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„Freiheit pur“74-jähriger Leichlinger fährt Tausende Kilometer Rad im Urlaub

Lesezeit 4 Minuten
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74 Jahre alt und fast so fit wie ein 30-Jähriger: Jacques Delaporte ist viel auf dem Rad unterwegs.

Leichlingen – Im Sommer oder im Urlaub mal eben mit dem Rad ins Freibad oder zur nächsten Eisdiele? Über solche Touren könnte Jacques Delaporte nur lachen. Wenn sich der 74-Jährige auf seinen Sattel schwingt, fährt er in seinem Urlaub mal eben 1000 bis 3000 Kilometer. Seit seinem ersten Rententag fährt er ambitioniert Fahrrad. Das war aber nicht immer so gewesen.

„Ich habe 50 Jahre im Außendienst gearbeitet und bin 50.000 Kilometer im Jahr gefahren“, erzählt Delaporte. Mit dem Auto. Hauptsitz des ehemaligen Vertrieblers war Reinfeld bei Lübeck. Als er zum Rentenbeginn sein Dienstauto abgeben musste, hatte er keine Lust gehabt, mit dem Zug nach Leichlingen zurückzufahren. Er nahm das Rad. Und fuhr einige Monate später direkt bis nach Santiago de Compostela. Seitdem macht er einmal im Jahr eine Tour.

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Wer diese Stadt nicht erkennt, war niemals dort: Delaporte vor dem Eiffelturm.

„Ich liebe es zu fahren“, sagt der gebürtige Franzose. „Es ist so prickelnd, unterwegs zu sein, das ist Abenteuer pur, Freiheit pur“, schwärmt er. 29 Tage hat er für die Pilgerstrecke damals gebraucht, knapp 2500 Kilometer hat er gemacht. Er sei „fasziniert“ von den Leuten gewesen, die er getroffen hat, erzählt er. „Ich war keinen Tag allein.“

Lieblingstour durch die Camargue

Seine schönste Route führte durch die Camargue. Er fuhr über einen Deich, „links und rechts nur Wasser, kein Mensch zu sehen“. Oder seine 800-Kilometer-Tour durch Kroatien, Italien und Slowenien. Dort hat er einen Mann kennengelernt, der am Frankfurter Flughafen gearbeitet hat und sich dann als Selbstversorger in Slowenien niedergelassen hat. „Ich bekam ein Glas Wein nach dem anderen“, muss Delaporte schmunzeln. Es habe schon sehr nette Begegnungen gegeben, häufig habe er sich „sehr willkommen“ gefühlt.

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Hier führt sein Weg durch die Camargue.

Das Fahrradfahren ist aber nicht die erste Leidenschaft des Leichlingers gewesen. Früher ist er häufig gejoggt. Mit 48 habe ihm der Orthopäde eine künstliche Hüfte prophezeit, erinnert sich der schlanke und sehnige Mann. Was tun? Er fing an zu laufen. „Wunderbar“ sei das gewesen, er lief sogar mehrere Marathons im Jahr. Dann konnte er der Hüftprothese nicht entkommen, mit 65 stieg er aufs Rad um.

Knapp 40, 50 Kilometer macht er am Tag während seiner Touren, „wenn viel zu besichtigen ist“, ansonsten können es auch bis zu 130 sein. Er hat immer ein Zelt mit dabei, falls er kein Hotelzimmer bekommt, Wechsel- und Regenkleidung und natürlich ein Notfallset.

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Zu Hause in Leichlingen, wo er sich in den 70er Jahren mit seiner Frau niedergelassen hat, nimmt er für fast alle Strecken mittlerweile das Rad. Denn er will sich nicht nur fit halten, sondern auch CO2 einsparen. Früher habe er sich über Umweltthemen keine Gedanken darüber gemacht. „Das ist mir mittlerweile wichtig geworden“.

„Die Radwege in Deutschland sind sehr schlecht“, findet er, in Frankreich sei das besser. „Für den Autobahnbau ist Geld da, bei Radwegen heißt es auf einmal: Das sei zu teuer“, ärgert sich der Rentner. Deswegen hat er auch bei der jüngsten Demo gegen den Ausbau der A3 mitprotestiert.

Auch in seiner Heimatstadt sieh er Verbesserungspotenzial. Vor den großen Kreisverkehren führe die Radspur ins Nichts. Und auch der Radweg an der Wupper sei nur grober Schotter. Die Rücksichtnahme zwischen Rad-und Autofahrern sei „fast schlechter“ geworden, bedauert Jacques Delaporte und fährt mittlerweile ungern auf Straßen, wo auch Autos fahren.Doch das hält ihn natürlich nicht davon ab, im August seine nächste Tour zu planen. Er will Radfahren, bis er 80 ist, kündigt er an. Seine letzte Route kennt er schon: Über Speyer nach Basel und an die Atlantikküste. Die hat er schon einmal gemacht, eine „herrliche Landschaft“ habe es auf dieser Route gegeben und viel Abwechslung bei den verschiedenen Flüssen und Kanälen. Die Reisen macht er gern allein: „Ich fahre, wohin ich möchte und mache Halt, wo ich möchte.“ Seine Frau fährt nur manchmal mit ihm mit – zum Eisessen.