Debatte über Zukunft der ZunftBergische Landwirte setzen auf mehrere Standbeine

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Diskussionsrunde der Leichlinger CDU. Bernd Sesterhenn aus Junkersholz, (stehend) informierte.

Diskussionsrunde der Leichlinger CDU. Bernd Sesterhenn aus Junkersholz, (stehend) informierte.

Leichlingen – Dem Vorsitzenden der Leichlinger Bauernschaft stinkt es, wie er es sagt. „Alle sprechen nur von großen Industrie- und Biobetrieben. Doch was ist mit uns“, fragt Bernd Sesterhenn am Samstag in die Diskussionsrunde vor ihm. Die Leichlinger Christdemokraten hatten im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Mensch – Natur - Technik“ sämtliche Landwirte der Blütenstadt ins Reitercasino des Sieferhofs eingeladen.

Viel Redebarf über die Zukunft

Zu Brot, Käse und Milch aus Leichlingen diskutierten sie über die Zukunft der Landwirtschaft. Redebedarf gab es da wohl mehr als genug. Denn in den vergangenen 20 Jahren hat sich viel innerhalb der Leichlinger Bauernschaft getan. Insgesamt bewirtschaften aktuell etwas mehr als 20 Betriebe knapp 1400 Hektar in Leichlingen, im Osten hingegen betreibe häufig ein Betrieb allein eine Fläche in solcher Größe. Noch vor 20 Jahren lebten und arbeiteten in Leichlingen allerdings fast doppelt so viele Landwirte.

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Auch Sesterhenns Hof hat sich weiterentwickelt. Inzwischen hat der Leichlinger seine Kühe abgeschafft. Stattdessen versucht er neuerdings, Heu anzubauen. „Das ist im Bergischen aber meistens schwierig, weil es im Sommer oft noch spät regnet“, berichtet er. Außerdem bietet er unter anderem Blumen zum Selbstschneiden an und vermietet ein paar Gästezimmer.

Verschiedene Standbeine

Dass er auf verschiedene Standbeine setzt, damit ist Sesterhenn nicht allein. Denn in Leichlingen gibt es inzwischen keinen eingleisigen Betrieb mehr. Der eine bietet Kindergeburtstage an, der andere betreibt einen eigenen Hofladen. Insgesamt elf dieser Läden gibt es in der Blütenstadt, was wohl auch den einen oder anderen in der Diskussionsrunde überrascht. „Ich kenne maximal vier“, bekennt eine Teilnehmerin. Um die Läden bekannter zu machen, wünscht sich Obstbauer Michael Altmeyer mehr Unterstützung vom Kreisverband und der Politik. Denn er allein könne sich zeitlich nicht auch noch um das Image der Landwirtschaft und die Bekanntheit seines Geschäfts kümmern.

CDU will mehr Marketing anregen

Dazu müsste Landwirtschaft wieder mehr Thema in den Schulen werden, mehr in den sozialen Medien vorkommen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Leichlinger Stadtrat, Helmut Wagner, kann diese Forderung verstehen. Er kündigt an, mit seiner Fraktion bessere Voraussetzungen für Marketing-Maßnahmen schaffen zu wollen. Denn einig ist sich die Gruppe: Leichlingen ist eine kleine, attraktive Stadt – mit vielen attraktiven Höfen. Das gelte es zu nutzen. Landwirte hätten oft zu Unrecht einen schlechten Ruf, ist sich die Runde einig. „An allem ist der Bauer schuld: An Nitraten im Grundwasser und am Klimawandel“, sagt Peter Lautz von der Kreisbauernschaft. Das, obwohl im Rheinisch Bergischen Kreis etwa 80 Prozent der Ackerfläche als Dauergrün verwendet werden würden. Besonders ärgere ihn das geplante Insektenschutzprogramm der Regierung, das Landwirte seiner Meinung nach „still enteigne“, wenn es artenreiche Wiesen unter Schutz stelle. Ihm laufe der öffentliche Diskurs nicht sachlich genug. Schließlich verursache die Landwirtschaft nicht nur Kohlendioxid, sondern binde das Klimagas auch. Zudem kritisiert er fehlende Aufklärung im Bereich Ernährung und Landwirtschaft, die müsse schon in der Schule beginnen.

Ein Kilo Äpfel unter einem Euro

Wenn Leichlingen weiterhin als Blütenstadt bekannt sein wolle, brauche es Landwirte. Deren Arbeit werde aber durch viele Faktoren immer schwieriger. Die Globalisierung sorge dafür, dass es zu jeder Zeit günstige Rohstoffe gibt und schlechte Ernten in Deutschland keine Rolle mehr spielen. Außerdem prangerten die Teilnehmer die großen Handelsketten an. Altmeyer etwa er-zählte von einer Verhandlung mit einem großen Supermarkt. So wollte der Filialleiter ein Kilo Äpfel für weniger als einen Euro kaufen und für ein Vielfaches weiterverkaufen. Auch ein eigener Laden bringe nicht nur Vorteile. Altmeyer und viele andere Teilnehmer sind überzeugt, dass die Verbraucher immer weniger Geld für ihre Nahrungsmittel zahlen wollen.

Überwiegend negatives Image

Wie genau sich all diese Probleme lösen lassen, kann die Diskussionsrunde wohl nicht an einem Tag klären. Doch alle sind überzeugt, dass das aktuell überwiegend negative Image wohl keinen der Leichlinger Betriebe widerspiegele. Momentan helfe nur eins: mehr werben und mehr aufklären.

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