Standort nochmals weitere 200.000 Euro zu veranschlagen. Wie so etwas aussieht, zeigt der Parkplatz des Bio-Supermarkts Naturata an der Höhestraße. Dort stehen vier schnelle Säulen mit acht Anschlüssen – und eine Trafostation dafür.
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Das Konzept: Auto laden und schnell mal einkaufen
Deshalb schauen potenzielle Betreiber auf die mögliche Auslastung einer so aufwändig hergestellten Ladestation. Bei Naturata wird man an die nahe Autobahn gedacht haben. Dazu kommt: 20 bis 25 Minuten sind eine gute Zeit, um im Bio-Supermarkt schnell einen Einkauf zu erledigen.
An den schnellen Einkauf denkt auch Ute Hentschel. Die Buchhändlerin, die für die Grünen im Ausschuss sitzt, sah am Donnerstag „durchaus Bedarf“. Im Auge hat sie die Ladesäule auf dem Marktplatz, an der man freilich Stunden zubringen muss, um einigermaßen Saft in den Autoakku zu bekommen. Aus Sicht einer Ladeninhaberin ergibt so etwas überhaupt keinen Sinn.
Noch fragwürdiger werde die Ladesäule auf dem Marktplatz, wenn man an die Parkzeitbegrenzung dort denkt, sagte Ralph Liebig vom Antragsteller SPD: zwei Stunden. Danach ist der Akku eines normalen Elektroautos noch nicht einmal zur Hälfte gefüllt, wenn pro Stunde nur elf Kilowatt geladen werden können: Die meisten Fahrzeuge haben Akkus mit einer Kapazität zwischen 60 und 80 Kilowatt.
Lahme Ladebordsteine
Das alles ist Baack natürlich geläufig. „Wir versperren uns keinesfalls dem Gespräch mit potenziellen Betreibern“, unterstrich der Beigeordnete. Aber das Interesse sei derzeit nicht da.
Mit Blick auf die Ladebordsteine wies Baack darauf hin, dass dort nur wenig Strom anliegt, das Aufladen also Stunden dauert. Und im Burscheider Rathaus plant man nicht, für E-Autos von der Regel abzuweichen, dass man in der Innenstadt höchstens zwei Stunden parken darf.
Außerdem vertragen sich die Ladebordsteine nicht mit der geplanten Gestaltung der Montanusstraße. Die soll eines Tages so aussehen wie die obere und mittlere Hauptstraße; zwischen Fahrbahn und Parkstreifen gibt es nur einen abgerundeten Stein von 3 bis 5 Zentimeter Höhe. Die Ladebordsteine ragten aber nach Auskunft von Rheinmetall mindestens sechs, eher zehn bis zwölf Zentimeter aus der Fahrbahn heraus. Das würde also nicht passen.
Komplett abblitzen lassen wollte man die SPD, aber offenbar nicht: Der Beigeordnete versprach, das Thema Auto-Ladenetz im Auge zu behalten und weiter zu verfolgen. Nur die konkrete Forderung der Sozialdemokraten sei nicht zu erfüllen. Folglich bleibt es vorerst bei 32 öffentlichen Ladepunkten in Burscheid. Zwölf davon sind Gleichstrom-Schnelllader; allein acht findet man auf dem Parkplatz von Naturata.

