Augustastraßen-ProzessVerdächtiger stieg ohne Hast ins Auto

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Trümmer liegen nach der Explosion auf der verrauchten Augustastraße in Opladen.

Trümmer liegen nach der Explosion auf der verrauchten Augustastraße in Opladen.

Im Prozess wegen Brandstiftung in der Augustastraße berichtet ein Student von merkwürdigen Beobachtungen kurz nach der Explosion.

Nur, weil ein Abiturient am Freitag, dem 13. Mai 2022 noch vor seiner Abiturprüfung in Opladen zum Friseur wollte, wurde er Augenzeuge der Explosion der Wohnung in der Augustastraße. Der junge Mann ist heute Jura-Student und wurde im Kölner Landgericht mit geneigtem Interesse des Richters als Zeuge angehört.

Er sei gerade mit seinem Auto in die Augustastraße eingebogen, da habe es einen Knall gegeben und Trümmerteile seien auf die Straße gefallen, ein paar auch auf sein Auto, erinnert sich der junge Mann. Kurz habe er die Schuld bei sich vermutet: „Habe ich vielleicht ein Verkehrsschild gerammt?“, dann aber habe er die Lage überblickt, den Brand in der dritten Etage gesehen, instinktiv den Rückwärtsgang eingelegt und seinen Wagen zurückgesetzt.

Brand nach Explosion Opladen feuerwehr. Foto: Ralf Krieger

Beim ersten Löschangriff nach der Explosion brannte es noch in der dritten Etage.

Fünf Minuten lang hing er am Telefon in der Warteschleife der Leverkusener Feuerwehr, währenddessen machte der Abiturient eine seltsame Beobachtung: Nach und nach strömten sichtlich aufgeregte Nachbarn aus den umliegenden Häusern auf die Straße, einer aber wirkte ganz anders. Relativ ruhig, nicht eilig und ohne besondere Hast habe ein großer Mann das Haus verlassen und sei zielstrebig zu einem silberfarbenen Auto gegangen, sei eingestiegen und weggefahren, obwohl das Auto gewiss durch herabgefallene Trümmer beschädigt sein musste. „Das fand ich seltsam“, sagt der damalige Abiturient, der aus Leichlingen stammt.

Polizistin nimmt Beobachtung zu Protokoll 

Etwa ein bis zwei Minuten nach der Explosion sei das gewesen, den Mann habe er bedauerlicherweise nicht gut erkannt. Dann seien Polizei und Feuerwehr eingetroffen. Das Verhalten des Mannes empfand der Zeuge als so ungewöhnlich, dass er einer Polizistin davon berichtete, die später einen Kollegen zu ihm nach Hause schickte, der die Beobachtung zu Protokoll nahm.

Nahe Tannenbergstraße / Lötzener Straße unter der Stelze. Hier brannte das Auto des Tatverdächtigen, der in der Augustastraße eine Wohnung angezündet hat. Tatverdeckung, laut Anklage. Foto: Ralf Krieger

Nahe Tannenbergstraße/Lötzener Straße findet man auch heute noch den Brandfleck unter der Stelze. Hier brannte das Auto des Tatverdächtigen, der in der Augustastraße eine Wohnung angezündet haben soll.

Für die Anklage steht fest: Der Mann ohne Hast war der Tatverdächtige, dessen beschädigtes Auto nur eine Stunde später unter der Stelze brannte.

Näheres erfuhr man in der Verhandlung auch zur später veranlassten Untersuchung des Autos, das neben einer Säule unter der Stelze in Brand gesteckt wurde. Das Gutachten des Landeskriminalamts ergab: Die Trümmerteile vom Explosionsort, Dachziegel, Holzreste und Steine und die Reste auf dem Auto des mutmaßlichen Brandstifters sind als gleich anzusehen, optisch nicht zu unterscheiden. Dachziegel seien aber Massenware und deshalb ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass sie aus unterschiedlichen Quellen stammen.

Fahrschullehrer bemerkt schwer beschädigtes Auto

Fahrschulen nutzen den großen, immer trockenen Parkplatz unter der Stelze regelmäßig für Fahrstunden. Auch am späten Vormittag. Ein Fahrlehrer sagte als Zeuge in der Verhandlung aus. Er erinnerte sich, dass er einmal an dem Auto vorbeigefahren war, bevor es brannte. Das Auto habe ausgesehen, als hätte eine Exfreundin darauf herumgeschlagen habe, sagt er ein wenig schmunzelnd, es sei schwer beschädigt gewesen. Etwa zehn Minuten später habe es im Auto gebrannt, im Innenraum. Wichtig an seiner Beobachtung ist, dass das Auto schon am Freitagmittag beschädigt war, bevor es brannte.

Mohammad N. (Name geändert) war nämlich am folgenden Samstagmorgen auf der Wiesdorfer Wache erschienen und hatte eine Anzeige erstattet: Etwa um 1 Uhr Nachts will er acht bis neun Jugendliche gesehen haben, die auf seinem Auto herumgetrampelt haben. Laut Anklage soll der Tatverdächtige mithilfe dieser unbeholfenen Idee versucht haben, die Schäden am Auto zu erklären.

Der Leichlinger Jura-Student ist nach dem Erlebnis in Opladen zum Friseur gegangen und hat seine Abiturprüfung an jenem Freitag, dem 13. erfolgreich abgelegt.

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