Konzert in OpladenRobert Cray zeigt im Scala, dass er den Blues perfektioniert hat

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Der Blues-Gitarrist Robert Cray gab ein Konzert im Scala-Club.

Leverkusen  – Es hat was, so ein Clubkonzert im Sommer. Wenn es draußen schon warm ist, ist es drinnen heiß. Ein Song - und der Schweiß läuft. Dunkelheit und Schummerlicht sind plötzlich nicht mehr nur eine bühnendramaturgische, durch die Lichttechnik hervorgerufene Konsequenz, sondern eine Metapher: Vor der Türe die helle, grelle, altbekannte Welt. Drinnen dieses gänzlich andere Universum.

Bei Robert Cray ist es das Universum des Blues. Und er hat es perfektioniert. So sehr, dass vom ersten Ton an alles zusammenschrumpft auf die paar Quadratmeter auf und vor der Bühne des sehr gut gefüllten Scala-Clubs. 

Fünf Grammys und Legendenfreunde

Kein Wunder ist das, denn dort oben steht einer, der sämtliche Weihen des Geschäfts erfahren und maximalen Erfolg gehabt hat: Robert Cray gewann fünf Grammys - was quasi fünf Oscars bedeuten würde, wäre er nicht Musiker sondern Schauspieler. Er machte in seinem bislang 68 Jahre dauernden Leben gemeinsame Sache mit Legenden wie B.B. King, Keith Richards, Chuck Berry, Stevie Ray Vaughan und Eric Clapton.

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Und er sammelte dadurch derart viel Selbstvertrauen und Glauben an die eigene Stärke und musikalische Güte, dass er seine Freundschaft mit letzterem - dem großen „Mr. Slowhand“ - im vergangenen Jahr gar aufkündigte. Der Grund: Clapton verglich, nach bereits mehreren Verbal-Fehltritten zum Thema zuvor - den Lockdown während der Corona-Pandemie mit der Sklaverei. Ein Schritt zu weit und verständlicherweise zu viel - gerade für jemanden wie Robert Cray: Er wurde in den Südstaaten der USA geboren, er ist schwarzer Musiker.

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Bluenotes als Westentasche

Im Scala ist diese Stärke und Güte in jedem Ton zu hören, den Robert Cray, begleitet von seiner Band, spielt. Den Blues und alles Artverwandte aus dem Americana-Vermächtnis seiner Heimat hat er technisch wie emotional schlichtweg drauf. Die Bluenotes sind seine Westentasche. Die den Songs seit jeher innewohnende Melancholie ist sein imaginäres Gewand. Und auch wenn dieses uralte, noch weit vor dem Rock 'n' Roll und Pop aus dem Gospel und Jazz entstandene Genre gefühlt schon alles hervorgebracht hat und gerne nochmal und nochmal und immer wieder von irgendwem totgenudelt wird, gibt es bei Robert Cray kein Verharren im Gestern, kein Traditions-Overkill.

Sein Blues ist frisch, modern, unlangweilig - besonders in Songs wie dem hervorragenden „Shiver“, in dem er die Gitarre so ausgefuchst spielt, als habe er zwei davon gleichzeitig in der Hand. Oder dem stampfenden „Anytime“, das er nach dem langsamen Versiegen der Moll- und Major-7-Akkorde in der Stille des Raumes auf Dur enden lässt.  

(Nicht nur) Texte über unglückliche Liebe

Und die Texte? Klar: Die drehen sich immer und immer wieder um eines: die Liebe. Meist die gewesene. Gefühlt verbringen die Ich-Typen, von denen Robert Cray da singt, Stunde um Stunde am Telefonhörer, um irgendwem das Leid mit der Verflossenen zu klagen. Schluss, aus, vorbei. Die Liebe ist futsch. Der, eben, Blues ist da. Aber wenn's nicht so wäre, wäre es ja auch Country oder folkiger Pop oder dergleichen. 

Und außerdem sind da ja auch diese herrlichen Humorigkeiten zwischendurch wie etwa der Song „Chicken in the kitchen“, in dem es um, nun ja, zur Mahlzeit serviertes Hühnchen geht. Wobei auch das nicht alles ist, denn: Selbst solche vermeintlichen Belanglosigkeiten lyrischer Art sind letztlich relevante Alltagsbeobachtungen, historische soziale Studien im Kreis der arbeitenden Klasse, auf denen der Blues seit jeher gründet: das Beisammensein am Ende des Tages im Kreise der Familie, das Sich-selbst-Vergewissern des eigenen sozialen Kosmos', der einen gegen alle Widrigkeiten in der Welt - wirtschaftliche, gesellschaftliche, politische - stützt und schützt. 

Alles passt beim letzten Europa-Konzert

Kurzum: Alles an diesem Sommerabend des Blues im Club passt. Ja: Fotos sind keine zugelassen, weil es am Abend zuvor im niederländischen Eindhoven wohl Probleme gab mit allzu offensiv auf den Auslöser drückenden Menschen.

Aber dieser letzte Auftritt der aktuellen Tour in Europa dürfte Robert Cray ebenso zufrieden in die Heimat zurückreisen lassen wie er die Augenzeugen und Augenzeuginnen vor Ort glücklich heimfahren oder heimgehen lässt. 

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