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Das größte Problem sind Telefonbetrüger

Lesezeit 3 Minuten

Betrugsversuche am Telefon gehören auch zum Repertoire einer Großfamilie. Die Polizei hat sie zuletzt bekämpft.

Es dürfte kaum eine Stadt geben, in der telefonische Betrügereien so geläufig sind wie in Leverkusen. Dafür ist zu viel berichtet worden über eines der Geschäftsmodelle der Großfamilie G., deren Mitglieder mehrfach vor Gericht gestanden haben und verurteilt wurden – unter anderem wegen groß angelegter Betrugsversuche am Telefon. Trotzdem ist die Zahl der Opfer voriges Jahr deutlich gestiegen. Von 61 auf 539 Fälle allein in Leverkusen; auch Köln verzeichnet erhebliche Steigerungen. In 60 Fällen waren die Betrüger erfolgreich, machten also Beute. Das berichteten am Montag Polizeipräsident Uwe Jacob und Klaus-Stephan Becker, Leiter der Kripo in der Behörde. Vor allem ältere Leute würden angerufen und mit erfundenen Geschichten dazu verleitet, Geld von der Bank abzuheben und Fremden anzuvertrauen, deren Kommen von den Betrügern am Telefon angekündigt wird.

„Eine regelrechte Industrie“ sei da entstanden, beschrieb Becker im Kölner Polizeipräsidium die Situation. Sie umfasse nicht nur das systematische Abtelefonieren von Menschen, deren Vorname den Schluss nahe legt, dass sie schon älter sind. Es gebe auch einen schwunghaften Handel mit Adressen potenzieller Opfer. Voriges Jahr sei es erstmals gelungen, mit Hilfe der dortigen Behörden ein Betrüger-Callcenter in der Türkei auszuheben. Dessen Stilllegung „hat sich sofort bemerkbar gemacht“, so der Kripo-Chef. Doch das Betrugsgeschäft mit diversen Varianten des „Enkeltricks“ boome, obwohl die Erfolgsquote sich auf den ersten Blick mager ausnimmt: Nur in einem bis vier Prozent konnten die Betrüger ihren Opfern tatsächlich Geld abnehmen. Das gelte jedenfalls bei der Telefon-Methode. Gibt sich jemand zum Beispiel als Mitarbeiter der Energieversorgung Leverkusen aus und versucht so, kleinere Beträge abzugreifen, steige die Erfolgsquote allerdings auf rund 50 Prozent.

Ganz große Betrügereien würden zwar oft vereitelt, weil auch die Banken alarmiert sind und der Polizei Hinweise geben, wenn etwa eine alte Frau plötzlich ihr Konto plündern will. Dennoch bleibt Betrug zum Nachteil Älterer eine Baustelle. Im Kampf gegen Räuber ist der Polizei voriges Jahr ein Schlag gelungen. Eine Gruppe von vier Tätern, denen neun Delikte nachgewiesen wurden, sei festgenommen worden „ohne dass geschossen worden ist“, sagte Becker. Insgesamt ist die Zahl der Raubdelikte voriges Jahr um 32 auf 71 Fälle zurückgegangen.

Große Sorgen bereiten dem Kripo-Chef die vielen Leute, die sich mit Messern bewaffnen. „Das dienst nicht der Verteidigung – ein Messer ist eine Angriffswaffe“, so Becker. An der Polizeispitze denkt man deshalb darüber nach, Trageverbote auszusprechen. Das Waffengesetz würde es hergeben.

Positiver Trend setzt sich fort

„So sicher wie noch nie“ habe es sich voriges Jahr in Leverkusen und Köln gelebt, fasste Uwe Jacob die Ergebnisse der Kriminalstatistik zusammen. 11 037 Fälle tauchen insgesamt auf, das sind 927 weniger als 2018. Die Aufklärungsquote sei nochmals leicht auf 51,35 Prozent gestiegen. Sehr deutlich gesunken ist die Zahl der Wohnungseinbrüche. Vor fünf Jahren waren es 724, zuletzt nur noch 245. Beim Taschendiebstahl gab es zwischen 2015 und zuletzt fast eine Halbierung von 490 auf 258 Fälle. Die Zahl der Autodiebstähle ist dagegen im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, insgesamt aber rückläufig. Fahrraddiebstähle haben nach einem Hoch in den Jahren 2016 und 2017 wieder abgenommen. Aufgeklärt werden sie kaum. Drogendelikte haben 2019 von 447 auf 471 zugenommen; die Zahl der Sexualdelikte war laut Polizeistatistik von 110 auf 90 Fälle rückläufig. (tk)