Demo in WiesdorfLeverkusener Schülerinnen und Schüler fordern Reform des Bildungssystems

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Protest Schüler / Bezirksschülervertretung Leverkusen für Veränderungen im Schulsystem vor der Rathausgalerie in Wiesdorf. Rechts am Megafon sprechen Lara Helvacioglu (r.) und Oumaima Laghrida (2.v.) von der Bezirksschülervertretung.

Am Megafon sprechen Lara Helvacioglu (r.) und Oumaima Laghrida (2.v.r.) von der Bezirksschülervertretung und forderten eine Verbesserung des Bildungssystems.

Am Mittwoch demonstrierten Schülerinnen und Schüler in ganz NRW für ein besseres Bildungssystem  – in Leverkusen vor der Rathausgalerie. 

Dass zu Beginn ihrer Rede das Megafon fiepte und quietschte und zig Rückkopplungen durch die Lautsprecher dröhnten, passte irgendwie zum Anlass. Denn die beiden Rednerinnen Oumima Laghrida und Lara Helvacioglu von der Bezirksschülervertretung Leverkusen hatten sich zusammen mit gut 150 weiteren Schülerinnen und Schülern mehrerer Schulen der Stadt vors Rathaus gestellt, um das Bildungssystem anzuprangern.

Das quietscht zwar nicht. Aber es hakt und knirscht und rappelt und ächzt symbolisch gesprochen so vor sich hin und wird dabei immer lauter und immer weiter. So laut und weit, dass sich viele Jugendliche im Land weder wohl- noch ernst genommen fühlen. Mehr Geld muss her. Mehr Engagement seitens der Politik, fordern die Schüler. 

„Investieren!“ als klare Forderung

Und genau deshalb standen die beiden Schülerinnen der Gesamtschule Schlebusch in der City, während zeitgleich auch in anderen Städten des Landes auf gleiche Art demonstriert und protestiert wurde. Neben ihnen hatten weitere Schüler zwei Plakate entrollt, auf denen „Investieren!“ und „Bildungskatastrophe bekämpfen!“ zu lesen war. Um sie herum hielten viele Gleichaltrige selbstgemalte Schilder in die Luft, deren Botschaften in die gleiche Kerbe schlugen. 

Protest Schüler / Bezirksschülervertretung Leverkusen für Veränderungen im Schulsystem vor der Rathausgalerie in Wiesdorf. Mit dabei waren auch Aymaz Ghadimi und Malte Plack, die Mitglied in der Bezirksschülervertretung sind.

Aynaz Ghadimi und Malte Plack sind Mitglieder in der Bezirksschülervertretung und hatten die Demo mit vorbereitet.

„Wir sind hier, weil Bildung wichtig ist“, rief Oumaima Laghrida und schob hinterher: „Bildung ist kein Luxus, sondern ein Grundrecht!“ Und ganz nebenbei auch: Zukunft. Und an der gelte es, zu arbeiten. Gemeinsam. Und bitteschön auch mit Hilfe der Politik. Denn an den Schulen sehe es alles andere als gut aus: Veraltete Räume, kaputte Heizungen, baufällige Gebäude. Dazu ein eklatanter Mangel an Lehrkräften. Unterrichtsausfälle. Riesige Lücken im Stundenplan, die am Ende auch zu Wissenslücken zu führen drohen. Zu hoher Leistungsdruck etwa durch Prüfungsverfahren, die nicht mehr zeitgemäß sind.

Kurzum: Es läuft nicht. Wissbegierige junge Menschen, die sich aufs Leben vorbereiten, werden demotiviert. Und zwar über quasi alle Schulformen hinweg.

Auch Marie Wahle und Moritz Hüttner aus der Stufe Q2 des Werner-Heisenberg-Gymnasiums zeigten, was ihnen auf dem Herzen lag, in Plakatform: „Noten spiegeln nicht die Intelligenz“ stand da als mathematische Formel. Und „Meine ganze Schule und meine Oma finden das Bildungssystem veraltet“. Für beide sei es „wichtig, ein Zeichen zu setze“, sagte Moritz.

Neben ihm und Marie gingen Aynaz Ghadimi aus der Q1 und Malte Plack aus der 9. Klasse der Schlebuscher Gesamtschule durch die Reihen der Demonstrierenden. Sie hatten wie die Rednerinnen gelbe Warnwesten an und gehörten somit optisch zum Orga-Team – und zur Bezirksschülervertretung. Die aktuelle habe sich erst im vergangenen Januar gegründet, sagte Malte.

