Das Archiv „Zeitpunkt.nrw“ ermöglicht die digitale Durchsuchung von 17,1 Millionen historischen Zeitungsseiten aus NRW zwischen 1800 und 1945.
Projekt in Leverkusen vorgestelltScrollen in 100 Jahre alten Zeitungen

Michael Herkenhoff erklärt die Webseite „Zeitpunkt.nrw“ in der Villa Römer.
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Was ist eine Suchmaschine? Die Antwort erscheint erstmal nicht schwer. Aber wie wurde das Wort in früheren Jahrhunderten verwendet? Um zum Beispiel das herauszubekommen, gibt es ein stetig wachsendes Archiv von Lokalzeitungen, die man wie mit einer Suchmaschine elektronisch durchsuchen kann. Das Archiv heißt „Zeitpunkt.nrw“ und der Historiker und wissenschaftliche Bibliothekar von der Universität Bonn Michael Herkenhoff hat im Opladener Geschichtsverein in der Villa Römer einen Vortrag über das Projekt gehalten, das er initiiert hat und an dem er federführend beteiligt ist. Das Projekt wird vom Land NRW gefördert, die Seite ist öffentlich und kostenlos.

Beispiel: Die Seite eins der Opladener Zeitung vom 22. April 1903
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Herkenhoff erklärt in der Villa Römer, dass auf „Zeitpunkt.nrw“ zurzeit 17,1 Millionen Zeitungsseiten von über 500 historischen Zeitungstiteln durchsuchbar seien. Die Blätter aus ganz Nordrhein-Westfalen stammen aus der Zeit zwischen ungefähr 1800 und 1945 und liegen verstreut in den Archiven des Landes, viele sind auch als Mikrofilm archiviert. Diese Originale zu durchsuchen, ist eine unmögliche Aufgabe, weshalb die Digitalisierung der Bestände Forschern, Historikern und sonstigen Interessierten einen vollkommen neuen Kosmos eröffnet.

Kleinanzeigen 1930
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Auch Leverkusener Zeitungen dabei
Die Titel lauten von der Aachener Allgemeinen bis zur Zülpicher Zeitung. Irgendwo dazwischen finden sich auch Opladener und Leverkusener Zeitungen, die digitalisiert worden sind. Zum Beispiel die „Opladener Zeitung“ oder die „Allgemeine Zeitung für den unteren Rhein-Wupper-Kreis“, der auch in Leverkusen gelesen wurde, aber noch andere, wie die Bergische Post. Der „Leverkusener Anzeiger“ ist zu jung, er erschien erst nach 1949, deshalb ist er noch nicht im Bestand, auch die frühen Ausgaben nicht.
In den alten Zeitungsseiten kann man recherchieren, nachdem man sich ein wenig in die Suchseite eingelesen hat. Um ein Beispiel zu nennen, finden sich zum Suchbegriff „Gezelinquelle“ 22 Suchtreffer.
Das Besondere ist, dass die Forscher die Seiten nicht nur gescannt haben, sondern dass sie auch lesbar gemacht wurden: Besondere Texterkennungsprogramme haben die Texte aller 15,5 Millionen Zeitungsseiten extrahiert, so sind sie für den Computer durchsuchbar. Die Texterkennungsprogramme erkennen dabei auch sehr gut die alte Frakturschrift früherer Blätter, sagt Herkenhoff, die Trefferquote liege bei 99,5 Prozent.
Auch Handelsregister und Werbeanzeigen werden durchsucht
Hat man eine interessante Seite gefunden, kann man sie sich im Original anzeigen lassen. Die digitale Suche findet auch alte Anzeigen und Werbung, vor allem die alten medizinischen Anzeigen sind heute zum Teil zum Schmunzeln. Durchsucht werden auch Handelsregister, die bis vor einigen Jahren in den Lokalzeitungen abgedruckt wurden - auch im Leverkusener Anzeiger.
Seine größten Schätze im Archiv seien die „Kölner Illustrierte Zeitung“ und die „Kölnische Zeitung“, der Vorläufer des „Kölner Stadt-Anzeiger“, sagt Herkenhoff.
Lokalzeitungen sind wahre Fundgruben: Wer sich auch nur einen Hauch für Geschichtliches interessiert, dem droht, dass er beim Stöbern auf „Zeitpunkt.nrw“ tatsächlich die Zeit vergisst.

Kleinanzeigen
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A propos Suchmaschine: Den Begriff benutzte erstmals ein Redakteur der „Sprockhöveler Zeitung“ und beschrieb damit Flugzeuge, die nach der 1930 im Eis verschollenen Expedition in Kanada Ausschau gehalten haben. „Zwei der Suchmaschinen sind nicht zurückgekehrt“, heißt es in einem Artikel „Der Tod im Eis“.
430 bis 450 Terabyte Rohdaten liegen auf einem Server in Köln. Jede Zeitungsseite ist dauerhaft verlustfrei als Tiff-Datei gespeichert und hat 20 Megabytes Größe. Die durchsuchbaren Auszüge, die mit der Texterkennungssoftware erstellt wurden, belegen zehn bis 15 Terabytes. Die Scans wurden teils von Originalzeitungen, teils von Mikrofilmen gemacht. Viele Stadtarchive, in denen Zeitungen liegen, sind Partner im Projekt, darunter Burscheid. (rar)