Der OB-Kandidat der Grünen lebt erst zweieinhalb Jahre in Leverkusen.
„Ich kann Krise“Leverkusener Grünen-Kandidat Sven Weiss im Porträt

Sven Weiss, Oberbürgermeisterkandidat für die Grünen in Leverkusen, steht im Schlebuscher „Treibhaus“, der Partei-Zentrale.
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Besonders lange lebt Sven Weiss noch nicht in Leverkusen, gerade einmal zweieinhalb Jahre. Das aber hält ihn nicht ab, sich als Kandidat für die Grünen in die Oberbürgermeisterwahl zu stürzen. Vor zweieinhalb Jahren erst trat er auch in die grüne Partei ein, zu dem Zeitpunkt, als er den Job des Kreis- und Fraktionsgeschäftsführers bei den Leverkusenern antrat; eine Tätigkeit, bei der man sich schnell in Leverkusener Probleme, Besonderheiten und Verwaltungsvorgänge einarbeiten muss.
Weiss weiß so ungefähr, worauf er sich als potenzieller Oberbürgermeister einlässt: Mehrere Jahre war er in der Düsseldorfer Verwaltung angestellt. Er war zuständig für Migration, zu der Zeit, als viele Flüchtlinge aus der Ukraine kamen. Während seiner Düsseldorfer Zeit nahm er eine Auszeit, währenddessen habe er ein Flüchtlingslager in Griechenland geleitet. „Ich kann Krise“, sagt der 38-Jährige, der in dieser Zeit nebenbei Arabisch gelernt habe. Sprachen seien sein spezielles Interesse, sagt der gebürtige Paderborner, der heute in Küppersteg wohnt. Weiss ist ausgebildeter Medienkaufmann, in seinem Studium der Verwaltungs- und Politikwissenschaften ist er kurz vorm Examen stecken geblieben.

Sven Weiss, Oberbürgermeisterkandidat für die Grünen in Leverkusen, mit seinen Wahlplakaten.
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Sparvorschläge: Auf den Heunen und anderes
Wer in Leverkusen Verwaltungsleiter werden will, muss Vorschläge zur Lösung der städtischen Finanzkrise machen. Da seien große Lösungen gefragt, sagt Weiss: Es sei Zeit für eine neue Diskussion über die von der Verwaltung geplante große Feuerwache im Grünen Auf den Heunen. Ohne Denkverbote. Die Opladener Interimslösung in der Bahnstadt doch noch zur Dauerlösung zu machen, damit könne Leverkusen vielleicht doch leben. Vor ein paar Wochen hatte eine Mehrheit einen Antrag der Grünen abgelehnt, die Opladener Interimslösung als Dauerlösung zu prüfen. Wenn Stefan Hebbel (CDU) jetzt die Feuerwache doch infrage stelle, fehle ihm die Weitsicht, sagt Weiss.
Sechsstellige Geschäftsführergehälter ließen sich sparen, indem städtische Tochtergesellschaften zurück in die Verwaltung geholt würden. Weiss findet außerdem, dass die extrem niedrige Gewerbesteuer vielleicht doch auf einen Wert über 280 Punkte zu erhöhen sei. Die Hotel-Bettensteuer findet er richtig; zu prüfen sei zudem, ob eine Zweitwohnsitzsteuer etwas einbringen würde. Die Verwaltung sei jetzt in der Pflicht, solche Fragen von sich aus zu prüfen, findet Weiss.
Und: Leverkusen müsse überlegen, ob man nicht etwas verkaufen könne. Grundstücke? Kunstwerke aus Morsbroich? Alles könne man diskutieren, sagt der 38-Jährige, allerdings nicht pauschal, sondern jeden Einzelfall betrachten. Ob das mit den Kunstwerken aber überhaupt geht, da ist sich Weiss nicht sicher.
Die Stadtverwaltung ist groß. Auf 54 Einwohner kommt eine Stelle in der Stadtverwaltung. Jede Stellen-Wiederbesetzung in der Verwaltung sei jetzt genau zu prüfen, erklärt der OB-Kandidat. Mit Digitalisierung könne einiges ausgebügelt werden. Beim Thema Künstliche Intelligenz ist er vorsichtiger, damit müsse man in der Verwaltung erstmal langsam beginnen, die stecke noch in den Kinderschuhen.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Verwaltung genug gegen den Autobahn-Ausbau unternimmt.
Weiss ist klar, dass die Grünen als ehemals konsequente Partei des Naturschutzes oft in der Kritik stehen, sie seien auf diesem Feld zu lasch geworden, auch Naturschutzverbände äußerten sich enttäuscht. Weiss: „Wir sind da in einem stetigen Abwägungsprozess, aber wir müssen die Stadt in Gänze betrachten.“ Die Leverkusener Grünen, sagt er, machten aber längst nicht alles mit. „Wenn man mal guckt, wogegen wir alles gestimmt haben im Rat, stimmt das nicht.“
Wenn Weiss alleine entscheiden könnte, dann gäbe es in Leverkusen eine Baumschutzsatzung, Schottergärten wären verboten und es würden endlich Radwege und -streifen gebaut. Das sind eigentlich grüne Forderungen, die die Partei in der Vergangenheit in der Stadt aber nie umgesetzt hat, obwohl sie derzeit die drittstärkste Kraft im Rat sind.
Beim Thema Autobahn steht er klar zur grünen Grundeinstellung: Keinen Meter mehr, heiße, dass der Autobahn-Ausbau gestoppt werden müsse. Er sei sich zudem nicht sicher, ob die Verwaltung unter Richrath derzeit genug gegen den Mega-Ausbau unternehme. Die Verwaltung hatte dem Rat dazu geraten, der Autobahn GmbH städtische Daten zu liefern, die die für ihre Planungen benötigt, was die Ratsmitglieder dann aber konsequent ablehnten.
„Ich werde in den sozialen Medien eher dafür angefeindet, dass ich Grüner bin.“ Dass er schwul ist, daraus mache er kein politisches Thema, sagt Weiss. Vom Hass auf die Leverkusener Kandidaten in den sozialen Medien bekomme er jedenfalls am meisten mit, ist er sich sicher.