Mit einer von Wissenschaftlern entwickelten Pflanzmethode will Leichlingen als zweite Stadt nach Berlin Bäume besser gegen Hitzeperioden wappnen.
Bauhof LeichlingenSuper-Erde und Pflanzsystem aus dem Uni-Labor soll junge Bäume retten

Die Sternmagnolien vor dem Neubau an der Neukirchener Straße hat der Bauhof ausgepflanzt und aufs Friedhofsgelände versetzt.
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Bäume – in der Blütenstadt sorgen sie spätestens seit den Kontroversen um Erhalt und Umgestaltung der Stadtparks immer wieder für Aufregung. Vor allem, wenn sie gefällt werden oder bedroht sind. Weil die Bürgerschaft für das Streitthema hochsensibel ist, hat sich auch die Stadtverwaltung darauf eingestellt. Sie informiert regelmäßig darüber, was mit ihren Bäumen geschieht. Das tut sie auch, wenn man sich um ihren Erhalt kümmert, was aktuell der Fall ist.
Eine Reihe von Stämmen sind aktuell nicht beseitigt, sondern ausgegraben und umgesetzt worden. Der Bauhof hat fünf Sternmagnolien umgepflanzt, die im Zuge des Neubaus für den Supermarkt auf dem Wupperareal ansonsten hätten gefällt werden müssen. „Die Bäume, die bisher an der Neukirchener Straße standen, finden auf dem Friedhof Kellerhansberg ein neues Zuhause“, teilt die Verwaltung mit. Die Umpflanzung sei mit dem Architekturbüro Pässler, Sundermann und Partner abgestimmt worden, deren Neubau bis an den Bürgersteig reicht und den Baumkronen inzwischen bedrohlich nahekam. Zwei andere Sternmagnolien hatte der Bauhof bereits im Frühjahr auf den Friedhof umgepflanzt und so in Sicherheit gebracht.

Das Gärtnerteam des Bauhofs, (v.l.) Christian Dichter, Oliver Heidelberg, Achmed Dinanni und Lars Elsner, an einem mit Splittzylinder gepflanzten Baum.
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Nun wird beobachtet, ob die versetzten Bäume auch angehen. Damit das bei künftigen Umzügen und Neupflanzungen besser klappt, wenden die Stadtgärtner ein innovatives Bewässerungssystem an, das unter wissenschaftlicher Begleitung steht.
Sogenannte Splittzylinder werden bei dem Verfahren rund um den Baum als kleine Schächte mit einem Durchmesser von 20 bis 30 Zentimetern in die Erde eingearbeitet und mit einer Mischung aus besonders fruchtbarer Terra-Preta-Erde und Kalkschotter gefüllt. Durch das nährstoffreiche Gemisch kann Regenwasser einfacher in die Tiefe dringen als durch die häufig stark verdichteten Böden, gleichzeitig sollen die Schächte den Gasaustausch fördern und die Wurzelatmung erleichtern.
Erst Berlin, dann Leichlingen
Entwickelt wurde die Methode von einem Universitäts-Forscherteam um Prof. Claus Mattheck vom Karlsruher Institut für Technologie. „Nach der Testkommune Berlin ist Leichlingen die erste Kommune in Deutschland, die die Splittzylinder zukünftig als festen Bestandteil der Jungbaumpflege einsetzen wird“, erklärt die Stadt nicht ohne Stolz.

Beim Bewässern hilft dem Bauhof neuerdings ein Lkw-Gießarm, aber die Bäume sollen sich durch ein neues Pflanzsystem künftig besser selbst versorgen können.
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Durch das Röhren-System sollen die Bäume in den heißen Sommermonaten weniger von zusätzlicher Bewässerung abhängig sein – was angesichts des Klimawandels mit seinen intensiver werdenden Hitzeperioden wichtiger wird. Die feuchte, nährstoffhaltige Inkaerde sorgt nach den Forschungsergebnissen der Wissenschaftler dafür, dass sich das Wurzelwerk zu den Splittzylindern hin orientiert und in tiefere Erdschichten reicht, wo auch in heißen Zeiten noch ausreichend Grundwasser und Nährstoffe zur Verfügung stehen.
Selbstversorgung statt Pflegedienst
Die so behandelten Bäume würden außerdem zu Selbstversorgern trainiert. Denn ständiges Gießen sei aktuell häufig zwar nötig, um Hitzeperioden zu überbrücken. Die regelmäßige Bewässerung von oben habe aber den Nachteil, dass sich Bäume auf den Pflegedienst verlassen und ihre Wurzeln nur in einem kleinen Radius oberflächlich ausbreiten statt auf tiefer liegende Nährstoffe und Grundwasser zurückzugreifen. Gleichzeitig werde der Erdboden so immer verdichteter, da die Auflockerung durch Wurzelwerk fehlt.
Eine Gefahr für Fußgänger stellen die kleinen Schächte nicht dar, erläutern die Bauhof-Experten. Löcher im Boden würden nicht entstehen. Die Mischung aus Kalkschotter und der tiefschwarzen Erde halte auch direkter Belastung Stand und verhindere ein Nachsacken. Neben Neupflanzungen wollen die Leichlinger Stadtgärtner die Methode zukünftig auch bei kränkelnden Altbäumen anwenden, deren Wurzelsystem zu stark an der Erdoberfläche ausgebildet ist.