22-jährige Schlebuscherin getötetStaatsanwaltschaft fordert lebenslange Haftstrafe

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In diesem Haus in Schlebusch ist im Juli 2020 eine 22-Jährige gestorben.

Leverkusen – Er soll seine Expartnerin in der Virchowstraße getötet haben: Der Fall des wegen Mordes angeklagten Mannes aus Leverkusen steht kurz vor einem Urteil. Am Mittwoch haben im Kölner Landgericht die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung ihre Schlussplädoyers verlesen.

Während Verteidigerin Monika Troll für Totschlag mit einer Gefängnisstrafe von 13 Jahren plädiert, fordert die Staatsanwaltschaft einen lebenslangen Freiheitsentzug wegen Mordes. Die Auslegung der Mordmerkmale, die das Gesetz vorsieht, spielt hier eine entscheidende Rolle.

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Der 48-Jährige hatte bereits am ersten Prozesstag gestanden, seine Expartnerin erdolcht zu haben. Doch viele seiner Aussagen scheinen denen der Zeugen zu widersprechen. Mit circa 30 Stichen und Schnitten habe er die 22-Jährige vor ihrer Wohnungstür Anfang Juli 2020 tödlich verletzt. Die Staatsanwaltschaft schließt mit Verweis auf das psychologische Gutachten eine Minderung der Schuldfähigkeit aus.

Ungeklärte Fragen

Doch viele Fragen, vor allem zur Biographie des Angeklagten, blieben ungeklärt: Etwa wie viele Ehen der Angeklagte bereits geführt hat und womöglich noch in anderen Ländern führt, wie viele Kinder und welche berufliche Ausbildung er hat. Gleichzeitig verweist die Verteidigung aber auf ebenjene Schwierigkeiten, die sein Leben auf der Flucht mit sich gebracht hat.

Unfreiwillig eingezogen im eritreischen Unabhängigkeitskrieg, gab er an, eine Ausbildung in Richtung Krankenpfleger oder Rettungssanitäter für das Militär absolviert zu haben. Nachdem sein Land ihn nicht aus dem Dienst entlassen wollte, sei er desertiert und irgendwann später in Israel angekommen, wo er fünf Jahre gelebt habe. 2015 bekam er sein deutsches Visum. Keine Vorstrafen, keine Auffälligkeiten, die Stellung der Polizei 24 Stunden nach der Tat und sein Geständnis rechnet die Verteidigung ihm positiv an.

Doch die Staatsanwaltschaft sieht von den drei Mordmerkmalen, die in der Anklageschrift zu finden sind, immerhin zwei durch den Prozess bestätigt. Einigkeit mit der Verteidigung herrscht lediglich darin, dass besondere Grausamkeit nicht bewiesen werden könne. Obwohl eine derartig blutige Tat, wie sie immer wieder im Gerichtssaal teils unter Tränen der Zuschauer beschrieben wurde, brutal wirkt, zielt diese juristische Formulierung auf das Leiden der 22-Jährigen ab. Da sie anscheinend schnell ihren Verletzungen erlag, treffe dieses Merkmal für die Tat nicht zu, heißt es vor Gericht.

Heimtücke sieht die Staatsanwaltschaft aber sehr wohl im Vorgehen des Angeklagten. Im engen Hausflur, der nicht viel Raum zur Verteidigung lasse, habe der 48-Jährige seiner Expartnerin mit einem Dolch aufgelauert, die – so zeigen es die Spuren – vor Überraschung ihren Einkauf fallen ließ und ein Telefonat nicht mehr beenden konnte. Verteidigerin Troll hingegen wies auf die Umzugspläne der Frau hin, die offenbar vor ihrem Stalker nach Berlin fliehen wollte. Arglos sei sie also nicht gewesen.

Hier wird noch einmal deutlich, wie sehr der Angeklagte der Frau zugesetzt haben soll, wie er sie etwa durch unzählige tägliche Anrufe über Monate hinweg zu Suizidversuchen getrieben haben und davon abgehalten haben soll, weiterhin die Abendschule zu besuchen oder gar allein die Wohnung zu verlassen.

Niedere Beweggründe sieht die Staatsanwaltschaft ebenfalls in der Tat. „Besitzanspruch“ habe der Angeklagte über die junge Frau erhoben, die er bereits 2018 zur Heirat mithilfe eines Hammers als Waffe überreden wollte, obwohl das Vorhaben wegen seiner bereits eingetragenen Ehe unmöglich gewesen war. Die Tat sei somit nicht im Affekt und nicht aus Verzweiflung heraus passiert. Inwiefern die Richter die Mordmerkmale bestätigt sehen und in welchem Umfang der Freiheitsentzug für den 48-Jährigen ausfallen wird, entscheidet sich am 2. März am Landgericht Köln.

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