Mit der „Jecken Meile“ zieht der rheinische Frohsinn mitten im Juni durch die Schlebuscher Fußgängerzone – zum ersten Mal. Und Henning Krautmacher erobert im Wuppermannpark die heimischen Herzen zurück.
Brauchtum in LeverkusenSchlebuscher Volksfest: Henning Krautmacher singt sich heim

Anekdoten aus alten Zeiten: Henning Krautmacher und Werner Nolden auf der Bühne
Copyright: Timon Brombach
Zwei Tage lang gehört die Fußgängerzone im Dorf bei der „Jecken Meile“ den Leverkusener Karnevalistinnen und Karnevalisten – und damit einer Stadtgesellschaft, die weiß, dass Brauchtum kein Datum braucht. Bunt geschmückte Stände, Vereinszelte, Orden, Wimpel und Kölsch vom Fass – die ganze Vielfalt des Leverkusener Karnevals zieht sich vom Marktplatz bis zum Herkenrath Hof.
Auf der Bühne am Arkadenplatz geben sich Tanzgruppen, Nachwuchssängerinnen und Moderatoren das Mikro in die Hand. Dazwischen: Gespräche, Gelächter und das kollektive Gefühl, dass hier etwas Neues beginnt – aber auf altem, festem Grund. Zu viel los ist in der Fußgängerzone nicht, zu sehr drückt die Sonne. Unter den Mitwirkenden: die Fraulückcher mit Sandra Sänger, Laura Kürten und Kathrin Janus, sowie Mitglieder der KG Fidelio Manfort – Thorsten Klatt und Emmy Schminkel. Organisiert wurde vor allem auch viel für Kinder.

Mottowagen in der Fußgängerzone: Leverkusens erste "Jecke Meile"
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Auch die Roten Funken, Altstadtfunken, Stadtgarde, Grün-Weiß Schlebusch und viele mehr sind dabei. Es ist eine Szene wie aus einem rheinischen Bilderbuch – nur eben mitten im Juni. Zwischen all dem: Gespräche über Nachwuchsgewinnung. Und über Zusammenhalt. Denn dass dieser Karneval lebt, zeigt sich nicht nur im Tanz, sondern vor allem im Gespräch.
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Henning Krautmacher und Werner Nolden: Als zwei alte Bekannte sich wiedersehen
Samstagabend. Die Sonne senkt sich über dem Wuppermannpark, als sich die Menge langsam vor der Bühne sammelt. Kinder auf Schultern, Rentner in Campingstühlen, mittendrin viele, die man an diesem Ort schon unzählige Male gesehen hat. Henning Krautmacher betritt nach einem theatralischen Intro die Bühne, gemeinsam mit Veranstalter Werner Nolden – und schnell wird klar: Das ist nicht irgendein Konzert, das ist eine persönliche Geschichte, die sich vor Publikum entfaltet.
„Das Jubiläumspaar ist da“, sagt Nolden und meint damit sich und Krautmacher. Fast fünfzig Jahre kennen sie sich. Sie lachen, erzählen, kramen Erinnerungen hervor wie alte Schallplatten. Damals, als Henning noch Fahrer bei Funkmietwagen Nolden war, Gäste zur „Oase intim“ brachte oder an der Diskothek „Meeting“ in Wiesdorf aussteigen ließ. Geschichten, die heute fast zu amüsant klingen, um wahr zu sein – aber es ist eben genau diese Nähe, die das Publikum berührt. „Drei Jahre nichts gemacht“, sagt Krautmacher, „und jetzt 5000 Leute vor der Bühne – viele kenn’ ich noch persönlich.“ Er sei etwas nervös.

Tausende Besucher waren in den Wuppermannpark gekommen
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Und dann nach dem Talk beginnt er. Unplugged. Seine Stimme, ein paar Akkorde – und der Wuppermannpark beginnt zu singen: „Schön, dat du do bes.“ Es ist ein kollektives Erinnern. An die „Höhner“ oder an Lieder wie „Schubidu“, aber auch an all das, was Henning Krautmacher in Leverkusen war – und ist: nicht nur Musiker, sondern Freund, Weggefährte, Identifikationsfigur. Später unterstützen ihn „Eldorado“, ein Orchester und ein Gospelchor.
Hennig Krautmacher in Leverkusen: Ein Park, ein Lied, ein Leben
Seine Familie ist da. Außer seine Frau, die er mit leiser Stimme erwähnt: „Anke ist krebsfrei – für mich.“ Und wenn man in diesem Moment in die Menge blickt, sieht man keine Fans – man sieht Freunde, die sich mitfreuen. Auch das gehört zum Gelingen eines solchen Wochenendes: Sicherheit im Hintergrund.
Dennis Benson vom DRK-Ortsverein Leverkusen zieht eine erfreulich unspektakuläre Bilanz. „Wir hatten natürlich Einsätze, aber nichts Außergewöhnliches“, sagt er. Seit Jahrzehnten begleitet das DRK das Schlebuscher Volksfest – fast schon eine eigene Tradition. „In diesem Jahr war es trotz der Hitze besonders ruhig. So darf es gerne bleiben.“ Trinkwasser-Stationen oder ähnliches gab es nicht.

Henning Krautmacher mit Orchesterbegleitung: Von "Schön, dat du do bes!" bis "Viva Colonia"
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Krautmacher und Nolden denken zurück, wie vor vierzig Jahren alles entstand. Beim Adventsmarkt hätten sie den Park damals zusammen entdeckt. „Die Bäume hier waren gerade erst einen Meter hoch“, da sagte Krautmacher: „Werner, das ist hier wie der Stadtpark von Köln, hier kann man auch einen Tanzbrunnen draus machen.“ Später ordnet er ein: „Das hier ist kein Comeback. Ich bekomm’ keine Gage, es kostet keinen Eintritt. Das ist eine Ausnahme, für eine große Institution, die ich liebe.“ Krautmacher scherzt: „Früher haben die mir hier den Arsch nachgetragen, heute stell’ ich mir das Mikrofon selber ein.“
Es ist das Gefühl, dass Heimat nicht nur ein Ort ist, sondern ein Klang, eine Stimme. Und dass Karneval kein Kalenderdatum braucht, sondern Menschen, die füreinander da sind – ob mit Orden oder mit Gitarre. „Haben wir noch Zeit für einen?“, fragt Krautmacher um 22 Uhr Richtung Nolden. Eigentlich nicht. Aber ein letztes „Viva Colonia“ mit Orchesterbegleitung, das muss schon noch drin sein.