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Zwischen ästhetisch und abstoßendLeiterin des Kunstvereins Leverkusen gelingt kleiner Coup

Lesezeit 3 Minuten
Susanne Wedewer (l.) und Eizabeth Schroeder vor einer Skulptur Schroeders.

Gespräche über Skulpturen zwischen faszinierend und abstoßend: Elizabeth Schroeder (r.) und Susanne Wedewer.

Elizabeth Schroeder verarbeitet mit den Stoffen, aus denen sie ihre Kunst schafft, auch eigene Erinnerungen und Erfahrungen.

Die Assoziationen, die einen überkommen, wenn man die Galerie des Kunstvereins betritt und auf die Arbeiten von Elizabeth Schroeder blickt, sind maximal vielfältig. Man denkt an Obst und Gemüse. An außerirdische Lebensformen. An Phallus-Symbole und Organe. An Gestein und Pflanzen. Vor allem aber verwirrt und beeindruckt dieser Gegensatz zwischen Ästhetik und Abstoßendem an dem, was hier gezeigt wird, gleichermaßen.

Kurzum: Genau so etwas soll eine Ausstellung leisten. Genau deshalb ist es so, dass Susanne Wedewer, die Leiterin des in den Schloss-Remisen Morsbroich beheimateten Kunstvereins, mal wieder ein kleiner Coup gelungen ist – schließlich ist sie für ihr Händchen bekannt, zwar unter dem Radar fliegende, aber doch hochinteressante wie exquisite Kunstschaffende aufzuspüren und für diese Galerie zu verpflichten.       

Skulptur an der Wand im Kunstverein Leverkusen.

Diese Skulptur gibt der Ausstellung ihren Titel: „Da ist jetzt ein Ohr dran“ von Elizabeth Schroeder.

Auf Elizabeth Schroeder kam sie durch einen Tipp aus Reihen ihrer vielen Kontakte in die Kunstszene des Landes – und konnte die gebürtige Hamburgerin, die in Chile aufwuchs und in den 90er-Jahren nach Köln kam, wo sie bis heute lebt, für den Kunstverein gewinnen. Schroeders Alleinstellungsmerkmal ist die kuriose Verwendung von Pinienzapfen, um die herum sie ihre Skulpturen entwirft: Sie fügt zahllose der Zapfen, die sie bei Spaziergängen gesammelt hat und nach wie vor sammelt, mit Wachs zusammen, formt Gebilde aus ihnen, fügt noch mehr Wachs hinzu, streicht diesen mal glatt, raut ihn mal auf, färbt ihn, fügt weitere Gebilde hinzu. Und am Ende dann – „Wenn ich merke, dass meine innere Unruhe verschwindet und ich weiß, dass ich fertig bin“ – stehen Arbeiten, die unweigerlich angeschaut und angefasst werden wollen.

Mitunter fühlt man sich als betrachtender Mensch so, als stünde man inmitten von seltsamen, welchen Wesen auch immer entnommenen Organen. Oder sei umgeben von Gebilden, die einem Science-Fiction-Film entsprungen sind. Wunderschön. Und manchmal fast schon abscheulich.         

Erinnerungen an die Kindheit

Die Pinienzapfen gemahnten sie an ihre Kindheit in Chile, sagt Elizabeth Schroeder. „Wir haben dort am Meer gelebt und überall in den angrenzenden Wäldern lagen sie herum.“ Den Geruch habe sie bis heute in der Nase. Er habe sie ein Leben lang geprägt. Und auch die Sache mit dem Wachs sei zwangsläufig gekommen: „Ich habe damals mit meiner Mutter immer Wachskerzen gezogen und für Feste hergestellt.“ Man kann also sagen: Elizabeth Schroeder verarbeitet mit den Stoffen, aus denen sie ihre Kunst schafft, auch eigene Erinnerungen und Erfahrungen. Persönlicher geht es nicht.       

Skulptur von Elizabeth Schroeder im Kunstverein Leverkusen.

Elizabeth Schroeders Arbeiten sind mitunter große und schwere Hingucker – zusammengesetzt aus Pinienzapfen und Wachs.

Und: Auch lebendiger geht es nicht, denn die Skulpturen stehen mit ihren aberwitzigen Formen und Farben allesamt für eine gewisse Lebendigkeit. Mehr noch: Manche von ihnen - so auch die in Zeichnungen festgehaltenen Motive – erinnern gar an den Uterus, an Geschlechtsmerkmale, an die Geburt. An die Entstehung von Leben eben.  

Das „Ohr“ im Namen kam zufällig hinzu

Aber woher kommt nun die Sache mit dem seltsamen Ausstellungsnamen, diesem „Da ist jetzt ein Ohr dran“? Ganz einfach: Eine der Skulpturen veranlasste einen ihrer Betrachter seinerzeit dazu, ein Ohr vor sich zu sehen. Sprich: Da war plötzlich tatsächlich ein Ohr. Nicht geplant. Aber hineingedeutet in dieses Gebilde aus Wachs und Pinienzapfen. Selbst erklärend, einleuchtend, kurios – so wie diese Ausstellung insgesamt.  

Die Arbeiten von Elizabeth Schroeder sind von Freitag, 22. September (Eröffnung um 19.30 Uhr) bis zum 22. Oktober im Kunstverein zu sehen – und somit auch während der Kunstnacht am Freitag, 20. Oktober. Öffnungszeiten: freitags von 13 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung unter  der Telefonnummer 0160 - 553 22 25.

www.kunstverein-leverkusen.de