Protest Schüler / Bezirksschülervertretung Leverkusen für Veränderungen im Schulsystem vor der Rathausgalerie in Wiesdorf. Mit dabei: Moritz Hüttner und Marie Wahl, die ihre selbstgemalten Protestplakate zeigen.

Nicht nur Moritz Hüttner und Marie Wahl vom Werner-Heisenberg-Gymnasium zeigten auf selbstgemalten Plakaten, was sie vom aktuellen Bildungssystem halten.

Sprich: „Wir hatte in den vergangenen Wochen zur Vorbereitung der Demo heute ziemlich viel zu tun.“ Vorbereitungen waren angesagt. Absprachen und stete Gespräche mit Schülerinnen und Schülern anderen Städte. Gespräche mit den Schulleiterinnen und Schulleitern in Leverkusen. Gespräche mit der Landesschülervertretung in Düsseldorf. Und so weiter. Und so fort. 

Am Ende hofften sie, dass es „etwas hilft“, sagte Aynaz. Immerhin: Zu übersehen und zu überhören waren die Jugendlichen aus Leverkusen an diesem Tag nicht. Sie hatten ein Zeichen gesetzt. Und das ist ein Anfang. Der Rest, das machten diese jungen Menschen unmissverständlich klar, liegt nun an der Politik.

In Leverkusen beschäftigte die sich zuletzt unter anderem mit tristen Schulhöfen und fehlenden Pausenangeboten. Die Fraktion der Grünen hatte nämlich genau dies bei der Sitzung des zweiten Jugendstadtrates bemängelt. „An vielen Leverkusener Schulen gibt es schlechte Pausenangebote und dies führt dazu, dass die Kinder sich nicht bewegen, was zu Konzentrationsschwierigkeiten führt“, argumentierten die Jugendlichen dort in ihrem Antrag – und bekamen damit die Zustimmung des Gremiums.

In Sachen „große“ Politik ist es nicht ganz so einfach

In der „großen“ Politik hingegen lief es nicht ganz so einfach. „Fehlende Pausenangebote und freiwillige Sportpausen sind innere Schulangelegenheit“, gab Bernhard Marewski (CDU) diesbezüglich im Schulausschuss zu bedenken. Da könne die Politik sich nicht einmischen. Sehr wohl aber könne sie dies bei den geforderten Spielgeräten.

Vor allem Basketballkörbe und Tischtennisplatten wünschten sich die Jugendlichen: „Das sind Beispiele, die relativ kostengünstig sind und nach unseren Erfahrungen von vielen genutzt werden“, sagte Laura Peiffer. So beauftragte der Schulausschuss die Stadtverwaltung zu prüfen, wo entsprechende Geräte fehlen.

Jetzt haben die Fachbereiche Schulen und Stadtgrün ihre Stellungnahme dazu abgegeben. Erste Erkenntnis: Laut Inventarverzeichnis sei „das geforderte Sportangebot bereits in ausreichender Anzahl an den Schulen vorhanden“. Heißt: Jede Schule hat Anlagen zur Pausengestaltung, möglicherweise nur nicht die richtigen.

Outdoor-Fitnessgeräte zum Beispiel seien vor „mehr als einem Jahrzehnt“ bereits an ersten Schulen installiert worden, allerdings seien die meisten mittlerweile wieder abgebaut, weil sie kaum genutzt wurden. So sei man auf bewährte Spiel- und Klettergeräte zurückgegangen.

Basketballkörbe sind finanzierbar

Dass Basketballkörbe mehr genutzt werden würden, glaubt auch die Stadtverwaltung. Und hier seien die Anschaffungskosten zwar relativ hoch, die Instandhaltung aus finanzieller und personeller Sicht aber „beherrschbar“. Die Verwaltung verspricht, „im Rahmen der laufenden Arbeitsplanung kurzfristige Maßnahmen im Sinne der Jugendlichen umzusetzen, um schnell verbesserte Pausenmöglichkeiten für Basketball oder Tischtennis zu bieten, wo gemäß Bestandsverzeichnis noch Optimierungen möglich sind.“

Da die Mittel aber begrenzt seien, müssten bei Bedarf auch die Schulen selbst in Aktion treten und Anträge für Mittel aus den kleinen Investitionsmaßnahmen im Stadtbezirk stellen. Außerdem haben die Schulen zugewiesene Budgetmittel, die sie für Bälle oder Bewegungsangebote einsetzen können.

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