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Bordell in LeverkusenWiderstand gegen offensive Sex-Werbung

Lesezeit 3 Minuten

Einer Plakatwerbung kann sich niemand entziehen, deshalb ist eine Leserin von der Bordellwerbung, die wir hier gepixelt haben, besonders genervt. Gleich rechts davon wird ein Kindermusical angepriesen.

Leverkusen – Für Männer sind die Plakate wirkliche Hingucker: Vier junge Frauen mit makellosen Körpern, sehr sexy und spärlich bekleidet, blicken den Betrachter freundlich und auffordernd an. Angepriesen wird ein Bordell: Eine Tageskarte für den Puff soll 55 Euro kosten.

Im Zentrum des Bilds steht ein Mann mit teurem Anzug, Marke parfümierter, aber verkommener Typ, mit einer Fransenfrisur aus den 80er-Jahren, eine Zigarre in der Hand, an den Fingern Brillantringe. Alles glitzert. Man will seine Produkte, die Frauen also, mit Witz an den Mann bringen: Die vier Frauen sollen Huren sein, der kleine Mann ist der reiche Zuhälter. Sogar eine Andeutung auf die Gewaltbereitschaft im Milieu fehlt nicht im Bild: Der Lude hält einen weißen Stock in der Hand.

Augenzwinkernd selbstironisch haben sich die Werbeleute das ausgedacht. Im Gegensatz zu Radio-, Fernseh- oder Zeitungswerbung kann man sich Großplakaten im öffentlichen Raum kaum entziehen. Deshalb gibt es immer wieder Zerstörungen. Vor einigen Tagen wurde eines dieser Plakate an der Quettinger Straße teilweise heruntergerissen. Es hing schon seit Wochen dort und an mindestens einer weiteren Stelle in Leverkusen.

In der Redaktion meldete sich eine Leserin (Name bekannt) und machte ihrem Ärger Luft. Nicht nur extrem sexistisch findet sie die Darstellung, noch mehr stört sie, welche Werte da transportiert werden, die ungefiltert nicht nur der Zielgruppe Männern eingetrichtert würden, sondern auch schon auf Kinder wirkten.

Idee vom leicht käuflichen Fleisch

Es sei die Idee vom leicht käuflichen Fleisch. Jungs würde vorgegaukelt, so die 45-Jährige Frau, dass man Frauen einfach kaufen könne und nichts dabei sei. Von ihrem Sohn wünsche sie sich solche Ansichten und Einstellungen nicht. Mindestens ebenso negative Auswirkungen auf junge Mädchen befürchtet sie.

Die Frau hat es in einem Brief an die Geschäftsführung der Werbefirma AWK-Außenwerbung, Koblenz, so ausgedrückt: „Sollte es normal und erstrebenswert sein, dass Frauen sich ganz selbstverständlich als Ware anbieten?“ Weiter schrieb sie: „Das Frauenbild, das den Kindern vorgegaukelt wird, ist doch: »So muss ich sein, es ist normal, eine Hure zu sein«“ Hinter der fröhlich frivolen Fassade der Werbung verberge sich aber viel Schmerz, Demütigung, Hoffnungslosigkeit.

Es ist nicht die erste Beschwerde dieser Art, die die Leverkusenerin losgelassen hat. Aber man werde belächelt, in die Ecke gestellt, auch aus dem Frauenbüro habe sie bei früheren Beschwerden „Null Unterstützung“ erhalten. Vor zwei Wochen erhielt deshalb der Oberbürgermeister Post von ihr. Darin appelliert sie an die Stadtverwaltung, sich dieses Themas anzunehmen und etwas zu unternehmen. Menschenhandel und Zwangsprostitution seien Fragen, die vermehrt im Zusammenhang mit Bordellen stünden.

Vielleicht beschleunigte die Anfrage des Leverkusener Anzeiger den Vorgang, die Stadtverwaltung bezog gestern Stellung nach zweitägiger Prüfung: „Aus unserer Sicht wird diese Werbung als Störung angesehen“, ließ eine Pressesprecherin wissen. Die Plakattafeln stünden auf privatem Grund, man habe dennoch gerade Kontakt mit der AWK aufgenommen. Das Ziel: Diese Werbung soll verschwinden.

Weshalb die Bilder von der Werbefirma überhaupt geklebt wurden, ist unklar. Sie verstoßen gegen mehrere Verhaltensregeln des Deutschen Werberats, der die Darstellung der Käuflichkeit von Menschen, sexuelle Verfügbarkeit und das Zeigen von Dominanzgebaren ausschließt. Die Firma AWK zieht in der Sache offenbar lieber den Schwanz ein: Weder unsere Anfrage noch den Beschwerdebrief der Leserin hat die Firma bisher beantwortet.