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LeverkusenRatsmehrheit will Molitor und Deppe nicht entlassen

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Milanie Kreutz, letzte Ratssitzung Leverkusen

Milanie Kreutz (SPD, vorne links) hatte die Versäumnisse im Rettungsdienst herausgefunden. Am Montag, 27. Oktober, war ihre vorerst letzte Ratssitzung in Leverkusen; im neuen Rat ist sie nicht mehr dabei. 

Den neuen Oberbürgermeister kann diese Entscheidung nicht kaltlassen, denn er muss mit nur zwei verbleibenden Dezernenten arbeiten.

Die Abwahl des ehemaligen Kämmerers Michael Molitor ist im Stadtrat ebenso gescheitert, wie die beantragte Abwahl der Baudezernentin Andrea Deppe. Mindestens zwei Drittel aller Ratsmitglieder hätten für eine Abwahl der beiden stimmen müssen, dann wäre sie zustande gekommen.

Für Molitors Abwahl stimmten 33 Ratsmitglieder, es hätten 36 sein müssen, um ihn aus dem Dienst entlassen zu können. Deppes Abwahl unterstützten 32 Ratsleute.

Damit bleiben die Baudezernentin und der Kämmerer formal im Amt; sie kassieren auch monatlich weiterhin ihre guten Beamtenbezüge und alles, was hinzukommt. Man spricht von rund 9000 Euro monatlich. Das Geld fließt, ohne, dass sie arbeiten, denn beide sind vom Dienst freigestellt und es laufen Disziplinarverfahren gegen sie.

Arbeitskreis Politik und Stadtgesellschaft (Initiativen) zum Autobahnausbau bei Leverkusen einschl. PWC-Anlage. Foto: Ralf Krieger

Andrea Deppe

Theoretisch müssten sie also ihre Ämter wieder einnehmen, das dürfen sie allerdings erst, nachdem die Disziplinarverfahren gegen beide abgeschlossen sein werden. Bis dahin gilt das Verbot des Führens der Amtsgeschäfte.

Unbekannt ist, ob Michael Molitor nach wie vor krankgeschrieben ist, oder ob er wegen seines Disziplinarverfahrens nicht arbeitet. Vermutlich könnte er schneller wieder im Amt sein als Deppe. Molitor hatte einen offenen Brief im Rat verlesen lassen; letztlich hatte er darin der Baudezernentin vorgeworfen, ihn gemobbt zu haben und vom scheidenden Oberbürgermeister Uwe Richrath keinen Rückhalt bekommen zu haben. Sein Disziplinarverfahren dürfte allein den Umstand verhandeln, dass er mit seinem offenen Brief die Flucht an die Öffentlichkeit angetreten hatte.

Das ist ein deutlich kleinerer Vorwurf als der, dem sich Andrea Deppe gegenübersieht: In ihrem Dezernat wurde jahrelang versäumt, Gebühren für geleistete Rettungsdienste bei den Krankenkassen für die Stadt hereinzuholen. Inzwischen spricht man von 90 bis 100 Millionen Euro Schaden für die Stadt, die durch ihr Versäumnis entstanden sein könnten. Das Verfahren könnte sich Jahre hinziehen, so eine Kennerin der Materie.

Ratssitzung Michael Molitor. Foto: Ralf Krieger

Michael Molitor

Andrea Deppe und Michael Molitor sind Wahlbeamte, der Rat setzte beide 2021 für acht Jahre ein. Beide haben also theoretisch eine lange „Restlaufzeit“. Für Deppe begann 2021 schon ihre zweite Leverkusener Amtszeit. Ursprünglich kam sie auf Betreiben der Grünen in das wichtige Amt. Die Abstimmungen über die Dezernenten-Abwahlen liefen beide geheim, dennoch konnte man am Applausverhalten nach den gescheiterten Abwahlen etwas ablesen: Manche Grünen konnten demnach wohl nicht über ihren Schatten springen, „ihre“ Dezernentin abzuwählen.

Andere, die schon lange heftige Kritik an der Amtsführung Andrea Deppes hatten, die in ihr die Hauptverantwortliche des Rettungsdienst-Gebühren-Desasters sehen, machten lange Gesichter. Ausschlaggebend für ihre Niederlage könnte gewesen sein, dass einige ihrer Kritiker wegen Krankheit fehlten: zum Beispiel Ratsleute von der Bürgerliste. Noch einer fehlte: Frank Schönberger, der Lebenspartner Andrea Deppes und CDU-Ratsherr. Er ließ sich entschuldigen.

Ein neues Abwahlverfahren könnte der neue Rat anstoßen, der sich in der kommenden Woche konstituiert.

Einen im Rat trifft die gescheiterte Abwahl besonders übel: Den kommenden Oberbürgermeister Stefan Hebbel, dessen versprochener Neubeginn jetzt durch Personalprobleme auf höchster Ebene gebremst wird.

Für ihn wäre die Abwahl ein sauberer Schnitt gewesen, denn der neue Rat hätte bald zwei neue Dezernenten wählen können. So muss die Arbeit dauerhaft auf die verbliebenen Dezernenten Marc Adomat (CDU) und Alexander Lünenbach (SPD) verteilt werden.