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Notfunk LeverkusenDiese Amateure helfen, wenn Telefon und Internet im Blackout versagen

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Zur Not könnte er von hier wochenlang funken: Roland Wegner steht in Alkenrath auf dem Graf-Galen-Platz.

Zur Not könnte er von hier mit Solarenergie wochenlang funken: Roland Wegner steht in Alkenrath auf dem Graf-Galen-Platz.

Bei einem Blackout wollen die Leverkusener Amateurfunker einspringen, wenn die Kommunikationsmittel versagen.

Früher Samstagnachmittag, das Auto von Roland Wegner steht auf dem Graf-Galen-Platz in Alkenrath. Es knackt erst aus dem Lautsprecher, dann ertönt eine etwas verrauschte Stimme: „Hier Delta Lima zwo Kilo Hotel, stehe etwas im Funkschatten hinter der Feuerwache“. Es ist ein Funkspruch, er bedeutet nicht, dass sich der Sprecher in einem Hotel in Südamerika befindet, so sprechen sich Amateurfunker an. DL2KH ist Teilnehmer einer Übung der Notfunk-Gruppen im Umkreis, Wegner hat Position bezogen und wird gleich ebenfalls die Zentrale anfunken, um die Übertragungsqualität zu prüfen. Zehn weitere Funker sind in Leverkusen und Umgebung, Leichlingen und Burscheid unterwegs oder machen von zu Hause bei der Übung mit.

Ohne Strom kein Internet, kein Telefon, kein Handy

Notfunker wollen dann einspringen, wenn es wirklich ernst wird: Bei einem flächendeckenden Stromausfall wollen sie die Notfall-Kommunikation in ihrem „Distrikt“ wenigstens als Not-Netz aufrechterhalten. Denn: Ohne Strom kein Internet und ohne Internet und Strom funktioniert heute kein Telefon mehr. Mobilfunk gäbe es vermutlich höchstens für Minuten nach einem Blackout.

Simon Sauerwald und Achim Wagner sitzen vor Bildschirmen. In ihren Händen halten sie Funkgeräte.

Leitstelle ist der Vereins-Funkraum der Leverkusener Amateurfunker. An den Geräten: Simon Sauerwald (rechts) und Achim Wagner

Dass das keine Spielerei ist, hat sich immer wieder gezeigt: Selbst im Zeitalter von Satellitentelefonen waren Amateurfunker bei Erdbeben und Tsunamis oft die letzten, die aus Krisengebieten Hilfsorganisationen Informationen liefern konnten. Wenn also Anrufen nicht mehr geht, wollen die Notfunker an strategisch günstigen Plätzen oder in ihren Häusern auf den Dörfern Funkstuben und -stellen einrichten. Von dort könnten sie der Feuerwehr Mitteilungen übermitteln, etwa einen Krankenwagen rufen. Die Standorte der Funker sollen im Fall der Fälle im Lokalradio verlesen werden. So der Plan.

Dietlof von Arnim, Reserveoffizier, steht an einer Wandtafel. Neben ihm sitzt ein weiterer Mann.

Dietlof von Arnim, Reserveoffizier, an der voll-analogen Wandtafel.

In der Leverkusener Gruppe engagieren sich mittlerweile 25 Enthusiasten, die am Samstag für zwei Stunden ihre Übung für den Ernstfall abhalten. Überwiegend sind Amateurfunker Männer mit Faible für Elektronik.

Digital? Zu störanfällig!

Wegner hat neben seinem Auto ein kleines Solarpanel stehen, das lädt seine Autobatterie nach. Der damit erzeugte Strom reicht, um unbegrenzt Tag und Nacht funken zu können. Die Zentrale der Funker befindet sich im THW-Haus (Technisches Hilfswerk) in der Fixheide an der Schlangenhecke, wo die Leitstelle eingerichtet ist. Hier gibt es natürlich Notstrom, denn das THW ist die erste Adresse, wenn es um Bevölkerungsschutz und -versorgung bei Katastrophen geht. Die Zentrale ist am Samstag mit zwei Funkern besetzt, auf dem Tisch liegen Papiere, Karten und zwei Schokoriegel. Ein Monitor zeigt eine Karte mit den Standorten der Außenstationen, parallel zeichnet Dietlof von Arnim die Stellen auf einer Landkarte an der Wand auf.

Er ist Reserveoffizier und will sich auf keinen Fall alleine auf digitale Hilfsmittel verlassen. Genauso sehen das die Amateurfunker: Die Geräte arbeiten analog, auch ihnen ist das Digitale zu anfällig für Störungen – und es verbraucht mehr Strom. Roland Wegner ist zurück von einem Alkenrather Posten. Der Ingenieur für Nachrichtentechnik hat im Berufsleben Funknetze für Behörden und fürs Militär gebaut. Was genau, da druckst er etwas herum: Das sei geheim.

Wegner sagt: „Ich bin überzeugt, dass vernünftige Kommunikation zur Feuerwehr im Ernstfall im Stadtgebiet nicht garantiert werden kann. Unsere Gesellschaft ist extrem abhängig von der Kommunikation.“

Manche Stimme quäkt verknarzt aus dem Lautsprecher, aber das Funknetz der Elektronik-Freaks vom Leverkusener Ortsverband steht am Samstag. Man ist zufrieden. Selbst aus Wipperfürth und Deutz klinken sich Notfunker in die Übung ein. Fehlt noch die Verbindung zur Feuerwehr, denn die habe bisher noch wenig Interesse gezeigt, auch wenn der Oberbürgermeister die Funker einbeziehen möchte. Die Feuerwehr habe die Tendenz, alles felsenfest in Alarmplänen betonieren zu wollen, sagt ein Amateurfunker, aber das sei nicht möglich: Im Notfall werde vieles sowieso nur improvisiert laufen.


Die Leverkusener Amateurfunker bilden die größte Ortsgruppe im Deutschen Amateurfunk Radio Club (DARC).  

Amateurfunk-Lehrgänge 2023 in Leverkusen
Im Januar 2023 bietet der Ortsverband Leverkusen neue Lehrgänge zur Erlangung der Amateurfunkzeugnisse der Klassen E und A an. Beide Lehrgänge dauern sechs Monate und bereiten auf die staatliche Amateurfunkprüfung bei der Bundesnetzagentur vor. Ausbildungsinhalte sind Funktechnik, Betriebstechnik, Gesetzeskunde sowie Funkpraxis. Die Lehrgänge finden in den Clubräumen beim THW statt, Schlangenhecke 3. Interessenten sind zu einem Info-Abend am Donnerstag, 5. Januar 2023, um 18 Uhr eingeladen. Kontaktdaten findet man auf der Webseite www.funklizenz.de.