„Muss langsam wieder anlaufen“Leverkusens Hochzeitsbranche auf Corona-Achterbahnfahrt

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Anprobe mit Maske: So geht das im Brautmodengeschäft von Ralf Buse heute.

  • Aufgeschobene Trauungen, abgesagte Feiern und Eheringe, die gerade nicht gebraucht werden. Corona trifft auch die Hochzeitsbranche hart.
  • Wie geht es Hochzeitsgeschäften und Dienstleistern in Leverkusen? Eine Goldschmiedin, ein Veranstalter und ein Inhaber eines Brautmodengeschäfts aus Leverkusen und Leichlingen erzählen von der langsamen Rückkehr zur Normalität.
  • Warum manche Veranstalter jetzt Kutschfahrten verschenken - und was Corona Positives mit sich bringt.

Leverkusen – Durch einen verwunschenen Vorgarten betreten werdende Ehepaare die Werkstatt von Anne Bach in Opladen. Mit Hammer, Meisel, Zange und Feile werkeln sie hier an ihren eigenen Eheringen. Die Goldschmiedin zeigt die Handgriffe, schaut über die Schulter, korrigiert. Erst seit wenigen Tagen bietet Bach die „Ehering-Kurse“ wieder an. „Ganz viele haben abgesagt“, sagt sie und spricht dabei von der großen Feier, die sich so viele an ihrem Hochzeitstag wünschen. Viele Trauungen sind auf das Standesamt zusammengeschrumpft.

Bis gefeiert werden darf, liegt in der Goldschmiede jetzt eine Reihe an Eheringen auf Halte. Die Werkstatt von Anne Bach hat Corona weniger hart getroffen als andere Juweliere. Das Team repariert Schmuck, recycelt alte Stücke, arbeitet um. Ein Handwerk, das auch während der Pandemie gefragt ist. Die meisten würden mit der Situation pragmatisch umgehen, sagt Anne Bach. „Ein paar Tränchen waren schon dabei“, wirft ihr Mann Gerhard Hohns aber ein.

Hochzeiten sind "wieder besonderer geworden"

Matthias Winzer, Geschäftsführer von Schloss Eicherhof, erzählt von panischen Anrufen und der völligen Verunsicherung zu Beginn der Pandemie. Doch irgendwann drehte sich der Wind. „Von »Oh mein Gott, was soll ich machen«, zu »Wir machen das Beste draus«“, erzählt Winzer. Eine „Geistertrauung“, wie er es nennt - nur das Paar und die Standesbeamtin - war für viele im ersten Moment unvorstellbar, erzählt er. Aber oft sei letztlich die Ansprache viel intimer geworden, als wenn viele Gäste dabei gewesen wären.

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Auf Schloss Eicherhof geben sich Florian Kruschewski-Kursawe und Alexandra Reiffenberg, jetzt Kruschewski-Kursawe, das Ja-Wort.

50 Personen dürfen aktuell nach der Trauung gratulieren. 29 auch während der Zeremonie im Spiegelsaal von Schloss Eicherhof anwesend sein. Mit Abstand zueinander. Es fühlt sich „fast wie Normalität an“, sagt Winzer. Und ihm fällt auch Positives auf: Hochzeiten seien "wieder besonderer geworden.“ Paare seien aufgeregter, mit noch mehr Freude dabei - und dankbar. Dafür, dass ihre Hochzeit trotz Corona möglich ist.

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Hochzeit mit Abstand auf Schloss Eicherhof

Ohne gegenseitige Zugeständnisse und Hilfe funktioniert in diesen Zeiten gar nichts. Ob es um die eigene Hochzeit oder die wirtschaftliche Existenz geht.

Gratis Kutschfahrt und Oldtimer sollen Kunden anlocken

Die Lieferanten von Ralf Buse halten Ware zurück, verlängern Fristen und machen ihm die Last auf den Schultern damit etwas leichter. Das Brautmodengeschäft Buse ist bekannt - doch den rasanten Umsatzeinbruch während der Pandemie hält kein Händler auf Dauer durch. „Es muss jetzt langsam wieder anlaufen“, sagt Buse. Weißer Tüll, Fräcke und glitzernde Abendkleider hängen auf Kleiderständern in langen Reihen in seinem Geschäft. Hinter Glas liegen in Vitrinen Manschettenknöpfe, daneben weiße Schuhe. Rote Sessel warten auf Schwestern, Freundinnen und Mütter werdender Bräute.

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Die Schilder an den Schaufenstern passen nicht in das Bild: 30 bis 40 Prozent Rabatt werden versprochen. Auch Locations gehen mit den Preisen runter, um irgendwie Kunden anzulocken. Kutschfahrt und Oldtimer gibt es bei manchen gerade gratis dazu, erzählt Ralf Buse. Seit 38 Jahren ist er im Geschäft. Brautkleider werden bei Brautmoden Buse noch von der hauseigenen Schneiderin angepasst. Für jede Kundin wird sich Zeit genommen. Seine Mitarbeiterinnen sehen sofort, was jemandem steht. „Und sie haben noch nie falsch gelegen“, betont Buse. Im Frühjahr läuft das Hauptgeschäft. Wenn die Paare im Sommer oder Herbst heiraten, kaufen sie etwa sechs Monate vorher das Kleid. Normalerweise.

Ralf Buse hat die Öffnungszeiten verkürzt. Die Frauen kommen jetzt nachmittags und nur nach Terminabsprache. Die Mitarbeiterinnen beraten, passen das schon gekaufte Kleid an, nehmen an den Emotionen von Braut, Trauzeugin und Großmutter teil. Jetzt eben mit Mundschutz. Täglich hoffen sie, dass alles wieder anläuft. „Und dann kommt so ein Tönnies“, ärgert sich Ralf Buse. Es sei „ein Hangeln und Hangeln“, sagt er und greift mit den Händen in die Luft, als würde er die Sprossen einer Leiter erklimmen. Das Schlimmste sei es, nicht zu wissen was morgen kommt.

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