BundesgesundheitsministerWarum Karl Lauterbach sich Sorgen um Bayer macht

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Karl Lauterbach steht vor dem SPD-Haus in der Dünnstraße in Wiesdorf.

Karl Lauterbach sorgt sich auch um Bayer.

Der Pharma-Standort Deutschland sei ins Hintertreffen geraten, sagt der Minister. Mit Bayer hat er deshalb eine Gesetzesinitiative abgesprochen.

Es ist ein ganzes Bündel von Dingen, die Karl Lauterbach in den vergangenen Monaten zusammengeschnürt hat. Mit dem Ziel, die einstmalige „Apotheke der Welt“ wieder auf Vordermann zu bringen. Was dringend erforderlich ist, sagt der Bundesgesundheitsminister am Dienstag. Deutschland sei inzwischen „ein Forschungsstandort, der an Qualität noch einbüßt“. Wer hier ein Arzneimittel entwickeln und womöglich auch noch produzieren will, stoße auf zu viele Hürden. So sei es außerordentlich schwierig, überhaupt Patienten zu rekrutieren für die letzte Phase der Medikamentenentwicklung, so der Mediziner. Es spreche Bände, dass in Großbritannien, den USA, aber auch Dänemark „zehnmal so viele Patienten an klinischen Studien teilnehmen wie bei uns“.

Auch die Genehmigungsprozeduren für Produktionsbetriebe seien viel zu kompliziert, die vielen beteiligten Behörden zu zögerlich, kritisiert der Minister. Schließlich: Der Fluss an Patientendaten stocke. Mit dem Effekt, dass auch die medizinische Forschung in Deutschland ins Hintertreffen geraten sei. Nicht nur der Dauerbrenner Patientenakte zeige, „dass wir in der Digitalisierung mehr oder weniger ein Entwicklungsland sind“, sagt Lauterbach im SPD-Haus an der Dhünnstraße. In den nächsten Tagen wird er sein Gesetzesprojekt mit dem Arbeitstitel „Stärkung des Pharma-Standortes Deutschland“ dem Bundeskanzler vorstellen.

Pharma-Vorstand Stefan Oelrich war dabei

An der Kaiser-Wilhelm-Allee hört man das mit Wohlgefallen – aber die Initiative des Bundesgesundheitsministers, der mit Bayer längst nicht immer auf einer Linie liegt, wird keine Überraschung sein. Als es darum ging, die Bedürfnisse der Arzneimittel-Entwickler und -Hersteller herauszufinden, habe er in engem Austausch mit Stefan Oelrich gestanden, so Lauterbach. Bayers Pharma-Vorstand hatte es allerdings auch räumlich nicht weit: Die Sparte ist in Berlin angesiedelt, in den früheren Schering-Werken.       

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Die einzige pharmazeutische Produktion an Bayers Stammsitz wird gerade komplett erneuert. Ein Projekt, das ebenfalls Jahre der Planung – und Genehmigung – benötigte, bevor Bayer den Grundstein legen konnte. Zum Richtfest kam vor 15 Monaten der Bundeskanzler.


Gibt es noch Chance, die Mega-Stelze zu verhindern? Am Dienstagnachmittag wollten Karl Lauterbach und Oberbürgermeister Uwe Richrath die Frage mit Landesverkehrsminister Oliver Krischer erörtern. Der Grüne liegt zwar nach eigenem Bekenntnis „auf einer Linie mit Leverkusen“, unterstrich Lauterbach. Aber: Die Chance, den irrsinnigen Plan noch aufzuhalten, hat er vor Monaten nicht genutzt. Die „Vorzugsvariante“ mit der Mega-Stelze blieb im Bundesverkehrsministerium auf dem Tisch. Dabei hätte er „damit gerechnet“, dass aus Düsseldorf ein anderer Vorschlag nach Berlin gemeldet wird. Das sei allerdings nur möglich, wenn Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mitziehe.

Lauterbach stört, dass der Ausbau der Autobahnen 1 und 3 so geplant wird, „als würden wir die Verkehrswende nicht machen“. Der Minister räumte ein, dass nach der Ausschreibung des zweiten Teils der Rheinbrücke der auch von ihm favorisierte lange A-1-Tunnel unter dem Rhein praktisch vom Tisch ist.

Der „kurze Dienstweg“ am Kabinettstisch in Berlin sei aber versperrt, sagte Lauterbach dem „Leverkusener Anzeiger“. Das Parlament könne jetzt noch etwas ändern. Nicht aber der Bundesgesundheitsminister im Gespräch mit dem Bundesverkehrsminister. (tk)


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