Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

WehrdienstDas halten Leverkusener Jugendliche vom neuen Wehrdienst

4 min
Ein Schütze steht im Rahmen eines Medientages zur Basisausbildung bei der Bundeswehr im Aufklärungsbataillon 7 an seinem Spind.

Ein Schütze steht an seinem Spind (Symbolbild).

Seit dieser Woche steht die neue Regelung für den Wehrdienst fest. Wie sehen Jugendliche in Leverkusen die Entscheidung? Wir haben nachgefragt.

Der neue Wehrdienst steht. Am vergangenen Donnerstag stellten CDU und SPD den Kompromiss vor, auf den sie sich geeinigt hatten: Keine Wehrpflicht, aber eine verpflichtende Musterung für junge Männer ab dem Jahrgang 2008. Alle jungen Männer und Frauen, die im nächsten Jahr volljährig werden, sollen dann ein Anschreiben von der Bundeswehr bekommen, in dem sie beispielsweise Aussagen über Größe, Gewicht und mögliche Vorerkrankungen machen müssen.

Für Männer ist das Ausfüllen dieses Schreibens verpflichtend, sonst droht eine Geldstrafe. Für Frauen ist es freiwillig. Anstelle einer Verpflichtung zum Wehrdienst, lockt die Bundeswehr mit einem attraktiven Rahmen: Ein zukünftiges Einstiegsgehalt von 2600 Euro Brutto sowie Zuschüssen zum Führerschein. 

Dieser finanzielle Anreiz scheint auch bei den Jugendlichen in Leverkusen gut anzukommen. „Ich würde jetzt zur Bundeswehr gehen – ohne diesen Bonus hätte ich es nicht gemacht“, sagt der 16-jährige Justus. Er sagt, der Beschluss der Bundesregierung sei „die perfekte Regelung“, schließlich müsse ja nicht jeder, aber der Motivationsfaktor sei gegeben.

70 bis 80 Prozent wollen nicht zur Bundeswehr aus Angst
Marko und Elia

Und auch für die persönliche Entwicklung sei der Militärdienst sinnvoll, finden Marko und Elia, die die elfte Klasse des Landrat-Lucas-Gymnasiums besuchen. „Dort wird einem Disziplin beigebracht, körperlich und mental, und man lernt, wie viel der eigene Körper leisten kann. Wir würden zur Bundeswehr gehen“, sagen sie. In ihrer Generation würden sie aber eher eine ängstliche Einstellung gegenüber dem Wehrdienst wahrnehmen. Die Mehrheit der Jugendlichen fände die Regelung nicht gut, sagen sie. 

„70 bis 80 Prozent wollen nicht zur Bundeswehr aus Angst“, so Marko und Elia. Das sei eine Angst, die viele aus dem Elternhaus mitgegeben bekämen. Mütter hätten vor allem Angst, dass ihre Söhne in den Krieg müssten, sagt Marko. Elia ergänzt: „Oftmals sind es fehlende Informationen, was man für Möglichkeiten bei der Bundeswehr hat und es fehlt die Annäherung zwischen Soldaten und Schülern, damit das Thema nicht mehr so weit weg und angsteinflößend wirkt.“

Marko und Elia hätten keine Angst, angesichts der weltpolitischen Situation eingezogen zu werden. „Es kann immer etwas passieren und wenn hier Krieg ist, dann haben wir alle ein Problem“, sagen die 17-Jährigen. Und trotz ihrer positiven Einstellung zum Militärdienst sind sie mit dem freiwilligen Modell der schwarz-roten Regierung zufrieden. Die Jugend sei ihrer Meinung nach nicht bereit für eine richtige Verpflichtung, viele würden sich aktiv dagegen weigern, deswegen sei dieser Beschluss der richtige Schritt. 

Leverkusener Jugend: Wehrdienst ja, Wehrpflicht nein?

Und mit diesem Kompromiss kann wohl auch der Teil der Jugend leben, der sich nicht vorstellen kann, Soldat zu werden. „Ich will nicht in den Krieg ziehen, ich könnte es mir nicht vorstellen, jemanden umzubringen“, sagt der 17-jährige Kuba, „aber die Regelung ist gut, solange es keine Pflicht ist.“

Joel und Jannes aus der achten Klasse sehen das etwas anders: „Eigentlich finden wir das nicht so gut, dass die Musterung verpflichtend ist. Das fühlt sich schon nach Krieg und Bedrohung an“, sagen die 13-Jährigen. Und: „Es ist vernünftig wegen der politischen Lage, aber man hätte es etwas ruhiger angehen lassen können und erst mal schauen können, ob die Freiwilligen reichen.“

Ein sehr umstrittener Punkt im Gesetzesbeschluss der Bundesregierung ist vor allem, wie mit Frauen und dem Wehrdienst zu verfahren ist. Frauen sollen nicht verpflichtend gemustert werden, denn dafür müsste die Verfassung geändert werden. Schließlich ist im Grundgesetz festgelegt, dass die Wehrpflicht nur für Männer gilt. Diese Norm zu ändern, bräuchte eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat. 

Es wäre gut, wenn auch Frauen gemustert werden würden
Kuba

Die Leverkusener Jugend scheint hier unterschiedlicher Meinung. „Es wäre schon fair, aber ich würde es nicht gerne wollen“, gibt eine 16-Jährige ehrlich zu. „Wenn es für Frauen verpflichtend wäre, würden wir es sofort machen, es wäre eine gute Erfahrung, aber da es nicht verpflichtend ist, werden wir sofort mit dem Studium beginnen“, sagen die Neuntklässlerinnen Ella und Finja. Mit dem neuen Wehrdienstmodell sind sie auch zufrieden: „Deutschland braucht das, um militärisch stärker zu werden und viele Jugendliche wissen nicht, was sie nach dem Abitur machen wollen.“

Dass Frauen nicht verpflichtend gemustert werden sollen, stößt bei den meisten auf Zuspruch. „Frauen sind in vielen Bereichen benachteiligt, dann sind sie halt hier mal bevorzugt“, sagen Marko und Elia. Der 17-jährige Phillip meint: „Ich finde das gut so. Das ist schon immer so gewesen.“ Sein Mitschüler Kuba ist anderer Meinung: „Es wäre gut, wenn auch Frauen gemustert werden würden. Viele Feministinnen wollen Gleichberechtigung, dann sollten Mann und Frau auch bei diesem Thema gleich behandelt werden.“

Die Stimmen der Leverkusener Jugendlichen zeigen also einen gemischten Blick auf die neue Regelung: Grundsätzlicher Zuspruch für den neuen Beschluss, aber auch Skepsis und offene Fragen, die die Jugend wohl weiter bewegen werden.