Handelsbeziehungen vertiefen sichImmer mehr chinesische Firmen in Leverkusen

Stadtansicht von Wuxi, Partnerstadt von Leverkusen: Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China wachsen stetig.
Copyright: Stadt Wuxi
Leverkusen – Es ist der Zukunftsmarkt schlechthin, natürlich auch für Leverkusener Unternehmen, die international agieren und ihren Blick nach Asien richten. Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt hat China im globalen Handel mittlerweile mehr als bloß ein Wort mitzureden. Das Ausmaß, mit dem China die Regeln bestimmt, zeigt sich in Deutschland und innerhalb der EU vor allem durch anhaltende Debatten darüber, wie mit der Volksrepublik politisch und wirtschaftlich umzugehen ist. Klar ist: China hat die USA als wichtigstes Lieferland für die deutsche Wirtschaft außerhalb Europas überholt.
Bayer, Covestro, TMD Friction und Carcoustics sind Unternehmen mit Hauptsitz in Leverkusen, die auch Anlagen und Produktionsstätten in China betreiben. Für Bayer gehört die Volksrepublik zu den drei umsatzstärksten Ländern. Laut dem Geschäftsbericht von 2019 ist vor allem bei pharmazeutischen Produkten ein anhaltendes Wachstum zu verzeichnen.
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Das überrascht nicht, denn die vor 40 Jahren eingeführte Ein-Kind-Politik zieht demografische Folgen mit sich: Chinas Bevölkerung altert und bietet damit einen lukrativen Absatzmarkt für pharmazeutische Produkte. Mit der Übernahme des führenden chinesischen Konzerns für rezeptfreie Medikamente der Traditionellen Chinesischen Medizin Dihon Pharmaceutical im Jahr 2014, hat sich Bayer zudem dort an die Spitze der Branche für Produkte der Selbstmedikation manövriert.
Das stetige Wachstum in China und in der Asien-Pazifik-Region steigert die Attraktivität dieser Märkte – auch in Pandemiezeiten. Trotz Corona-bedingtem Nachfragerückgang im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen Covestro im 3. Quartal in China eine Umsatzsteigerung von 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnen. Der Hersteller für Kunststoffe produziert dort für lokale Märkte, da viele Kundenunternehmen die Produkte in China weiterverarbeiten und damit die Notwendigkeit eines Import- oder Exportgeschäfts entfällt.
Firmen kommen an den Rhein
Es sind jedoch nicht nur Leverkusener Unternehmen, die nach China gehen – auch chinesische Unternehmen sind mittlerweile in Leverkusen vertreten. Im Jahr 2016 wurde der Automobilzulieferer Carcoustics von dem chinesischen Investor Dare Group Ltd. aufgekauft. Das Unternehmen solle wachsen und das nicht nur in China, sondern international. „Wir haben durchweg positive Erfahrungen mit unserem chinesischen Investor gemacht und freuen uns auf weitere Jahre der Zusammenarbeit“, heißt es in einem Statement der Unternehmensführung von Carcoustics. Am europäischen Management werde weiterhin festgehalten und die von Carcoustics entwickelte Unternehmensstrategie soll von der Dare-Gruppe voll mitgetragen werden.
Mit dem Statement setzt der Autozulieferer ein Zeichen gegen die allgemeinen Vorwürfe, chinesische Investoren würden die Unternehmenskultur und das Management verändern. Seit 2020 ist zudem ein Unternehmen im Chempark ansässig, dass sich in Leverkusens chinesischer Partnerstadt Wuxi gegründet hat. WuXi Biologics, ein Entwickler und Hersteller von Biopharmazeutika, hat im vergangenen Jahr eine Produktionsstätte von Bayer sowohl in Leverkusen als auch in Wuppertal erworben.
WuXi Biologics produziert weltweit für Pharma-Konzerne. Rund zwei Drittel der Kundenunternehmen befänden sich in Europa und Amerika, hieß es auf Nachfrage bei WuXi Biologics. Auch Vorprodukte des Corona-Impfstoffs sollen zukünftig von dem chinesischen Unternehmen in NRW hergestellt werden.
Weshalb scheint der Umgang mit der Volksrepublik China so viel komplizierter als mit anderen Handelsnationen wie etwa den USA? Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und den westlichen Industrienationen waren lange vor allem durch den Vorwurf gegenüber der Volksrepublik belastet, der Zugang zum Markt sei nicht unter fairen Bedingungen möglich.
Hinzu kam der Verdacht, dass chinesische Unternehmen ausgereifte Technologien und Fachwissen abgreifen. Durch ein Gesetz, das 2020 in China in Kraft getreten ist, soll es von nun an zu einer Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Investoren kommen.
Im Jahr 2015 hatte die chinesische Führung den Plan „Made in China 2025“ auf den Weg gebracht, der für eine umfassende Aufwertung der Industrie sorgen soll und vor allem auf High-Tech Industriebereiche wie Roboter- und Kommunikationstechnologie, aber auch auf Biomedizin und Elektromobilität in der Automobilbranche abzielt. Mögliche Eingriffe in diesen Schlüsselbranchen durch die Kommunistische Partei in chinesische Unternehmen und die Frage, ob die Firmen in privaten oder staatlichen Händen liegen, sorgen hierbei für Misstrauen auf europäischer Seite. Nicht zuletzt hatte der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei weltweit in diesem Rahmen für Diskussionen gesorgt.
Im Fall der in Leverkusen ansässigen Unternehmen gibt die Dare-Gruppe an, eine nicht staatliche Aktiengesellschaft mit privatem Hauptaktionär zu sein. Auch WuXi Biologics stellte auf Anfrage klar, dass es sich hierbei um ein privates, nicht-staatliches Unternehmen handele.