Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

KulturpolitikIntendant könnte Musik, Kunst und Theater in Leverkusen prägen

6 min
Forum Levekusen.

Das Forum ist Leverkusens Zentrum der Bühnenkultur und der „Kultur-Stadt-Lev“, die zum Ende des Jahres aufgelöst wird, um die Kultur in der Stadt neu zu ordnen. 

Die Kultur in Leverkusen wird neu geordnet – das ist beschlossen. Aber unklar ist noch, was nun genau passieren soll. Ein Überblick. 

Die Aufregung war groß, als Anfang März die Fraktionen der CDU, SPD und der FDP eine Neuordnung der Kultur in Leverkusen forderten. Denn: Sie planten nicht nur die recht schnelle Auflösung der seit 20 Jahren bestehenden „Kultur-Stadt Lev“ (KSL) zum 31. Dezember. Sie informierten die Öffentlichkeit auch maximal überraschend mit diesem Antrag: an einem Freitagnachmittag nämlich. Und lediglich vier Tage, ehe der Antrag auch gleich im Kulturausschuss behandelt werden sollte.

Die Folge: Die Grünen stellten sich quer. Die freie Szene der Stadt schrieb einen offenen Brief gegen die Neuordnungspläne. Mitarbeitende des Forums als Zentrum der KSL zeigten sich schon während der Ausschusssitzung, die sie zuschauend verfolgten, geschockt. Und doch ging der Antrag mit Mehrheit durch den Ausschuss sowie jüngst durch den Rat als entscheidendes Gremium.

Zwei wichtige Fragen – und die Suche nach Antworten

Und nun: Wird die KSL tatsächlich aufgelöst. Die Kultur neu geordnet. Und es stellen sich zwei Fragen. Erstens: Wie ist die Stimmung in den Lagern der Befürwortenden und der Ablehnenden? Zweitens: Was soll jetzt eigentlich geschehen? Ein Überblick.

Die Kritik derjenigen, die sich mindestens irritiert vom ihrer Meinung nach viel zu rigorosen Vorgehen der Antragstellenden zeigen, ist deutlich. Ellen Loh-Bachmann, Künstlerin und Vorsitzende der AG Leverkusener Künstler, schrieb als Sprecherin mehrerer Akteure, Akteurinnen und Institutionen der freien Szene in erwähntem offenen Brief von einem „außerordentlichen“ Bedauern darüber, dass zu keinem Zeitpunkt auf ihresgleichen zugegangen worden sei. Es bestehe „dringender Gesprächsbedarf“.

Ellen Loh-Bachmann

Ellen Loh-Bachmann, Vorsitzender der AG Leverkusener Künstler

Der Grund: Die freie Szene erhält Jahr für Jahr aus dem Budget der KSL Geld für ihre Arbeit. Projekte wie die Kunstnacht oder auch die im kommenden April wieder anstehende Buchwoche „Lev liest“ wären ohne die freie Szene nicht möglich.

Der Kritik schließt sich auch Petra Clemens an. Die Leverkusener Regisseurin leitet das Junge Theater Leverkusen, dessen weit über die Stadtgrenzen hinaus geachtete Arbeit bereits zahlreichen Nachwuchsschauspielenden den Weg an professionelle Theater und Hochschulen ebnete. Anders als viele andere Künstlergruppen oder Laientheater habe das Junge Theater den offenen Brief zwar nicht unterschrieben. Das habe aber rein organisatorische und zeitliche Gründe gehabt.

Fest stehe: „Wir sehen das total skeptisch. Und wir wollen aufgeklärt werden!“ Fest stehe laut Antrag ja, dass der Großteil der Kultur – sprich: das Forum, das Museum, die freie Szene – direkt dem Dezernat des Oberbürgermeisters untergeordnet werden solle. „Und ein OB als Kulturdezernent ist schon interessant. Denn das bedeutet ja, dass es potenziell alle vier Jahre, nach jeder Wahl, einen neuen Dezernenten geben wird.“ Gleichwohl suche man nun „sehr gerne das Gespräch, in dem uns diese Pläne – und wie sich die Verantwortlichen das so vorstellen – erklärt werden.“

Skepis bei den Mitarbeitenden im Forum

Skepsis herrscht bei den Mitarbeitenden des Forums. Zwei der dort Beschäftigten, die anonym bleiben möchten, sagen bei einem Gespräch mit dieser Zeitung unisono: „Wir haben Sorge. Und wir sind nicht die einzigen, die Sorge haben.“ Das seien „viele“. Es sei zwar klar, „dass unsere Jobs sicher sind.“ Schließlich seien sie ja bei der Stadt angestellt und könnten nicht so einfach entlassen werden.

