LeverkusenKadriye Acar ist Islamlehrerin und zugleich Ratgeberin für Viele

Kadriye Acar gibt Islamunterricht in Leverkusen.
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Leverkusen – Kindheitserfahrungen prägen Lebensläufe. In ihren frühen Jahren kommt Kadriye Acar mit ihrer Familie aus der Türkei in ein kleines Dorf im Sauerland und erlebt, was Ausgrenzung heißt. „Wenn im Dorf eine Katze verloren ging, hieß es, wir hätten sie gegessen“, erinnert sich die 49-Jährige.
Das Gefühl der Fremdheit macht sich breit und weckt Wissensdurst. „Ich wollte wissen, wie Gesellschaften funktionieren und wie man sich wehren kann“, so Acar, die seit Anfang des Jahres als erste Lehrerin am Lise Meitner Gymnasium Islamunterricht gibt.
Auch der Wunsch Islamwissenschaften zu studieren, hat viel mit ihrer Kindheit zu tun. „Ich wurde in der Schule gefragt, wie man bei uns betet“, erinnert sie sich. Ihre Familie war aber gar nicht religiös. Also schnappt sie sich ein Buch, liest dort nach und zeigt das soeben Gelernte vor der Klasse.
Wunsch nach Islamunterricht kam von den Eltern
„Das hat mich nicht mehr losgelassen“, so die Kölnerin, die auch noch Politik und Geschichte studiert hat. „Mich interessieren Religionen sehr. Am liebsten hätte ich noch katholische und evangelische Religion studiert, aber irgendwann muss man ja auch mal aufhören mit dem Studium“, lacht sie und denkt an die Zeit zurück, als Kinder mit Migrationshintergrund in dem sauerländischen Dorf noch automatisch auf die Hauptschule geschickt wurden – egal welche schulischen Leistungen sie erbracht hatten.
„Der Wunsch nach einem Islamunterricht kam aus der Elternschaft“, sagte Schulleiter Wolfram Schrimpf. „Und nachdem ich festgestellt habe, dass wir genau so viele muslimische wie evangelische Schüler hatten, habe ich mich an die Bezirksregierung gewendet.“ Ein Fünftel der Kinder an der Schule sind muslimischen Glaubens und stammen aus deutschen, türkischen, marokkanischen, albanischen, mazedonischen und syrischen Familien.
Schule suchte nach Lehrer mit liberalem Ansatz
Es dauerte aber dann noch ein paar Monate bis die Ausschreibung für einen Islamlehrer erfolgen konnte. Es war klar, dass es ein Quereinsteiger ohne pädagogische Ausbildung sein würde. Acar hat bisher als freie Journalistin gearbeitet. „Und uns war der liberale Ansatz sehr wichtig“, sagte Schrimpf. Damit ist „Lise“ die einzige weiterführende Schule in Leverkusen, die dieses erst seit 2012 in NRW zugelassene Fach auf dem Lehrplan hat.
Acar bringt ihren rund 140 Schülern bei, was die verschiedenen Religionen eint und was sie trennt. Da ist zum Beispiel der Glaube an einen Gott bei den Muslimen, Juden und Christen. „Wir sehen Jesus aber nicht als Gottes Sohn, sondern als einen Propheten an, aber einem sehr wichtigen.“ Auch die Speisevorschriften würden sich unterscheiden.
Besonders die Schülerinnen würden sich inhaltlich stark mit den Themen beschäftigen. „Sie kommen zu mir und fragen mich, ob etwas aus der Sicht des Islam in Ordnung ist, wenn sie das und das tun“, so Acar und freut sich eine Ratgeberin sein zu können.