Indes: „Was ist denn mit den ganzen anderen Sachen?“ Etwa den kurzen Wegen, durch die sich die im Forum angesiedelte KSL auszeichne. „Wir haben beispielsweise unsere eigene Technik im Haus. Wenn also etwas ist, schreiben wir eine Bedarfsmeldung, geben die gleich weiter – und dann wird das sofort bearbeitet. Und wenn wir ein Anliegen haben, können wir immer sofort zu Frau Hürtgen gehen.“

Biggi Hürtgen ist die Leiterin der KSL. „Aber wie wird das denn in Zukunft sein? Wer wird denn dann unsere Chefetage?“ Dann sei ja wohl der OB zuständig. „Brauchen wir dann also einen Termin bei ihm? Weiß er, was bei uns im Tagesgeschäft vor sich geht?“ Wie auch immer, es sei festzuhalten: „Das Ganze ist derzeit ein Sack ohne Antworten. Und uns hat niemand gefragt.“

Marewski: Wir wollen den Weg freimachen“

Die geforderten Antworten müssen andere liefern. Mit initiiert wurde der Antrag auf Auflösung der KSL – die Kritisierenden sprechen immer wieder von „Zerschlagung“ – etwa von Bernhard Marewski (CDU). Und der ist bemüht, die Gemüter zu beruhigen. Er rief im vergangenen Jahr „Freitagsrunden“ zusammen, in denen seiner Aussage nach Leitende der einzelnen KSL-Teilbereiche – vom Museum über die VHS bis zur Musikschule – von ihren Erfahrungen und Wünschen berichten konnten.

Und die Motivation dahinter sei: „Wir in der Politik wollen diesen Persönlichkeiten, die wir da kennengelernt haben, den Weg freimachen. Ihnen Raum geben. Sie sollen sich kreativ entfalten können.“ Es gebe zwar noch keinen detaillierten Plan. Der müsse nun erstellt werden. Aber es gebe Ideen.

Bürgermeister Bernhard Marewski

Bürgermeister Bernhard Marewski (CDU) spricht von einer Intendanz für die Kultur in Leverkusen.

Wer Marewski zuhört, der hört zum Beispiel nicht selten das Wort „Intendanz“. Eine solche solle den Kulturbereichen möglicherweise vorangestellt werden. Sie solle sich ausschließlich mit Kultur-Expertise darum kümmern, das Forum als Ort von Konzerten und Musiktheatern oder das Museum entsprechend aufzustellen – in Absprache mit den dort leitenden Personen und Dramaturginnen selbstverständlich. „Wir ersetzen nicht Person A durch Person B!“

Durch die Neusortierung der Kultur in den Sektor des reinen Kulturprogrammes mit Konzerten, Musiktheater und Ausstellungen im Museum, den Bildungssektor sowie die Gebäudewirtschaft könnten schlichtweg Kräfte gebündelt werden. „Und wir wollen nicht nur, nein: Wir erwarten, dass sich alle in diesen Prozess einbringen“, der nun angegangen werden müsse.

Ballin-Meyer-Ahrens: „Der Verwaltungsapparat ist das Problem“

Milanie Kreutz, Fraktionsvorsitzende der Leverkusener SPD, unterstützte Marewski in den vergangenen Monaten ebenso wie Monika Ballin-Meyer-Ahrens (FDP) bei der Vorbereitung des Antrags zur KSL-Auflösung. Und sie sagt ganz klar: „Der Verwaltungsappart ist das Problem.“ Kultur werde in Form der KSL zu sehr betriebswirtschaftlich und verwaltend gedacht.

„Ich verlasse mich aber lieber auf Kultur-Experten.“ Es gehe nun darum, das Profil der städtischen Kultur wieder zu schärfen. „Andere Kulturanbieter vor Ort machen doch vor, wie es geht.“ Kreutz nennt diesbezüglich die Bayer-Kultur, deren Verantworliche um Thomas Helfrich zuletzt erfolgreich von Ganzjahres- auf Festivalbetrieb umstellten. Oder Fabian Stiens, der die Jazztage organisiere und mit dem Scala-Club in Opladen ein erstklassiges Angebot an Musik, Comedy und Kabarett etabliert habe.

Milanie Kreutz

SPD-Fraktionschefin Milanie Kreutz trieb die Auflösung von Kulturstadt Lev ebenfalls voran.

Warum der Antrag aber nun derart schnell aufgesetzt worden sei und man trotz eines noch aufzustellenden Planes bereits den 31. Dezember als Tag der Neuordnung anstrebe? Kreutz antwortet deutlich: „Ohne Druck läuft hier nichts!“ Was sie zudem ebenso wie Marewski betont: „An die freie Szene wird nicht ein Cent weniger Geld fließen. Das ist doch klar.“ Und trotz der anstehenden Neuordnung werde das Programm der KSL weiterlaufen.

Auch die Grünen sind nun mit im Boot

Roswitha Arnold von den Grünen ist Vorsitzende des Kulturausschusses – und stellte sich mit ihrer Fraktion gegen den Antrag auf Neuordnung. Nun aber „müssen wir damit umgehen und dürfen nicht mehr zurückschauen“. Im Gegenteil: „Wir müssen die Kultur zusammenhalten, ihr ein Gesicht geben, eine eigene Organisationseinheit mit Intendanz schaffen.“

Und diese Intendanz – auch sie benutzt das Wort, das in Zukunft in Leverkusen eine entscheidende Rolle spielen könnte  – brauche Freiheit im Sinne eines eigenen, verlässlichen Budgets, mit dem sie arbeiten könne. Dafür werde sie sich einsetzen, sagt Arnold. Nichts Anderes habe sie ohnehin schon seit geraumer Zeit, etwa mit einem Ankaufs- und Sammlungsetat für das Museum gefordert.

Sie wolle zwar betonen, dass der Antrag von CDU, SPD und FDP im Rat „nur knapp“ verabschiedet worden sei. „Aber die Antrag stellenden Fraktionen werden nun unsere unbedingte Unterstützung dabei haben, das Beste für die Kultur rauszuholen.“